3 strategische Anforderungen, die Healthcare-Startups für eine erfolgreiche Marketingarbeit berücksichtigen müssen

Niedergelassenen Ärzten stehen immer mehr eHealth- und mHealth-Lösungen zur Verfügung, die das Praxis- und Patientenmanagement unterstützen können. Die Ergebnisse einer Delphi-Befragung bei digital-affinen Praxisinhabern zeigt jedoch, dass es bei der Präsentation vieler Ansätze noch deutliche Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
(1) Trennschärfere Positionierungen

Anbieter berücksichtigen bei der Beschreibung der Leistungskerne ihrer Konzepte zu wenig die Abgrenzung zu etablierten, gegenwärtig praktizierten Verfahren und Möglichkeiten. Dadurch bleiben Fragen unbeantwortet, die – aus dem Arbeitsalltag betrachtet – „auf der Hand liegen“. Das Fehlen der Differenzierungen wird teilweise sogar als ein Zeichen von Unprofessionalität und Inkompetenz gewertet, was in der Folge aus der Sicht der potentiellen Anwender zu einer tendenziellen Abwertung der Ideen und ihrer Möglichkeiten führt.
(2) Höhere Nutzersensitivität

Ein Teil der Argumentationen stellt zu sehr die Vorteile heraus und geht zu wenig auf den Nutzen ein. Um sich durchsetzen zu können, darf sich die Darstellung von innovativen Lösungen nicht allein auf ihre primären Vorzüge beschränken, deren Referenz beobachtbare Konstellationen und Situationen sind, sondern muss auch ideell-emotionale Abwehrbarrieren überwinden. Ein Vorteil kann für einen Arzt einleuchtend und positiv sein, er setzt das Konzept dennoch nicht ein, da die Folgen der Implementierung für ihn nicht überschaubar sind, z.B, weil er sich in der Materie nicht auskennt, weil er bestimmten Techniken, die eingesetzt werden, negativ gegenüber steht oder weil er Innovations-ablehnend eingestellt ist.
(3) Intensivere Marktforschung zu praktischen Arbeitsprozessen
Startups beschäftigen sich im Rahmen ihrer Markterkundung intensiv mit den generellen Determinanten des zu besetzenden Marktsegments, um einen Businessplan zu erstellen und schnell starten zu können. Bei der Implementierung in die Praxis-Arbeitsprozesse, so die Aussage der Delphi-Teilnehmer, fehlt jedoch häufig das Wissen über die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsrealität. Viele Ideen sind an einem real existierenden übergeordneten Problem, z. B. einer zu geringen Vernetzung, orientiert oder auf notwendige Produktivitätssteigerungen ausgelegt, ohne jedoch die konkreten Denk- und Handlungsweisen in Arztpraxen nicht berücksichtigen. Sie orientieren sich an Topics, nicht aber am konkreten „Praxisleben“. Die Ausarbeitungen beziehen sich auf die Ideen (z. B. Online-Terminvereinbarungen in Kombination mit Gesundheitsinformationen), nicht auf deren Implementierung in der Durchschnittspraxis, in der – über alle Fachgruppen und Praxisformen bzw. –größen betrachtet – nur 53% der für ein reibungslos funktionierendes Praxismanagement notwendigen Regelungen und Instrumente eingesetzt werden und die auch nur eine geringe Innovations-Bereitschaft aufweist. Natürlich wäre es sinnvoll, z. B. mit elektronischen Hilfen die Arbeit zu erleichtern, doch der Anwendungsrahmen, der in den Konzepten unterstellt wird, ist ideal definiert, nicht real basiert. Hier sind viele Praxisteams schon mit einfachsten Software-Anwendungen überfordert. Hinzu kommt, dass häufig Ärzte als Berater für die Konzeptideen fungieren, die die Mehrheit der „normalen“ Ärzteschaft, auf die die Projekte abzielen, nicht repräsentieren.

© Klaus-Dieter Thill / IFABS

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