Viele Ärzte und Medizinstudenten bewegen sich in sozialen Netzwerken. Bei einem fachlichen Austausch sehen Medizinethiker jedoch die grundsätzliche Gefahr, dass gegen das Arztgeheimnis verstoßen wird. Daher müssen Mediziner, wenn sie bei Facebook, Google+, Twitter & Co. über ihre eigene Arbeit … Continue reading
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Gesundheits-Apps: Empfehlungen europäischer Selbsthilfeorganisationen
Die Idee ist gut: Patienten- und Selbsthilfeorganisationen, die Gesundheits-Apps aus eigener Erfahrung kennen, teilen ihr Wissen mit anderen Betroffenen: Dazu schlagen sie nützliche Health-Apps vor. Diese werden in eine Datenbank überführt. Zu jeder App wird dann in einem Kurzprofil dargestellt, wer sie entwickelt hat, wer sie finanziert und wer sie empfiehlt, was sie kostet und was die App kann. Auch welche Organisation den Review der App erstellt hat, wird ausgewiesen.
Mehr als 200 solcher Profile sind über die Plattform myhealthapps.net von PatientView derzeit einsehbar. Neben der Online-Plattform veröffentlicht PatientView das App-Verzeichnis auch als Broschüre, nach 2013 nun in der zweiten Auflage “The myhealthapps directory 2015-2016”. 255 der empfohlenen Apps laufen auf iOS, 194 mit Android, 20 mit Windows und 9 mit Blackberry-Betriebssystem. Bereits 184 Apps lassen sich als Web-App unabhängig vom Betriebssystem des Smartphones über den Browser anzeigen.
Auszug aus der Empfehlungsliste europäischer Selbsthilfeorganisationen: Die Top 10 der beliebtesten Gesundheits-Apps für deutschsprachige Verbraucher
Die Zahl der Empfehlungen im Directory von myhealthapps, die für deutschsprachige Verbraucher relevant sind, hat sich von 39 (European Directory 2013) auf aktuell 60 deutschsprachige Apps erhöht (myhealth App directory 2015/2016). Die Initiative Präventionspartner konnte im März 2016 tatsächlich 21 Apps als deutschsprachige und kostenlose Android-Apps identifizieren. Listet man diese Apps nach Beliebtheit (Durchschnittliche Nutzerbewertung multipliziert mit Anzahl der Nutzerbewertungen) so zeigt sich, welche Anwendungen in der Gunst der Nutzer ganz weit vorne liegen: Das sind zum einen Apps, mit denen sich Fitness & Körpergewicht steuern lassen – keine große Überraschung. Auch ein Regelkalender, eine App für das Medikamentenmanagement sowie digitale Tagebücher, die bei der Bewältigung von Bluthochdruck oder Diabetes helfen, zählen zu den 10 beliebtesten Gesundheits-Apps, die von Patienten bzw. Selbsthilfeorganisationen in Europa empfohlen wurden. Es zeigen sich sehr deutliche Unterschiede in der Zahl der Downloads. Medizin-Apps für Chroniker erreichen deutlich weniger Nutzer, als Apps, die sich an gesunde Zielgruppen richten.
Noch mehr Transparenz für Verbraucher & Patienten: Optimierungsansätze
- Informationen, wie die App mit den Daten des Nutzers umgeht (Datenschutz, Sicherheit) und wie aktuell die gesundheitsbezogenen Informationen sind (Stand der Information), wären als Bestandteil der Reviews hilfreich.
- Angaben zur Finanzierung der Plattform myhealthapp könnten ergänzt werden, um potentielle Interessenskonflikte erkennbar zu machen. In der Liste der Kooperationspartner finden sich Marktforschungsunternehmen, Initiativen von Health-App Entwicklern, Pharmaunternehmen etc.
- Empfehlungsprozess: Über ein Formular können Organisationen eine Gesundheits-App empfehlen. Sie geben dazu den Namen ihrer Organisation, den Namen der App sowie Weblinks mit Informationen über die App, eine Beschreibung der Vorteile und Stärken sowie Nachteile und Schwächen der App ein. Es wird außerdem abgefragt, in welchen Betriebssystemen die App verfügbar ist und welcher Anteil der Menschen oder Patienten, diese App nutzen, ein Angabe, die schwierig zu quantifizieren ist und daher meistens fehlt. Wie myhealthapp mit diesen Informationen umgeht, ist unklar. Es gibt eine Liste von Reviewern. Teilweise führen die “Funder” oder “Medical Advisor” einer App auch den Review der App durch, was problematisch sein könnte.
Über den Reviewprozess selbst, d. h. ob und wenn ja nach welchen Qualitätskriterien dieser durchgeführt wird, und wann eine App als “empfehlenswert” eingestuft wird, sind keine Informationen ersichtlich. “The reviews on this site are independent, and volunteered by patient groups, patients and carers”, informiert der Anbieter. Die Liste der Reviewer weist über 600 Organisationen aus.
Das Beispiel einer eigenen App – myImpf-Uhr – die wir im Verzeichnis als “empfohlene App” entdeckt haben, zeigt, dass Einträge fehlerhaft sein können: Sowohl Finanzierungsquelle als auch medizinischer Berater wurden falsch angegeben. Positiv: Die von uns gemeldeten Fehler wurden innerhalb einer Woche in der Online-Datenbank korrigiert.
Fazit: Das Angebot von myhealthapps ist grundsätzlich zu begrüßen. Anders als in den großen App-Stores können Suchende auf der Online-Plattform über verschiedene Kriterien die Auswahl eingrenzen, z. B. über
- Kategorien, die den Anwendungskontext beschreiben, derzeit sind dies 21 verschiedene, z. B. Knochen & Muskeln, Herz- und Kreislauf, Mentale Gesundheit, HIV, Sexuelle Gesundheit, Haut, Nervensystem und Gehirn etc.
- Plattform bzw. Betriebssystem, auf der die App funktionieren soll, d. h. Google Play, iTunes, Windows, Blackberry
- Sprache, in der die App nutzbar sein soll. Rund 50 verschiedenen Sprachen stehen derzeit zur Auswahl.
- grundsätzliche Einsatzgebiete, z. B. Apps zur Gesundheitsförderung (health & fitness), Apps zur Krankheitsbewältigung (Medical) oder Apps für Menschen mit Einschränkungen des Hörens, Sehens oder der Mobilität (disability)
Wünschenswert wären Informationen, die erklären, warum eine App in der Liste der empfohlenen Apps aufgenommen wurde. So könnten Verbraucher bei der Suche nach einer App besser einschätzen, ob diese Vorteile für sie relevant sind, oder nicht.
Der App-Fuchs greift an
mit einem Smartphone, das in unsere Zeit passt: Leistungsstark & günstig. Entwickler moderner, HTML5-basierter Apps sind in einem globalen Expertenpanel aufgefordert, das neue Mozilla Firefox Betriebssystem (OS) zu testen. sanamedia, die Entwickler unserer Präventions-Apps, arbeiten in dieser Developer Community mit. Wir begrüßen, dass neben Google Play und iTunes ein weiterer Anbieter, Mozilla Firefox, einen Marketplace […]
Was macht Raucher-Apps "beliebt"? Top-Apps im Fokus
Alle Jahre wieder zum Weltnichtraucher-Tag am 31. Mai richten Gesundheitsexperten und Public Health Verantwortliche mahnenden Appelle an die noch immer große Zahl von Rauchern. Mit gutem Grund: Rund 110.000 Todesfälle jährlich sind in Deutschland auf Tabakkonsum zurückzuführen. Viele Raucher wollen aufhören, schaffen es aus eigener Kraft nicht. Der Weg aus der Tabaksucht ist steinig, die langfristigen Erfolgsquoten sind niedrig (AWMF 2015). Kann der Griff zu einer Antiraucher-App beim Ausstieg helfen? Was zeichnet eine “beliebte” Raucher-App aus?
Screening der beliebtesten Raucher-Apps Mai 2016
Die Initiative Präventionspartner hat Google Play nach Raucher-Apps durchforstet und die beliebtesten, kostenlosen und deutschsprachigen Angebote identifiziert und analysiert.
Hier die Ergebnisse:
- Wie viele Raucher-Apps gibt es? Betrachtet man die Apps, die mit den Suchbegriffen (s. Methodik) angezeigt werden und die in die Kategorien Gesundheit & Fitness sowie Medizin gehören und mehr als 1.000 Downloads haben, so umfasst das Angebot insgesamt 27 Apps. Lediglich 6 davon sind deutschsprachig und kostenlos. Der Nutzer erkennt dies erst, wenn er die App tatsächlich herunterlädt. Denn: In den Stores gibt es keine Filter, die die Treffer auf deutschsprachige oder auf kostenlose Angebote eingrenzen. Das macht die Suche für Nutzer sehr mühsam.
- Was können die Raucher-Apps?
- Die Mehrheit der Apps arbeitet quasi als Rechner (63%), mit denen Tabakkonsum und oder die Ausgaben für Zigaretten berechnet und graphisch visualisiert werden (63%), was den Nutzer dazu motivieren soll, standhaft zu bleiben, und das Verlangen nach Zigaretten zu überwinden. Jede vierte Raucher-App (25%) arbeitet dabei zusätzlich mit spielerischen Motivationsanreizen, d. h. Belohnungen in Form von “Pokalen” oder ähnlichem.
- Diese Daten können bei etwa einem Drittel der Apps als Tagebucheinträge festgehalten (38%) oder als Statusmeldungen mit anderen geteilt (50%) werden. Auf diese Weise soll es leichter werden, die Unterstützung von Gleichgesinnten, Freunden etc. in Anspruch zu nehmen.
- Die Hälfte aller Apps bietet Informationen zu den gesundheitsschädlichen Folgen des Tabakkonsums (50%), etwa ein Drittel stellt dabei einen direkten Bezug zum Nutzer her (25%), d. h. zeigt die individuellen Folgen für den Nutzer (z. B. Hautalterung, Sauerstoffgehalt etc.)
- Was wissen wir über die Wirksamkeit dieser Apps? Unter den deutschsprachigen Angeboten gibt es keine App, die ihre Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien unter Beweis gestellt hat, im Gesamtscreening der beliebtesten Raucher-Apps mit mehr als 1.000 Downloads, das ingesamt 27 Apps umfasst, sind unter den englischsprachigen Apps zwei, die in kontrollierten klinischen Studien Erfolgsquoten von 13 % bzw. 8 % erzielt haben. Im Beliebtheitsranking landen diese beiden Apps auf den Plätzen 21 bzw. 16 von 27. Die Beliebtheit errechnet sich aus dem Produkt aus durchschnittlicher Nutzerbewertung (Skala 1 bis 5) und Anzahl der Nutzerbewertungen.
- Wie viele Nutzer werden erreicht mit diesen Apps? Im Ranking der beliebtesten, deutschsprachigen Raucher-Apps erreicht die beliebteste App zwischen 1 und 5 Millionen Downloads. Damit repräsentiert eine App 76 % der gesamten Downloads der beliebtesten, deutschsprachigen Raucher-Apps. Drei Apps erreichen zwischen 100.000 und 500.000 Downloads. In der Summe erreichen die untersuchten Raucher-Apps mindestens 1.351.200 und maximal 6.606.00 Downloads. Zum Vergleich die Zahl der Raucher in Deutschland:
- Jeder dritte (29%), der älter ist als 15 Jahre, raucht. Das typische Probieralter für den Tabakkonsum liegt zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr
- Der Frauenanteil der Raucher (20,3%) in der Bevölkerung ist etwas niedriger als der Männeranteil (24,5%) (Statistisches Bundesamt 2013).
- Wie umfassend klären die Raucher-Apps ihre Nutzer über Qualitäts- und Transparenzkriterien auf?
- Keine der verwendeten Apps macht Angaben zu Quellen der gesundheitsbezogenen Informationen
- Nur eine der 8 untersuchten deutschsprachigen Raucher-Apps nennt einen Autor. Nutzern ist es damit nicht möglich einzuschätzen, wie fundiert oder aktuell die genannten Zahlen z. B. zur schädlichen Wirkung von Tabak etc. tatsächlich sind, und das obwohl viele der Apps Werte berechnen (63%) und Gesundheitsinformationen vermitteln (50%).
- Keine der Apps macht Angaben zun Datenschutz, obwohl sich mit vielen Apps nutzerbezogenen Daten in Tagebüchern abspeichern (38%) oder mit Dritten teilen lassen 50%).
- Bei den meisten untersuchten Apps ist das Finanzierungskonzept offensichtlich (Werbeeinblendungen, In-App-Käufe), bei einem Drittel der App, die werbefrei angeboten werden, bleibt es vollkommen offen, d. h. hier könnte der Nutzer auch mit seinen Daten zur Kasse gebeten werden. Bei etwaigen Verstößen wäre es schwer, Rechte einzufordern, da nur bei einer der untersuchten Apps ein Impressum (13%) aufklärt, wer für die App rechtlich verantwortlich ist.
- Was charakterisiert die Nummer 1 im Ranking der 27 beliebtesten, kostenlosen deutsch- und englischsprachigen Raucher-Apps?
- Ein klarer Aufbau, ein ansprechendes Design sowie Unterstützungshilfen, die von Nutzern als hilfreich eingeschätzt werden. Die App motiviert durch Darstellung des Erreichten, informiert in kurzen, verständlichen Informationseinheiten über gesundheitliche Aspekte des Rauchens. Sie bietet Zugang zu einer unterstützenden Community und erreicht über 1 Million Downloads
Fazit:
Deutschsprachige Apps zur Raucherentwöhnung, die einen qualitätsgesicherten Unterstützungsansatz bieten, gibt es derzeit nicht. Dabei sind Anti-Raucher-Apps aus Public Health eine gute neue Option in der digitalen Gesundheitsförderung. Denn:
- Rauchen hat eine hohe Relevanz, da Tabakkonsum einen Risikofaktor darstellt für zahlreiche Erkrankungen mit hoher Krankheitslast (z. B. Bluthochdruck, Schlaganfall, Ischämische Herzerkrankung, COPD, Krebserkrankungen) (Plass 2014)
- Aufgrund der weiten Verbreitung von Smartphones in Altersgruppen und sozialen Schichten, in denen die Prävalenz für Tabakkonsum besonders hoch ist, bieten sich sehr gute Möglichkeiten der Zielgruppenerreichbarkeit.
- Kostenlose Apps können einen niedrigschwelligen Zugang zu Aufklärung und verhaltenstherapeutischer Unterstützung bieten.
- Aufgrund der technischen Möglichkeiten bieten Apps gute Voraussetzungen, die Methoden zur Selbstbefähigung qualitätsgesichert umzusetzen, um Betroffene mit Hilfeangeboten jederzeit, rundum die Uhr und angepasst an ihre individuelle Bedürfnislage in ihren Lebenswelten zu erreichen.
- Über die Apps lässt sich der Unterstützungs- bzw. Interventionsgrad situationsangepasst variieren, z. B. durch Einbeziehung von Peergruppen (Betroffene, Freunde) oder einem erweiterten Unterstützungsnetzwerk, das bei Gefahr eines Rückfalls auch qualifizierte Unterstützung durch Therapeuten bieten kann.
- Eine App zur Raucherentwöhnung kann sinnvoll in andere Versorgungsprogramme eingebunden werden, z. B. Disease-Management Programme für Diabetes und Bluthochdruck, Primärpräventive Gruppenschulungen
Quellen
- AWMF (2015). S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums. http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/076-006l_S3_Tabak_2015-02.pdf
- Statistisches Bundesamt (2013). Mikrozensus Fragen zur Gesundheit – Rauchgewohnheiten 2013. https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit/Gesundheitszustand/Rauchgewohnheiten.html
- Lampert T, Kuntz B (2015). Tabak – Zahlen und Fakteion zum Konsum. In: Deutsche Hautpstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Jahrbuch Sucht 2015. Lengerich: Pabst
- Plass D et al (2014). Trends in disease burden in Germany – results, implications and limitations of the Global Burden of Disease Study. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 629–38
- Methodik des Top-App Screenings in Public Health relevanten Anwendungsgebieten
Links & Wissenswertes
- Evidenzlage von Raucher-Apps. Blog Post 2014
- Datenbank mit Testberichten aller Raucher-Apps, Stand Mai 2016
- Hinweis für Krankenkassen, Behörden, Universitäten etc.: Individuelle Analysen zur Klärung von Detailfragen erstellen wir gerne auf Ihre Anfrage.