Das deutsche Gesundheitssystem mit seinen beiden Säulen aus Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung zählt zu den besten der Welt. Es bietet freie Arztwahl und medizinischen Fortschritt für alle. Zugleich ist das zweigegliederte Versicherungssystem in einem gemeinsamen Versorgungssystem die beste Präventionsmaßnahme gegen eine Versorgung nach dem Geldbeutel.
Tendenzen zur „Zwei-Klassen-Medizin“ indes finden sich gerade in jenen Ländern, in denen auf dem Papier ein einheitliches staatliches Versicherungssystem besteht: Dort ist die Versorgung meist von offenen Rationierungen, Einschränkung der freien Arztwahl und zum Teil monatelangen Wartezeiten geprägt. In Reaktion hierauf kaufen sich diejenigen, die es sich leisten können, ihre medizinischen Leistungen in separaten und exklusiv privaten Versorgungsstrukturen ein.
Der Privaten Krankenversicherung (PKV) kommt somit eine wichtige Korrektivfunktion im Gesundheitswesen zu. Als privatwirtschaftliches Sicherungssystem und Wettbewerber zur staatlich dominierten Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) macht sie es dem Gesetzgeber schwerer, Leistungseinschränkungen und Beitragserhöhungen in der GKV durchzusetzen. Das hat nicht zuletzt die GKV-Chefin Doris Pfeiffer auf den Begriff gebracht: „Ohne die Konkurrenz von Privatversicherungen wäre die Gefahr, dass der Leistungskatalog auf eine minimale Grundversorgung reduziert wird, größer. In einem Einheitssystem ließen sich die Leistungen leichter reduzieren.“¹
Darüber hinaus stützt die PKV das gesamte Gesundheitssystem auch finanziell: Für viele medizinische Leistungen zahlen die Privatversicherten höhere Honorare. So resultieren beispielsweise in ärztlichen Praxen durchschnittlich 26 Prozent des Umsatzes aus der Behandlung von Privatpatienten – deren Anteil an allen Versicherten bei 10 Prozent liegt. Insgesamt fließen durch den sogenannten Mehrumsatz mit Privatversicherten im ambulanten, stationären, zahnärztlichen sowie im Arznei-, Heil- und Hilfsmittelbereich jedes Jahr über 11 Milliarden Euro zusätzlich in die medizinische Infrastruktur. Denn diese Einnahmen ermöglichen es Ärzten und Krankenhäusern, in moderne Geräte und Behandlungsmethoden zu investieren. Das kommt allen zugute: privat und gesetzlich Versicherten.
Die Wahlmöglichkeit einer substitutiven Krankenversicherung in der PKV stärkt zugleich das Prinzip der Eigenverantwortung, das mit Blick auf die zukünftige Leistungsfähigkeit des Sozialstaates eine Schlüsselfunktion hat. Das gilt insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel: Die Zahl der Erwerbsfähigen zwischen 20 und 66 Jahren wird bis Mitte dieses Jahrhunderts um ein gutes Drittel abnehmen. Die Zahl der Rentner indes wird um ein Drittel zunehmen. Ein Erwerbstätiger wird dann auf einen Rentner kommen. Dieser demografische Wandel ist programmiert. Das Umlageverfahren der GKV, bei dem die Gesundheitsausgaben der Älteren von den Erwerbstätigen maßgeblich finanziert werden, wird dann an Grenzen gestoßen. In der kapitalgedeckten PKV hingegen sorgen die Versicherten für ihre im Alter steigenden Krankheits- und Pflegekosten vor und haben dafür schon Alterungsrückstellungen von 200 Milliarden gebildet. Das ist auch ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit.
Die Existenz einer kapitalgedeckten Vollversicherungssäule im dualen System ermöglicht es der Politik, im demografischen Wandel jederzeit ohne Systembrüche das Verhältnis von Umlage und Kapitaldeckung neu auszutarieren – eine Option, die es in anderen Ländern nicht gibt, die aber angesichts des demografischen Wandels von immer größerer Bedeutung ist.
¹Tagesspiegel, 1.7.2008.