Flash Snob unterwegs: die erste Nacht

Ich sitze auf einem festgeschraubten Stühlchen an einem festgeschraubten Tischchen vor einem Becher Plastikkaffeeplörre (nicht zu verwechseln mit Krankenhauskaffeeplörre, aber genauso ungenießbar) und surfe durch die verschiedenen Hotelsuchmaschinen.
Vier oder mehr Sterne für unter fünfundvierzig Euro?
Sieht schlecht aus für heute, mein Junge!
Also weniger Sterne oder mehr Euro?
Geld ausgeben kannste später immer noch! Jetzt will ich erstmal ein Dach überm Kopf und ein Bett ohne Ratten oder Kakerlaken.
Also drei Sterne?
Siehste, geht doch!
Schlappe dreißig Kilometer von hier, in einem idyllischen Bergdorf, drei oder vier Serpentinenkehren über dem Alltag gelegen finde ich wenig später im letzten Licht der untergehenden Sommersonne mein Domizil.
Ich lenke die Lady auf den Parkplatz.
Steige aus.
Die Sonnenbrille könnte ich ja jetzt eigentlich absetzen, oder?
Ob ich mir noch eine schicke Jacke überwerfen sollte?
Egal.
Ich betrete die Rezeption. Die erinnert mich fatal an…
“…das macht dann fünfundvierzig Euro, zahlense bar oder mit Karte?”
Mit Karte natürlich, das macht man so als Mann von Welt.
Mein Zimmer ist im ersten Stock.
Der Flur ist ziemlich breit. Die Zimmertüre auch. Linoleumboden, barrierefreies Bad… immerhin ein Balkon mit weitem Blick über das unter mir im silbernen Mondlicht friedlich daliegende Tal…
Ob es hier so etwas wie eine Bar gibt?
So richtig mit Plüsch und Piano und gedämpftem Licht…?
“also, ein Bier könnte ich Ihnen schon noch bringen, wenn es unbedingt sein muss!” sagt die nasengepiercte Bedienung.
Die letzte Hälfte des Satzes sagt sie natürlich nicht. Aber der gelangweilte Ton spricht Bände.
Ganz langsam schlurft sie zurück dorthin, wo ich die Küche vermute.
Ich setze mich.
Ich bin der einzige Gast.
Der Speisesaal ist blitzsauber, mit Linolfußboden und gleißendem Leuchtröhrenlicht und erinnert irgendwie eher an Jugendherberge oder gar…
Die Bedienung kommt zurück, knallt eine Flasche Bier und ein Glas vor mich auf den Tisch.
Sie bemerkt meinen Blick.
“Gefällt’s Ihnen hier?” fragt sie, um irgendwas zu fragen.
Ich nicke höflich.
“Früher war das hier übrigens eine Rehaklinik!”
Die junge Frau strahlt plötzlich.
Na denn, Prost!

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