Bei der Beschäftigung von Mitarbeitern sind Zahnärzte genau wie andere Freiberufler kreativ. Geht es doch um die Frage, jemanden tatsächlich dauerhaft als Angestellten zu beschäftigen und somit alle Nachteile der Anstellung zu tragen (Sozialbeiträge, Urlaub, Kündigungsschutz etc.). Die Beschäftigung eines freien Mitarbeiters, der flexibel einsetzbar ist, durch wirtschaftlichen Druck ggf. engagierter arbeitet, scheint eine interessante Alternative zu sein.
Das Oberlandesgericht Zweibrücken (Az. 4 W 25/09) hatte sich am 05.05.2009 mit der Zulässigkeit einer solchen Zusammenarbeit zu beschäftigen. Der Fall:
Der Kläger war Fachzahnarzt für Oralchirurgie. Er begehrte von der Beklagten, einer privaten Zahnklinik, u. a. Zahlung noch ausstehenden Entgeltes für in deren Auftrag ausgeführte zahnärztliche Behandlungen. Diese hatte der Kläger in der Klinik der Beklagten ohne schriftlichen Vertrag nach seiner Auffassung als freier Mitarbeiter erbracht. Als Vergütung war, wie oft üblich, eine Umsatzbeteiligung vorgesehen. Die Behandlungsverträge zu den Patienten waren mit der Zahnklinik zustande gekommen.
Prozessuale Besonderheit des Falles:
Der Zahnarzt hatte die Privatklinik vor einem Zivilgericht verklagt. Dieses wähnte sich für unzuständig, weil es meinte, es läge kein Fall der Freien Mitarbeit vor, so dass die Frage nach Lohn vom Arbeitsgericht zu entscheiden sei. Beide Parteien beharrten auf der Rechtsansicht, dass die Zivilgerichte zuständig seien. Das Landgericht erklärte sich für unzuständig. Gegen diesen Beschluss beschwerten sich die Parteien. Hierüber hat das Oberlandesgericht Zweibrücken wie folgt entschieden:
Die Entscheidung:
Der Zahnarzt war im vorliegenden Fall kein freier Mitarbeiter, sondern eine “arbeitnehmerähnliche Person”.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbständige, die wegen ihrer fehlenden oder gegenüber Arbeitnehmern geringeren Weisungsgebundenheit und oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation im Vergleich zu Arbeitnehmern in einem Arbeitsverhältnis in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig sind. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt die wirtschaftliche Abhängigkeit. Allerdings muss der wirtschaftlich Abhängige seiner gesamten sozialen Stellung nach in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer schutzbedürftig und die geleisteten Dienste müssen nach ihrer sozialen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sein, so das OLG Zweibrücken unter Verweis auf vergleichbare Entscheidungen.
Dieses Ergebnis begründet das Gericht wie folgt:
- Der Kläger war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, in diesem Sinne von der Beklagten abhängig. Er war in die betriebliche Organisation des Klinikbetriebes dergestalt eingebunden, dass er seine ärztlichen Leistungen nur in Zusammenarbeit zumindest mit dem nichtärztlichen Personal erbringen konnte.
- Er hat einen wesentlichen Teil seiner Arbeitskraft für die Beklagte aufgebracht hat. Dies ist auch auf der Grundlage von „lediglich“ 30 Wochenstunden unzweifelhaft der Fall.
- Der Kläger war auch wirtschaftlich von der Beklagten abhängig. Denn er hat im Rahmen der Anhörung angegeben, die Einnahmen von der Beklagten seien seine alleinigen Einkünfte und damit seine Existenzgrundlage gewesen. Dass er in einer Übergangsphase daneben wesentliche Einnahmen aus der neu gegründeten eigenen Praxis hatte, behauptet er selbst nicht.
- Der Umstand, dass sein bei der Beklagten erzieltes Einkommen nicht aus einem monatlichen Fixum, sondern aus einer 25 %-igen Beteiligung an den Honorareinnahmen der Beklagten aufgrund seiner zahnärztlichen Behandlungen bestand, hindert die Qualifizierung als arbeitnehmerähnliche Person auch nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht.
- Auch die Tatsache, dass dem Kläger im Hinblick auf seine Arbeitszeit keine ausdrücklichen Vorgaben gemacht waren, führt nicht zu einer anderen Betrachtung. Denn der zeitliche Rahmen seiner Tätigkeit war zum einen abhängig von der Zahl der anstehenden Behandlungen und zum anderen auch durch die Arbeitszeiten des nichtärztlichen Hilfspersonals bestimmt.
Fazit:
Selbst wenn sich die Parteien bis in den Prozess hinein einig waren, dass der Zahnarzt nur als Freier Mitarbeiter tätig wird, ist dies rechtlich betrachtet nicht ausreichend. Der Fall zweigt deutlich die hohen Risiken der Beschäftigung freier Mitarbeiter.
Die Folgen, vor allem für den Praxisinhaber sind weitreichend. Es müssen nicht nur die Sozialversicherungsbeiträge für die gesamte Beschäftigungszeit nachgezahlt werden. Sondern gerade auch droht die Gefahr der strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen Vorenthaltens von Beiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 266a StGB.
So verlockend diese lose Form der Zusammenarbeit erscheint und auch wenn Einigkeit zwischen den Beteiligten herrscht, ist dringend der Status des Mitarbeiters VOR Aufnahme der Tätigkeit zu klären.