Metoclopramid (MCP Tropfen) – neuer Problemfall der EMA und des BfArM

Metoclopramid ist der generische Name für ein Medikament, das eher unter den Marken-Namen wie „Paspertin“, „Gastronerton“, „Cerucal“ oder einfach nur kurz unter der Abkürzung MCP bekannt ist.

MCP wirkt gegen Übelkeit und Brechreiz und ist mit jährlich 5,7 Millionen Verordnungen ein sehr häufig verordnetes Präparat. Die Substanz ist als Tablette, als Zäpfchen, als Tropfen und als Injektionslösung verfügbar. Am meisten werden aber die Tropfen verordnet und genommen. Seit dem 9. April jedoch gibt es eine Verordnung des BfArM, die das vorläufige Aus für die Substanz bedeutet. Und genau diese Verordnung verursacht derzeit ein “mediales” Echo, über das ich mich etwas wundere – aber dazu später mehr.

Gründe für den “Verkaufsstopp” von MCP

Grund für den Widerruf der Zulassung von MetoclopramidAgentur) vom Juli 2013, wo eine Dosierungsänderung empfohlen wurde. Ziel der Änderung war hauptsächlich, das Risiko von Nebenwirkungen im Bereich der Nerven herabzusetzen (vgl. European Medicines Agency recommends changes to the use of metoclopramide).

Damit handelt es sich bei der Maßnahme nicht um eine Rücknahme wie eine Reihe von Webseiten zu diesem Thema suggerieren wollen (u.a. Aponet und Spiegel Online). Vielmehr geht es hier um Dosierungen, die für EMA und BfArM viel zu hoch ausfallen. Somit wird alles, was über die neu empfohlene (=verordnete Dosierung) hinausgeht, als nicht mehr „verkehrsfähig“ bezeichnet und darf somit auch nicht mehr verkauft beziehungsweise verordnet werden.

Die neu festgelegten Werte / Dosierungen für MCP sehen so aus:

  • MCP Tropfen dürfen nicht mehr als 1 mg/ml enthalten
  • Orale Präparate (Tabletten, Kapseln und so weiter) dürfen nur noch bis zu 5 mg/ml enthalten
  • Rektal applizierte Formulierungen (zum Beispiel MCP Zäpfchen) dürfen maximal 20 mg enthalten.

Die offizielle Verlautbarung seitens des BfArMs vom 9. April 2014 liest sich übrigens so:

Am 15. April gab es dann noch einmal eine offizielle Verlautbarung des BfArMs auf deren Webseite:

Da aber fast alle Präparate mit Metoclopramid in Deutschland die neue Dosierungsverordnung überschreiten, sind sie von der neuen Verordnung betroffen und müssen vernichtet werden. Damit gibt es vorläufig kein Metoclopramid-Präparat mehr zu kaufen. Natürlich haben die meisten Anbieter reagiert und Neuzulassungen mit den neuen Dosierungen in die Wege geleitet. Aber das wird seine Zeit brauchen, bis diese neuen Zulassungen abgesegnet und die neuen Präparate erhältlich sind.

Zudem werden bereits die “Alternativen” diskutiert, wie z.B. Ondansetron, Dexamethason oder Domperidon. Ob diese „Alternativen“ zu empfehlen sind, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Was macht Metoclopramid eigentlich?

Die Substanz MCP wurde bereits 1965 synthetisiert und ist somit „ein alter Bekannter“ unter den pharmazeutischen Präparaten. Seine Wirkung beruht auf einer Blockade von Dopaminrezeptoren (D2) im Gehirn. Dopamin hat unter anderem die Wirkung, durch die Aktivierung der Dopaminrezeptoren die Brechreizschwelle abzusenken und somit einen Brechreiz auszulösen. Außerdem verlangsamt dies zusätzlich den Transport des Mageninhalts in den Darm. Durch die Rezeptorenblockade wird also die Absenkung der Brechreizschwelle verhindert und die Transportzeit des Mageninhalts verkürzt.

Außerdem bindet sich die Substanz an Serotoninrezeptoren der Untergruppe 5-HT3 und entfaltet hier eine antagonistische Wirkung. Gleichzeitig bindet die Substanz auch an Serotoninrezeptoren der Untergruppe 5-HT4, wo sie eine agonistische Wirkung zeigt. Diese stimulierende Wirkung auf die 5-HT4-Rezeptoren bewirkt ebenfalls eine Erhöhung der Peristaltik des Magen-Darm-Trakts – und damit einen zügigeren Weitertransport des Inhalts – und fördert die Sekretion von Wasser und Elektrolyten im Gastrointestinaltrakt. Daher wird beziehungsweise wurde die Substanz nicht nur bei Übelkeit und Erbrechen verabreicht, sondern auch bei Patienten mit funktionellen Dyspepsien, die auf einer Motilitätsstörung beruhen und bei Diabetikern mit einer diabetischen Gastroparese. Bei Letzteren liegt eine Lähmung der Magenmuskulatur vor und ist eine Folgekomplikation eines länger bestehenden Diabetes.

Nebenwirkungen von MCP

Wie so viele zentral wirksame Medikamente hat auch das Metoclopramid eine ellenlange Liste an möglichen und tatsächlichen Nebenwirkungen.

Laut „Ärzteblatt“ vom Juli 2013 (aerzteblatt.de/nachrichten/55321/EMA-will-Anwendung-von-Metoclopramid-einschraenken), gibt es „seit langem bekannte extrapyramidale Nebenwirkungen“. Diese Nebenwirkungen beziehen sich vornehmlich auf die Steuerungsvorgänge der Bewegung (Dyskinesien), die durch die Gabe von Metoclopramid beeinträchtigt werden können. Hierbei handelt es sich in erster Linie um unkontrolliertes Zittern und Krämpfe beziehungsweise Muskelspasmen. Bei einer längeren Einnahme kann es zu einer sogenannten „tardiven Dyskinesie“ kommen, wobei der Betroffene unter unkontrolliertem Zucken und Grimassenschneiden leidet.

Eine zusätzliche (angeblich relevante), Nebenwirkung ist die durch das Medikament MCP verursachte Erhöhung des Prolaktinspiegels. Prolaktin ist hauptsächlich zuständig für das Wachstum und die Differenzierung der Brustdrüsen während der Schwangerschaft. Durch dieses Hormon wird die Milchproduktion eingeleitet. Das Hormon beeinflusst auch das „Brutpflegeverhalten“ bei Mensch und Tier. Zu hohe Konzentrationen des Hormons jedoch stören die Freisetzung der Geschlechtshormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon). Beim Mann können zu hohe Konzentrationen zu Impotenz führen. Aber auch bei Frauen ist ein Libidoverlust unter der Medikation mit Metoclopramid beschrieben worden.

Wenn Sie es noch genauer wissen möchten: eine besonders ausführliche Liste bietet Drugs.com: www.drugs.com/sfx/metoclopramide-side-effects.html

Die meisten unerwünschten Wirkungen hier stehen allerdings in der Kategorie „selten (rare)“. Häufiger dagegen treten nur drei Nebenwirkungen auf: Durchfall, Benommenheit und Unruhe. Da die Zahl und Stärke der Nebenwirkungen (auch der seltenen), mit der Dosierung und der Einnahmedauer zusammenhängt, ist zu vermuten, dass ein unkontrollierter Einsatz von MCP für mehr Nebenwirkungsfälle verantwortlich sein könnte, als bisher angenommen. Angesichts der teilweise drastischen Nebenwirkungen von “schulmedizinischen” Medikamenten, ist meine erste Frage an Patienten immer: “Welche Medikamente nehmen Sie ein”? Patienten sollen mir deshalb immer alle Beipackzettel und Einnahmepläne ihrer Medikamente mitbringen. Und manchmal muss ich die Patienten nach einer Beratung einfach wieder zu ihrem Arzt schicken, mit dem Rat sich “intensiv” über die verordneten Mittel zu “unterhalten”. So etwas lieben die meisten Ärzte zwar überhaupt nicht, aber es macht überhaupt keinen Sinn, die (vermutlichen) Nebenwirkungen eines Medikaments mit “Naturheilkunde” behandeln zu wollen. Angesichts von ca. 58.000 Toten (!) durch Medikamenten-Nebenwirkungen pro Jahr (laut Prof. Fröhlich) halte ich es für DRINGEND erforderlich jegliche Medikamentengabe zu hinterfragen:

Ist es wirklich absolut erforderlich ein Medikament mit potentiellen Nebenwirkungen zu nehmen? Wenn ja: gibt es langfristig gesehen eine “natürliche” Alternative dazu? Wenn nein, dann ist es halt so. In den meisten Fällen lautet die Antwort aber: Ja. Und genau deswegen erlaube ich mir, auf diese Alternativen regelmäßig hinzuweisen.

Übelkeit und Erbrechen sind nämlich im Wesentlichen „nur“ Symptome für eine Störung. Von daher ist das Ausschalten dieser Symptome wie das Abschalten einer Warnleuchte im Auto, die uns ja auch nur auf ein Problem hinweisen will. Statt das eigentliche Problem anzugehen, schalten wir die Leuchte ab und wundern uns dann, warum das Auto nicht mehr fahren will.

Worauf Übelkeit und Erbrechen hindeuten (vor was sie warnen wollen), das können Sie hier nachlesen:

Auch für diese Fälle gibt es Alternativen bei den „Alternativen“:

die auf eine nebenwirkungsreiche Chemie verzichten können.

Fazit

Warum EMA und BfArM ein „uraltes“ Präparat aufs Korn genommen haben, dass in der Klasse der zentral wirksamen Medikamente relativ verträglich zu sein scheint – darüber kann man nur Vermutungen hegen.

Richtlatte für solche Aktivitäten ist für mich immer die Art und Weise, wie „schnell“ die Behörden und Zulassungsstellen auf Vioxx, Avandia und ähnliche Fälle reagiert haben, bei denen es deutlich gravierendere Nebenwirkungen geben hat (Medikamente – Nebenwirkung Tod).

Dass die herabgesetzten Dosierungen auch mit weniger Nebenwirkungen verbunden sein werden, daran dürfte es kaum einen Zweifel geben – vorausgesetzt der Patient folgt strikt der Anwendungsempfehlung des Arztes oder Herstellers. Es stellt sich nur die Frage, ob die neuen Dosierungen auch in der Lage sind (Übelkeit, Erbrechen und so weiter), so “abzustellen”, wie unter den alten, höheren Dosierungen. Wenn das nicht der Fall ist, dann wird der ein oder andere Patient selbst initiativ werden und von sich aus die Dosis erhöhen. Und damit wären wir dann wieder am Anfang. Aber wie meine Großmutter schon immer sagte: “Wer nicht will, der hat schon.”

 

Dieser Beitrag Metoclopramid (MCP Tropfen) – neuer Problemfall der EMA und des BfArM wurde erstmalig von Heilpraktiker René Gräber auf NaturHeilt.com Blog veröffentlicht.

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