Ein Beitrag von Dr. Michael Meyer, Vice President Health Policy und National Account Management
der Siemens AG Healthcare, Deutschland
Personalisierte Medizin, noch vor Jahren nicht mehr als ein Schlagwort, rückt immer stärker in den Mittelpunkt versorgungszentrierter Diskussionen. Bereits seit geraumer Zeit untersuchen zahlreiche epidemiologische Studien die Häufigkeiten von Erkrankungen und deren Risikofaktoren. Die Gesundheit eines Menschen wird nicht allein durch eine Erkrankung bestimmt, hier wirken viele verschiedene Einflussfaktoren in einer sehr komplexen Art und Weise zusammen. Zu diesen Einflussfaktoren gehören berufliche und soziale Lebensumstände, gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen sowie eine Vielzahl von psychischen und körperlichen Funktionsstörungen und Erkrankungen. Die Personalisierung der Medizin strebt die Analyse dieser Einflussfaktoren an und sucht nach maßgeschneiderten und dadurch besonders wirkungsvollen und auch nebenwirkungsarmen Möglichkeiten der Prävention und Therapie.
Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist allerdings die Verabreichung wirksamer Medikamente. Hier kommt „Companion Diagnostics“, zu Deutsch auch therapiebegleitende Diagnostik, ins Spiel.
Vereinfacht dargestellt handelt es sich hierbei um Tests, die diagnostizieren, ob ein bestimmtes Medikament bei dem jeweiligen Patienten wahrscheinlich wirksam sein wird oder nicht. Als Beispiel für eine bereits zum Einsatz kommende, therapiebegleitende Diagnostik, kann der HER2-Test genannt werden. Das bei Brustkrebs eingesetzte Medikament Herceptin wird der jeweiligen Patientin nur dann verabreicht, wenn der vorgeschaltete HER2-Test anzeigt, dass es voraussichtlich zu einer positiven Reaktion auf das Medikament kommen wird.
“Companion Diagnostics”
– weg vom Massenmedikament
Derzeit gilt „Companion Diagnostics“ noch als verhältnismäßig junge Disziplin, allerdings mit einem enormen Potenzial versehen. Durch den Einsatz von therapiebegleitender Diagnostik können unnötige Kosten vermieden und wertvolle Zeit eingespart werden. Zudem können Therapievorhersagen verbessert und somit auch bessere Therapieerfolge erzielt werden. Sowohl die Pharmahersteller als auch die Hersteller im Bereich der Labordiagnostik haben dieses Potenzial bereits erkannt. In enger Partnerschaft agierend werden parallel neue Medikamente bspw. für Aids oder Krebs und dazugehörige Tests entwickelt. Für die Pharmaindustrie bedeutet dies radikale Umbrüche. Weg von einem Massenmedikament hin zu maßgeschneiderten Medikamenten und Tests. Angesichts ständig steigender Gesundheitsausgaben wird allerdings kein Weg am effektiveren Einsatz ihrer Präparate vorbeiführen.
Technische Realisierung von
“Companion Diagnostics” mit Medizinprodukten
Aber nicht nur die Pharmahersteller sind stark gefordert wenn es darum geht, eine individuell zugeschnittene Therapie zu ermöglichen. Auch im Bereich der Medizinprodukte spielt die Personalisierung eine immer größere Rolle. Zum einen sind Medizinprodukte erforderlich, um die personalisierte Medizin als unmittelbare Kombination aus Diagnostik und Therapie überhaupt erst technisch realisieren zu können. Zum anderen lässt sich die generelle Zielsetzung, die medizinische Therapie durch Patienten-individuelle Adaption effektiver und nebenwirkungsärmer zu gestalten, auch auf die Gestaltung medizintechnischer Geräte, Komponenten und Systeme übertragen. Dies ist bspw. im Bereich der Bildgebung der Fall. Vor allem bei der Magnetresonanztomographie (MRT) und der Positronenemissionstomografie (PET) werden die verwendeten Kontrastmittel bzw. Radiopharmaka mit spezifischen Biomarkern gekoppelt, um entsprechende Target-Strukturen (patientenspezifisch) zu erkennen und die Leistungsfähigkeit der Bildgebung auf diese Weise zu verbessern (molekulare Bildgebung). Die unterschiedlichen bildgebenden Modalitäten weisen individuelle Charakteristika auf und werden in Abhängigkeit der jeweiligen klinischen Fragestellung zum Einsatz gebracht.
In all diesen Innovationen und Entwicklungen liegen große Chancen, allerdings sind regulatorische Vorgaben, gerade im Bereich der therapiebegleitenden Diagnostik noch nicht an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Aktuell fällt es schwer, aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen, „Companion Diagnostics“ pauschal einer Produktgruppe „Arzneimittel“ oder „Medizinprodukte“ zuzuordnen. Diskutieren Sie im Rahmen des Hauptstadtkongresses am Donnerstag, den 26. Juni ab 14:30 Uhr in der Session “Companion Diagnostics – Königsweg in der modernen Medizin? Neue Möglichkeiten durch molekulare Medizin” mit uns und unseren Experten, welche Rahmenbedingungen notwendig sind, damit „Companion Diagnostics“ ihr volles Potenzial entfalten können. Wir freuen uns auf einen regen Austausch.
Ihr Dr. Michael Meyer