Backpacker, Flash-Packer und Snob-Flasher

“Also, weißt Du jetzt endlich, wo Du Deinen Urlaub verbringen wirst?” Fragt Kalle.
Ich bin noch immer ratlos und schüttele den Kopf.
“Ich glaube, ich habe das Reisen verlernt!” sage ich.
“Was gibt’s denn da zu verlernen?” fragt Schwester Paula, “Sie gehen ins nächste Reisebüro, machst eine Buchung…”
“Ich glaube, ich habe seit Jahrhunderten kein Reisebüro mehr betreten!”
Schwester Paula reißt ungläubig die Augen auf.
“Es ist ja nicht so , dass ich noch nie in so einem Laden drin war!” fahre ich fort.
Beim letzten Mal wäre ich allerdings nach dreißig Sekunden am liebsten wieder schreiend rausgerannt. Neben mir saß nämlich so ein Schmuse-Päärchen, die auf der Suche nach einem ultimativem Romantik-Trip waren. Am liebsten ein Hotel ohne Kinder, Krüppel, Behinderte und Alleinreisende! Und hinter mir warteten Mama, Papa und zwei kreischende Gören, die wollten ein Familien-Hotel ohne Disco, Krüppel und Alleinreisende.
Und als die Reisebürotante mir dann die Höhe der Einzelzimmerzuschläge vorrechnete war mir klar, dass ich hier definitiv nicht erwünscht war.
“Sie können doch auch eine Single-Tour buchen!” schlägt Schwester Paula vor.
“Oder fahr doch in eine Clubanlage!” ergänzt Kalle.
Organisierter Single-urlaub im Club Soundso? Lustige Verkuppelspielchen und Ringelpietz mit Anfassen? Ohne mich, meine Herrschaften!
“Dann lieber Backpacking? Schnapp Dir ‘nen Rucksack und fahr los in den Süden!”
Das käme ja noch am ehesten in Frage. Andererseits… man wird nicht jünger… und kakerlakenverseuchte Jugendherbergsbetten oder streng riechende Campingplatztoiletten? Ich glaube, aus dem Alter bin ich allmählich raus…
Die Tür geht auf und Matze kommt rein.
Nimmt sich einen Becher Krankenhauskaffeeplörre, setzt sich und schaut von Einem zum Anderen.
“Darf ich mitspielen?” fragt er.
“Unser Kollege weiß nicht, was er mit seinem Urlaub anfangen soll!” sagt Kalle und deutet auf mich.
Matze runzelt die Stirn und nimmt seine getönte Brille ab.
“Wie?”
“Der hat bald Urlaub und macht sich ins Hemd, weil er nicht weiß, wo er hinfahren will!”
“Hmm.”
Matze nimmt einen Schluck.
“Ich weiß, was ich nächste Woche mache!”
“Nächste Woche?”
“Da sitze ich im Flieger nach Florida!”
“Schon wieder Florida? Um diese Jahreszeit? Ist es da nicht viel zu heiß?”
“Ja, wir treffen uns in Miami und fliegen dann gemeinsam weiter nach Kanada in die Rockies…”
“Wer ist ‘Wir‘?”
Matze lächelt und zuckt mit den Schultern.
“Mein Privatleben!”
Kalle runzelt die Stirn.
“Dein Privatleben ist mir egal,” sagt er und schaut abwechselnd zu Matze und zu mir, “Mir fällt nur gerade auf, dass Ihr beide zeitgleich Urlaub habt. Wer hat denn das genehmigt?”
Matze lächelt und sagt nichts.
Es ist zwar richtig, dass normalerweise nicht zwei Kollegen gleichzeitig weg sein sollten, aber Matze hat beim Chef Narrenfreiheit.
Er nimmt einen weiteren Schluck Krankenhauskaffeeplörre und schaut mich an.
“Ich glaub, ich hab was für Dich!” sagt er.
Was denn, bitte?
Matze lächelt, greift in seine Hosentasche und fördert seine Autoschlüssel hervor.
“Was soll ich damit?”
“Wenn Du mich wieder zum Flughafen bringst, kannst Du die Lady haben!”
Matzes Lady ist schwarz wie die Nacht, wiegt zwei Tonnen, und hat doppelt soviel Hubraum wie der größte Sangria-Eimer vom Ballermann.
“Du meinst…. ?”
“Pass gut auf sie auf!” sagt Matze.
“Und ich….?”
“Dir empfehle ich eine Runde Snob-Flashing!”
Matze grinst von einem Ohr bis zum übernächsten.

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