Fälschungsskandal in der Schmerzforschung

Es ist ein Betrug im doppelten Sinne, dessen Schaden bisher noch nicht überschaubar ist. Einerseits ein Betrug an den unzähligen Schmerzpatienten, die neuen Entwicklungen hoffnungsvoll entgegen sehen und andererseits ein Betrug an der Wissenschaft als solches und den vielen rechtschaffenen Forschern, deren Glaubwürdigkeit und Seriosität nun zur Debatte stehen.

Der in der post-operativen Schmerztherapie als Experte bekannte Mediziner Scott S. Reuben vom Baystate Medical Center in Springfield, Massachusetts hat über mehr als 10 Jahre hinweg wissenschaftliche Studien nicht nur gefälscht, sondern sogar schlicht weg Arzneimittelstudien erfunden.

Noch bis 2007 wurde der Anästhesist Reuben in Fachzeitschriften als Wegbereiter einer neuen Schmerztherapie gelobt. Er beschäftigte sich in seinen vermeintlichen Forschungsarbeiten unter anderem mit dem Einsatz von COX-2-Hemmern (Bextra, Vioxx, Celebrex), die im Vergleich zu den konventionellen sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (Diclofenac, Ibuprofen) mit einer besseren Magenverträglichkeit punkten.

Ginge es nur um einen Betrug an der wissenschaftlichen Erkenntnis, würden sich die Wogen sicherlich bald wieder glätten. Wie jedoch Steven Shaver, der Chefredakteur des Fachjournals”Anestesia & Analgesia” formuliert, geht es um “Millionen Patienten weltweit, deren postoperatives Schmerzmanagement auf den Studien von Dr. Deuben basierte”. Und es geht um Unsummen an Erlösen, die die Pharmaindustrie auf Grundlagen dieser Studien erwirtschaftet hat.

Niemand schien es zu wundern, dass das von Herrn Scott Reuben empfohlene Vioxx bereits 2004 wegen zu hoher Sicherheitsbedenken, die sich in der Praxis ergeben haben, vom Markt genommen wurde (Vioxx Skandal). Auch die enge Verbandelung des Schmerzforschers mit dem Hersteller Pfizer, dessen Produkte er schwerpunktmäßig erforschte, schien niemand zur Kenntnis zu nehmen.

Reuben war zeitweise Sprecher von Pfizer und mehrere seiner Forschungsstipendien wurden durch den Pharmakonzerns finanziert. Was immer die Motivation für diese immense Lügengeschichte war, ob blinder Ehrgeiz nach Ruhm und Anerkennung oder einfach nur die Gier nach Geld oder beides zusammen gepaart mit unglücklichen Verstrickungen, die Karriere des Schmerzforschers dürfte an diesem Punkt zu Ende sein.

Häufig wird die langsame Umsetzung neure Erkenntnisse in der Forschungslandschaft Deutschland bemängelt. In diesem Fall scheint es jedoch eher von Vorteil.

Zwar wurden die wissenschaftlichen Studien von Scott Reuben bereits im Mai 2007 in die Behandlungsleitlinien eingearbeitet, jedoch dauert es oft einige Jahre bis die neuen Leitlinien in den Kliniken auch tatsächlich umgesetzt werden. Dies bietet nun die Chance, die neuen Leitlinien ohne die gefälschten Studienergebnisse zu überarbeiten.

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Medikamentenskandale – Wie wir als Patienten belogen werden und

Das Pharmakartell (eine sehenswerte Dokumentation des ZDF!)

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