Die Begründung und Durchführung einer weltweiten Auslandskrankenversicherung ist keine Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung. Betriebskrankenkassen dürfen daher nicht mit privaten Versicherungsunternehmen den Auslandskrankenversicherungsschutz ihrer Mitglieder vertraglich regeln. Dies entschied in zwei heute veröffentlichten Urteilen der 1. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.
Betriebskrankenkassen schlossen Gruppenversicherungsverträge
Im Jahre 2007 schlossen die R + V Betriebskrankenversicherung und die Betriebskrankenkasse PricewaterhouseCoopers – sowie über 20 weitere Betriebskrankenkassen – jeweils mit privaten Versicherungsunternehmen Gruppenversicherungsverträge über einen Auslandskrankenversicherungsschutz ihrer Mitglieder. Dieser umfasste die bei Urlaubs- oder beruflich bedingten Reisen im Ausland entstandenen Kosten für die medizinische Behandlung sowie – unter anderem – für Arzneimittel, Rettungsdiensttransporte und den Rücktransport.
Bundesversicherungsamt beendet diese Ausweitung des Versicherungsschutzes
Nach umfangreichen Prüfungen der Wirtschaftlichkeit teilte das Bundesversicherungsamt mit, dass es diese Ausweitung des Versicherungsschutzes nicht weiter dulden werde und verpflichtete schließlich im Jahr 2012 bzw. 2013 die beiden Betriebskrankenkassen, die Verträge über den Auslandskrankenversicherungsschutz zu beenden. Für die erfolgte Ausweitung des Versicherungsschutzes im Ausland gebe es keine gesetzliche Grundlage. Deckungslücken bei Auslandsbehandlungen lägen in der Eigenverantwortung der einzelnen Versicherten. Die Krankenkassen hätten kein Leistungserfindungsrecht. Die Betriebskrankenkassen könnten zwar als Vermittler einer privaten Zusatzversicherung tätig werden. Mit der streitigen Vereinbarung seien die Krankenkassen hingegen selbst Vertragspartner geworden. Die aufsichtsrechtliche Tolerierungspraxis habe das Bundesaufsichtsamt zum 1. Januar 2013 insgesamt aufgegeben.
Gegen diese aufsichtsrechtliche Maßnahmen erhoben die R + V Betriebskrankenversicherung und die Betriebskrankenkasse PricewaterhouseCoopers Klage vor dem Hessischen Landessozialgericht. Sie vertreten die Auffassung, dass der Auslandskrankenversicherungsschutz eine zugelassene Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Jedenfalls sei der Gesetzeswortlaut entsprechend auszulegen. Darüber hinaus sei es unverhältnismäßig, die aufsichtsrechtliche Duldungspraxis zu beenden, ohne den Krankenkassen die Möglichkeit zu geben, den Wirtschaftlichkeitsnachweis zu erbringen. Pro versicherter Person falle lediglich eine Jahresbetrag von weniger als 4 € an.
Landessozialgericht bestätigt aufsichtsrechtliches Verbot
Das für aufsichtsrechtliche Streitigkeiten erstinstanzlich zuständige Landessozialgericht in Darmstadt gab dem Bundesversicherungsamt Recht. Die gesetzlichen Krankenkassen seien für einen weltweiten kostenlosen Auslandskrankenversicherungsschutz gesetzlich nicht ermächtigt. Die Verträge seien daher eine unzulässige Erweiterung des gesetzlichen Aufgabenbereiches. Die gesetzlichen Krankenkassen dürften die Beiträge ihrer Mitglieder nur für ihre gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben verwenden.
Diese Aufgaben würden die Absicherung der Versicherten gegen Krankheit bei Aufenthalt im Ausland nur in sehr begrenztem Umfang umfassen. So hätten die Versicherten Ansprüche aus dem Sozialkoordinationsrecht der Europäischen Union sowie aus zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen. Insoweit hätten die gesetzlichen Krankenkassen unter anderem die europäische Krankenversicherungskarte sowie die nötigen Informationen für die Versicherten bereitzustellen. Ferner seien bestimmte Kostenerstattungsansprüche für Gesundheitsdienstleistungen im EU-Ausland gesetzlich vorgeschrieben. Ferner könnten die Krankenkassen ihren Mitgliedern private Zusatzversicherungen vermitteln.
Darüber hinaus sei der Auslandskrankenversicherungsschutz hingegen nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen.
(AZ L 1 KR 337/12 KL und L 1 KR 17/14 KL – Die Revision wurde nicht zugelassen.
Presseinformation des Landessozialgerichts Hessen
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