9:41 – Marx zeigt Fallstricke der Wahrnehmung auf: Das Gehirn schummelt etwa den blinden Fleck des Sehsinns mit Umgebungsmustern voll – das passiert natürlich auch auf anderer Ebene. Wenn wir uns an einen Unfall erinnern, bauen wir den Ablauf in erlernte Schemen in unserer Erinnerung ein. Deswegen sind Zeugenaussagen auch so unterschiedlich. So nehmen auch Staatsanwälte und Strafverteidiger Dinge unterschiedlich wahr. Und: Perspektiven und Kenntnisse beeinflussen die Wahrnehmung. Auch Fachärzte denken unterschiedlich, der Neurologe zeurst ans Gehirn, der Kardiologe zuerst ans Herz.
9:31 – Marx, selbst Neurologe, der viele fachliche Gutachten verfasst hat, referiert zum Thema „Objektivität des Gutachtens“. Er beschreibt zunächst, wie unsere Sinne funktionieren und wie eingeschränkt eigentlich unsere Wahrnehmung ist. Wir sehen nur eine Konstruktion der Welt. Davon ausgehend wird klar: „Objektivität von Wahrnehmung und Erkenntnis ist eine Illusion.“
9-19 – Ex-ARD-Rechtsexperte Karl-Dieter Möller spricht „gegen die Kirchenstille“ im Saal an und begrüßt die Gäste zum zweiten Tag. Er kündigt den ersten Vortragsblock an, in dem sich alles ums Thema Gutachten dreht – aus sicht eines Mediziners, eines Richters und eines Anwalts.
Möller: Der Volksmund sieht das Thema Gutachten wohl so: Die eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus – wissenschaftlicher formuliert, frei nach Referent Prof. Dr. Marx zitiert: Objektivität im Sinne eines Erkennens ohne subjektive Wertung ist eine Illusion.“
8:57 – Ein grauer, kühler Morgen in Berlin – da liegt es doch nicht fern, sich bei Wasser, Apfelsaft und Kaffe im klimatisierten Tagungssaal einzufinden. So sahen es offenbar auch die Teilnehmer des 16. Deutschen Medizinrechtstags, die schon 20 Minuten vor dem offiziellen Start nach und nach Platz nehmen.