Die Oberärztin und ich sind verzweifelt.
Der Fünfzehnjährige war am Morgen unseres gemeinsamen Dienstes in der Ambulanz gesessen und hatte über Kopfschmerzen geklagt. Am Tag vorher war er im Freibad, alle dachten, er habe einen Sonnenstich bekommen. Aber – er war meningeal, d.h. die Hirnhäute waren gereizt. Gibt es auch beim Sonnenstich.
Dennoch: Nach Untersuchung und Aufnahme zapften wir nicht nur Blut, sondern entnahmen auch Liquor am Rücken. Hochpathologisch. Eine Antbiose folgte, zügige Behandlung, Überwachung, alles, was nötig war.
Aber manchmal sind die Krankheiten schneller: Bereits zwei Stunden später beklagte der Junge stärkste Beinschmerzen, bei der Untersuchung fielen zahlreiche dunkle Flecken an den Beinen auf, Einblutungen, wie sie leider vor allem bei einer Meningokokken-Infektion vorkommen.
In den weiteren Stunden verblasste alles, was durch die Ambulanztür kam, was sind schon Husten, Schnupfen, Durchfall – die Kinderklinik kreiste nur noch um diesen Jungen. Intensivbehandlung, zentrale Katheter, zusätzliche Antibiotika – ihm ging es schlechter und schlechter.
In der Mitte der Nacht, das werde ich nicht vergessen, es war kurz nach zwei, war der Junge tot.
Es gibt Krankheiten, gegen die wir Ärzte machtlos sind. Es gibt Krankheiten, gegen die wir impfen können, damit unsere Macht vorwirkt. Die Meningitis durch die Meningokokken B war eine der Erkrankungen, die wir Kinder- und Jugendärzte immer am meisten fürchteten, gerade weil man so wenig tun kann. Wer die Krankheit überlebt, hat oft neurologische Folgeschäden oder verliert Gliedmaßen durch die gefürchteten Gefäßverschlüsse.
Ab diesem Sommer lässt sich die Krankheit impfen. Darüber sind wir Ärzte sehr froh. Einfacher kann man es nicht sagen.
Wikipedia zu Meningokokken
Infoartikel Impfung MenB des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte und zur Meningitis im Allgemeinen
Film zu dem Thema