Eine unserer Stammkundinnen ist wieder da.
Nennen wir sie Frau Müller. Frau Müller ist fünfundachtzig Jahre alt und kommt öfters, meistens abends zwischen sechs und halb acht, mittwochs oder am Wochenende kann es auch schonmal früher sein.
Ins Krankenhaus eingewiesen wird Frau Müller immer vom hausätztlichen Notdienst. Den ruft sie an, weil ihr eigener Hausarzt ihr nicht helfen kann.
Frau Müller hat Rückenschmerzen.
Seit Jahren schon. Sie ist bestimmt schon hundertmal geröntgt worden, war auch oft genug in der „Röhre“ (also im CT oder MRT), wurde von Orthopäden, Chirurgen, Neurologen, Neurochirurgen, Physiotherapeuthen, ab und zu auch von Internisten oder Psychiatern behandelt. Und natürlich von ihrem Hausarzt. Aber der ist ja doof.
Fakt ist: Frau Müller hat immer noch Rückenschmerzen.
Sie war auf Kur und auf Reha, in Kurzzeitpflege und wieder zu Hause, in der Ambulanz, in der Notaufnahme, auf Station und einmal sogar auf der Intensivstation. Das war aber ein Versehen.
Und Frau Müller hat immer noch Rückenschmerzen.
Ihr Hausarzt ist ein richtiger Dorfdoktor vom alten Schlag, der fährt regelmäßig zu ihr hin, verschreibt Schmerzmittel oder Physiotherapie, hört ihr zu und hält auch ab und zu ihre Hand.
Aber Frau Müller hat immer noch Rückenschmerzen. Und weil ihr Hausarzt die nicht wegmachen kann ruft sie dann abends den Notdienst an weil ihr Hausarzt sie ja nicht ins Krankenhaus schickt.
Aber der Notdienst Arzt, der sieht nur dass sie sich vor Schmerzen krümmt und hört dass sie vor drei Wochen mal hingefallen ist, sie könnte sich ja einen Wirbel gebrochen haben, also weist er sie ein.
Und da ist sie nun.
Und hat immer noch Rückenschmerzen.