Wie sag’ ich’s meinem Patienten? Empathisch und effizient zu kommunizieren ist für Ärzte besonders wichtig, denn die Gespräche im Behandlungszimmer sollen nicht nur aufklären und informieren, sondern sind essenziell für den Aufbau einer stabilen Arzt-Patienten-Beziehung und können außerdem zum Heilungsprozess beitragen. Pamela Emmerling ist Psychotherapeutin und Kommunikationstrainerin. Im Rahmen Ihrer Tätigkeit ist sie unter anderem für mehrere Ärztekammern als freiberufliche Dozentin tätig. Im Schattauer Verlag hat sie das Buch „Ärztliche Kommunikation. Als Erstes heile mit dem Wort …“ veröffentlicht. Darin tauchen die Kunstfiguren Dr. No. und Dr. Will auf, die Frau Emmerling auch in unserem Interview zu Wort kommen lässt.
Viele Ärzte haben einen sehr straffen Zeitplan und das Wartezimmer voller Patienten. Wieso sollten sie sich trotzdem die Zeit nehmen, sich intensiver mit ihren Patienten zu unterhalten?
Dr. No: „Meine Arbeit ist ständig Kernzeit. Da kann ich nicht noch intensiver werden.“
Weil in Arztpraxen und Kliniken die Zeit als der ärgste Feind gilt, lohnt sich der Blick vom quantitativen zum qualitativen Aspekt. Denn Eile ist kein wirklich guter Berater: neben der Gefahr von Flüchtigkeitsfehlern können nur wenige Patienten mit dem Druck umgehen. Sie sind dann im Anamnesegespräch nur eine begrenzte Hilfe. Ein Arzt, dem es gelingt, trotz seiner Zeittaktung eine achtsame Gelassenheit zu bewahren, ist für den Patienten und für sich selbst eine Wohltat. Wenn Zeit der eine messbare Faktor ist, dann ist Behandlungserfolg der andere. Der Zeitfaktor ist im Gespräch nur ein Indikator für Erfolg.
Dr. Will: „Effiziente wertschätzende Gespräche auch bei hoher Zeittaktung – dafür will ich mir Hilfe holen.“
Inwieweit kann gelungene Kommunikation im Umgang mit den Patienten sogar helfen, in der Praxis Zeit zu sparen?
Dr. No: „Wenn ich alles mit meinen Patienten diskutiere, sitze ich bis in die Nacht in der Sprechstunde.“
Viele Ärzte müssen sich an Patienten in schwierigen Situationen abarbeiten. Die Energie, die non-compliance und ihre Folgen benötigt, ist proaktiv viel sinnvoller eingesetzt. Wenn die Aufklärung über eine Behandlung dem Patienten angepasst wird, bewahren alle in der Praxis Kraft, Zeit und Nerven. Ein beträchtlicher Teil der kostbaren Zeit wird darauf verwendet, Fehler beim Verständnis und der Umsetzung zu korrigieren. Jede Minute, die ein Arzt in gelingende Kommunikation investiert, zahlt sich um ein Vielfaches in seinem Zeitbudget aus. Außerdem können positive Arztgespräche das Alleinstellungsmerkmal sein, das eine Praxis oder eine Klinik im Verdrängungswettbewerb auszeichnet.
Dr. Will: „Ich habe so wenig Zeit, ich muss meinen Patienten länger zuhören“.
Wie kann gute Kommunikation helfen, den Heilungsprozess zu unterstützen?
Dr. No: „Mit Worten heilen? Ich bin da unsicher.“
Die medizinische Behandlung betrifft den Körper des Patienten, Worte erreichen seinen Geist und seine Seele. Ein Arzt, der patientengerecht erklären kann, bekommt im Patienten einen Helfer. Die Meisterklasse aber ist die gelingende Kommunikation, die auch die Seele des Menschen erreicht. Wo Vertrauen aufgebaut wird, können Heilungsprozesse Kraft gewinnen. Worte sind die Brücke zwischen dem ärztlichen Fachwissen und den Bedürfnissen des Patienten. Bei Allgemeinmedizinern und Fachärzten für Innere Medizin stellt die Kommunikation das zentrale Element jeder Behandlung dar. Erfolg stellt sich dann ein, wenn ein Patient die Verantwortung für seine Heilung mit übernimmt.
Dr. Will: „Als erstes heile mit dem Wort, sagt Asklepios. Und meine Erfolge bestätigen das.“
Anmerkung: Die beiden Mediziner Dr. No und Dr. Will sagen im Buch „Ärztliche Kommunikation“ ziemlich direkt ihre Meinung zu den fast 50 Optimierungstools.
Das Gespräch führte Stefanie Engelfried
Um ein VideoPodcast mit Pamela Emmerling anzuschauen, klicken Sie hier.