Kein Intranet für Bad Dingenskirchen

Meine Hände zittern.
Ich schwitze, und das liegt nicht an der hochsommerlichen Außentemperatur. Der Raum, in dem ich mich befinde, ist nämlich klimatisiert. Genau genommen handelt es sich vermutlich um den einzigen klimatisierten Raum in diesem Haus, auf jeden Fall aber um den einzigen Raum mit Teppichboden.
Ich befinde mich im Olymp. Genau genommen, im Vorhof dazu.
“Einen Moment noch, Herr Doktor!” sagt die Sekretärin.
Sie bietet mir keinen Stuhl an.
Warum denn auch? Die Tatsache, dass ich hier sein darf ist schließlich Ehre genug. Der Herr Direktor gibt sich nur selten in die Niederungen des Alltags hinab und als normalsterblicher Angestellter sieht man ihn eigentlich nur im Vorstellungsgespräch. Oder bei der Kündigung.
Dass mein Chef es geschafft hat, mir einen Termin bei ihm zu besorgen, grenzt an ein Wunder.
“Der Herr Direktor lässt bitten…”
Na, dann wollen wir mal!
Noch einmal tief einatmen… den Kittel zuknöpfen… das Namensschild gerade richten…
Ein kurzer Händedruck; seine Heiligkeit blickt vom Schreibtisch auf.
“Was wollen Sie?”
Ich nehme meinen Mut zusammen.
“Also, das ist so, Herr Direktor…”
Ich räuspere mich.
“…also, ich bin ja beauftragt worden…”
“Wozu?”
“Ich soll in unserer Abteilung ein Intranet anlegen!”
“Was?”
“Also, ein Intranet, das ist…”
“Ich weiß, was das Internet ist. Da muss man aufpassen, auf Viren…”
“Nein, Herr Direktor, kein Internet, sondern ein Intranet. Also ein Netz nur für die Mitarbeiter unserer Abteilung!”
“Wozu braucht man das?”
“Um die interne Kommunikation einfacher zu machen. All die Aushänge an schwarzen Brettern, wichtige Informationen, die man immer wieder mal braucht, Fortbildungen, Artikel aus Fachzeitschriften, Nachschlagwerke über Medikamente oder hausinterne Leitlinien…”
“Das gibt’s doch alles schon!”
“Natürlich, in Form eines Sammelsuriums von Zetteln und Aktenordnern…”
“Was sol das kosten?”
“Gar nichts, Herr Direktor, das ist es ja! Die Server existieren ja bereits und man kann von jedem Rechner in der Abteilung darauf zugreifen!”
“Was wollen Sie dann von mir?”
“Ich müsste eine Software installieren. Ein CMS, ein Content Management System, auf deutsch sagt man auch Redaktionssystem, also da gibt es zum Beispiel eines, das ist komplett kostenlos, es nennt sich WordPress, das müsste man nur installieren….”
“Installieren?”
“…wie gesagt, völlig kostenneutral, es müsste nur von einem Mitarbeiter der EDV-Abteilung installiert werden, das dauert vielleicht eine halbe Stunde, und wenn Sie dann daran denken, wie viel Arbeitszeit eingespart werden kann…”
“Abgelehnt!”
“Wie bitte?”
“Abgelehnt. In meinem Haus wird nichts installiert!”
“Entschuldigung, Herr Direktor….”
“Wegen der Viren. Illegale Sachen. Datenschutz.”
“Aber…”
“Sie können jetzt gehen!”
“Entschuldigung?”
“Gehen Sie jetzt!”

Tja, das war’s dann wohl!

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