Je früher sie antiretrovirale Medikamente einnehmen, desto besser für HIV-Positive. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale START-Studie, die nun ein Jahr vor dem geplanten Ende abgebrochen wurde.
Bereits bei der Zwischenauswertung der randomisierten klinischen START-Studie (Strategic Timing of Antiretriviral Treatment) habe sich erwiesen, dass bei einem Therapiebeginn bei über 500 Helferzellen/mm3 eindeutig bessere Behandlungsergebnisse erzielt werden, heißt es in der Pressemitteilung des US-amerikanischen Bundesinstituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID).
Ein späterer ART-Start (bei Werten um 350 Helferzellen) habe dagegen zu doppelt so vielen Aids-definierenden Erkrankungen und weiteren schwerwiegenden Herz-Kreislauf-, Nieren- und Krebserkrankungen sowie zu Todesfällen geführt. In der Gruppe mit späterem Therapiebeginn seien 86 solcher schwerwiegenden Fälle registriert worden, bei den früher Behandelten lediglich 41.
„Wir haben jetzt den Beleg dafür, dass es für HIV-Infizierte von deutlich größerem gesundheitlichen Nutzen ist, die antiretrovirale Therapie eher früher als später zu beginnen“, so NIAID-Direktor Anthony S. Fauci. Außerdem sorge die frühzeitige Therapie durch eine reduzierte Viruslast dafür, dass das Risiko einer HIV-Übertragung verringert werde. „Diese Erkenntnisse haben globale Auswirkungen auf die Behandlung von HIV.“
„Diese Erkenntnisse haben globale Auswirkungen auf die HIV-Behandlung“
„Die START-Studie schafft Klarheit“, erklärt Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe. „Es ist besser, mit der Therapie zu beginnen, solange das Immunsystem noch intakt ist. Bei Werten über 500 CD4-Zellen gilt das Immunsystem als noch intakt, bei weniger als 500–350 CD4-Zellen spricht man von bereits eingeschränkter Funktion. Doch diese Botschaft ist derzeit für die meisten HIV-Patienten nicht optimal umsetzbar.“
Denn bei etwa der Hälfte der Neudiagnosen in Deutschland liege die CD4-Zahl zum Diagnosezeitpunkt bereits unter 350 CD4-Zellen und bei rund drei Viertel der neu Diagnostizierten unter 500. „Es wird also in Zukunft darum gehen, die HIV-Infektion früher zu erkennen, um einen optimalen Therapiestart überhaupt zu ermöglichen“, so Schafberger.
Die START-Studie, initiiert von einem internationalen Netzwerk für strategische Initiativen im Bereich weltweiter HIV-Studien (INSIGHT), wurde ab März 2011 an 215 Standorten in 35 Ländern durchgeführt, darunter auch an 17 deutschen Einrichtungen. Teilgenommen hatten weltweit 4.685 Männer und Frauen mit HIV, die bis dahin noch keine ART genommen hatten und deren CD4-Zellzahlen über 500 lagen.
Weltweite Aktualisierung der Behandlungsleitlinien erforderlich
„Die Ergebnisse der START-Studie sind ein Meilenstein in der Geschichte der HIV-Therapie. Es gibt wenige Studien, die einen so deutlichen Einfluss auf die Therapie hatten“, betont Armin Schafberger. „Seit den Ergebnissen der SMART-Studie im Jahr 2006 wissen wir, dass Therapiepausen schädlich sind. Seit der HPTN052-Studie im Jahr 2011 wissen wir, dass eine frühe Therapie nicht nur Erkrankungen reduziert, sondern auch den HIV-negativen Partner schützt. Nun ist mit der START-Studie 2015 auf wissenschaftlich höchstem Niveau belegt, dass eine frühe Therapie klar und deutlich besser ist als eine abwartende Haltung.“
Nun gilt es weltweit, die Leitlinien zur HIV-Behandlung zu aktualisieren. Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Beginn einer ART bereits ab einer CD4-Zahl von etwa 500 empfiehlt, liegt die Grenze bei einigen nationalen Leitlinien wie denjenigen der britischen HIV Association (BHIVA) und der deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) für einige Patientengruppen noch bei 350.
(ascho)
Pressemitteilung des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (in Englisch)
Meldung von aidsmap vom 27. Mai 2015 (in Englisch)
Meldung von UNAIDS vom 27. Mai 2015 (in Englisch)