Rationierung im Gesundheitswesen – Beispiel Nr. 2

Eine Gesundheitsreform jagt bekanntlich die nächste. Jetzt stellen wir uns mal vor, irgendwann nach der nächsten oder übernächsten Gesundheitsreform ist der Markt der Krankenkassen und Privatversicherungen völlig liberalisiert. Jede Kasse darf mit Ärzten verhandeln wie sie gerade lustig ist und den Patienten anbieten was auch immer sie will.
Herr Müller sucht eine Krankenkasse.
Zunächst unterhält er sich mit dem Vertreter von Big Spender Inc.
“Bei uns bekommen Sie alles!” sagt der gelackte und gegelte Typ im blauen Anzug.
“Wie meinen Sie das?”
“Wenn Sie Massagen haben wollen oder Infusionen oder Aufbauspritzen… oder vielleicht einmal eine Kur zwischendurch, das genehmigen wir sofort und natürlich kriegen Sie bei uns auch die “richtigen” Medikamente, nicht nur die billigen Immitationen, also Markenprodukte anstatt Generika!”
“Und was ist mit der Kristallaurahokuspokustherapie?”
“Die zahlen wir selbstverständlich auch – wenn Ihr Arzt das für notwendig hält.”
“Wird das nicht irgendwann zu teuer?”
“Nee, das regeln wir so, dass wir uns das Geld von den Ärzten zurückholen, wenn die zuviele zu teure Sachen verordnen!”
“Dann ist es also möglich, dass sich mein Arzt nicht traut, mir die teure Kristallaurahokuspokustherapie zu bezahlen?”
“Sollte das der Fall sein… dann wechseln Sie halt einfach Ihren Arzt! Dann wird der sich das in Zukunft schon ganz genau überlegen, ob er nochmal einem Patienten eine Behandlung verweigert! Wie heisst es so schön? Konkurrenz belebt das Geschäft!”
Herr Müller verabschiedet sich.
Irgendwie kommt ihm das alles sehr bekannt vor.
Am nächsten Tag hat er einen Termin bei der Pfennigfuchser-Kasse.
“Wir garantieren Ihnen stabile Beiträge!” sagt der Typ in dem abgeschabten Sakko, “und das erreichen wir durch klare Kostenkontrolle. Sie halten sich an Ihre Regeln, wir uns an unsere und Ihr Arzt hat auch ein paar Regeln.”
“Und wie lauten diese Regeln?” fragt Herr Müller.
“Eigentlich ganz simpel: Wir bezahlen das, was medizinisch sinnvoll ist. Wir haben einen dicken Katalog von Leistungen, die wir bezahlen. Wissenschaftlich fragwürdiger oder sogar gefährlicher Hokuspokus ist da nicht bei. Genauso haben wir eine Liste an Medikamenten, die von uns bezahlt werden. Ihr Arzt darf jede Therapie und jedes Medikament verschreiben, was auf der Liste steht. Aber nichts, was darüber hinaus geht.”
“und was ist mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen?”
“Wenn eine neue Therapie entwickelt worden ist und nachweislich wirksam sowie entweder kostengünstiger oder deutlich besser ist als das, was es vorher gab, dann wird sie in unseren Katalog aufgenommen. Allerdings wenden wir da strenge Kriterien an.”
Herr Müller weiß nicht, was er davon zu halten hat.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *