Im Streit um die hausarztzentrierte Versorgung hat die AOK Bayern dem Bayerischen Hausärzteverband (BHÄV) jetzt ein neues Angebot gemacht. Die größte Krankenkasse im Freistaat ist bereit, die Zusatzhonorare der Hausärzte deutlich zu erhöhen. Der AOK-Vorschlag sieht insbesondere vor, dass interessierte Versicherte und Hausärzte ab sofort neu in die hausarztzentrierte Versorgung eingeschrieben werden können. Bereits teilnehmende Versicherte bleiben eingeschrieben. Mit ihrem Angebot reagiert die AOK auf den aktuellen Schiedsspruch, der ihrer Auffassung nach nicht umsetzbar und daher unwirksam ist. Das Unternehmen hat deshalb Klage eingereicht. Das Angebot bezeichnete die Kasse als eine pragmatische und konstruktive Lösung. Das Angebot an den Hausärzteverband ist für die AOK Bayern ein wichtiges Signal. „Wir wollen damit zeigen, dass wir ohne Wenn und Aber zur hausarztzentrierten Versorgung stehen“, so Ivor Parvanov, Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Bayern und Geschäftsführer Sozial- und Gesellschaftspolitik der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Das Angebot ermögliche trotz des fehlerhaften Schiedsspruchs die lückenlose Fortsetzung der besonderen hausärztlichen Versorgung. Die nicht abgestimmte Auslegung des Schiedsspruchs durch den Bayerischen Hausärzteverband würde zu einer so massiven Anhebung der Vergütung hausärztlicher Leistungen führen, dass diese nach Auffassung der AOK mit dem Sozialgesetzbuch nicht vereinbar wäre. Für einen eingeschriebenen Versicherten allein im Hausarztvertrag zahlt die AOK Bayern im Quartal derzeit über 85 Euro. Hinzu kommt noch Honorar aus der Regelversorgung. In anderen Bundesländern fällt die Vergütung weit geringer aus. So liegt die vergleichbare Vergütung für die hausarztzentrierte Versorgung in Nordrhein-Westfalen nach einem Schiedsspruch bei lediglich 65 Euro. Obwohl dies rund 25 Prozent unter den Honorarzahlungen der AOK Bayern liegt, feierte der dortige Hausärzteverband dieses Ergebnis medienwirksam als Erfolg. Seit 2008 hat die AOK den bayerischen Hausärzten im Rahmen der Hausarztverträge zusätzliche Vergütungen in Höhe von annähernd 1,2 Milliarden Euro überwiesen. Bei durchschnittlich 5.000 teilnehmenden Hausärzten entspricht dies gegenüber der Regelversorgung einem zusätzlichen jährlichen Honorar von 40.000 Euro je Arzt. Parvanov wie auch der alternierende Vorsitzende des AOK-Verwaltungsrats Fritz Schösser bezeichneten die BHÄV-Auslegung des Schiedsspruchs übereinstimmend als „nicht nachvollziehbar“. Insbesondere sei wegen der kontaktunabhängigen Pauschale mit einer Explosion der Einschreibungen zu rechnen, was die Ausgaben unkalkulierbar mache. Bei dieser Pauschale kann der Arzt auch für Patienten abrechnen, die gar keine Versorgung in Anspruch genommen haben. Die Spitze der Selbstverwaltung betonte, dass der Gesetzgeber bei Einführung der hausarztzentrierten Versorgung nicht Einkommensverbesserungen für Ärzte, sondern Versorgungsverbesserungen für Patienten im Blick hatte. Im Gegensatz zur bereits erbrachten finanziellen Vorleistung der Kasse müsse ein belastbarer Nachweis für die bessere hausärztliche Versorgung erst noch erbracht werden. Trotz der finanziellen Spitzenposition der bayerischen Hausärzte ist die AOK Bayern im Rahmen eines Kompromisses bereit, die Vergütung zu erhöhen, sieht jedoch eine klar definierte Obergrenze als unverzichtbar an. Der Schiedsspruch ist nach Auffassung der AOK unter anderem deshalb rechtswidrig, weil die Schiedsperson es unterlassen hat, zentrale Vertragsbestandteile festzulegen. So ist insbesondere die Anlage zur Vergütung unvollständig. Dadurch ist völlig unklar, welche Leistungen der Hausärzte von der Vergütung erfasst sein sollen. Ein Vertrag, der zwar eine unbestimmte Zahlungspflicht vorsieht, aber nicht regelt, wofür diese Zahlung erfolgen soll, ist nicht umsetzbar. In einem Schreiben hat die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml zugestanden, dass der Schiedsspruch hier völlig unterschiedliche Interpretationen zulässt. Auch dies ist eine Bestätigung dafür, dass die Schiedsperson ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist. Aus diesem Grund hat die AOK Klage beim Sozialgericht München erhoben. „Diese Klage richtet sich nicht gegen Hausärzte und hausarztzentrierte Versorgung“, so Parvanov. Ein rechtswidriger Schiedsspruch könne aber von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne gerichtliche Klärung nicht akzeptiert werden. „Wichtig ist jetzt, dass keine Lücke in der hausarztzentrierten Versorgung entsteht“, so Schösser. Das Angebot an den BHÄV ermögliche sowohl die Behandlung bereits eingeschriebener Patienten wie auch die Neueinschreibung interessierter Versicherter und Ärzte. Pressemitteilung der AOK Bayern
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