Länder wie Andorra, Armenien oder Turkmenistan haben es geschafft, ebenso Ungarn oder Zypern. In 32 Ländern der WHO-Europa-Region ist die Unterbrechung der Übertragung von Masern und/oder Röteln gelungen. Und Deutschland? Es gehört zu der Gruppe von Ländern, in denen beide Krankheiten noch endemisch sind.
Masern und Röteln auszurotten – das ist das Ziel der Europäischen Impfaktionsplans 2015 bis 2020. Mit dem anlässlich der Europäischen Impfwoche vom 24. bis 30. April 2016 vorgestellten Fortschritt ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufrieden: Europa ist diesem Ziel so nah wie nie zuvor. Die Zahlen zeigten, dass eine Eliminierung möglich sei – der Mehrheit der Länder ist es gelungen, die beiden Infektionskrankheiten zurückzudrängen. Für Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa, ist das ein Erfolg, der bewahrt und ausgebaut werden muss: „Jegliche Untätigkeit wird zu einem gefährlichen Wiederauftreten dieser verhinderbaren Krankheiten und zu unnötigem Leiden und Sterben führen. Wir rufen alle politischen Entscheidungsträger in der Europäischen Region auf, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Masern und Röteln ein für alle Mal eliminiert werden.”
Ein Appell, der bei den politischen Entscheidungsträgern in Deutschland für rote Ohren sorgen müsste: Denn eine der am höchsten entwickelten Volkswirtschaften Europas gehört zu den 18 Staaten, bei denen sowohl Masern als auch Röteln weiterhin vorkommen. Mit dabei: Länder wie Belgien, Frankreich, Italien, Türkei, Österreich oder Polen.
Schlüssel zum Erfolg: Eine Impfquote von mehr als 95 Prozent
Die Ausrottung der Masern und Röteln gilt der WHO weltweit als Ziel. Die Voraussetzungen dafür sind schnell beschrieben: Die Gesundheitssysteme benötigen eine funktionierende Krankheitsüberwachung (Surveillance) zur Entdeckung von Fällen und zur Verfolgung von Übertragungsketten der Viren. Das ist in der Europa-Region in der Regel kein Problem: Von den 53 Ländern konnten nur drei die dazu notwendigen Daten nicht liefern. Außerdem muss eine Durchimpfungsquote von mehr als 95 Prozent mit zwei Dosen Impfstoff gegen Masern und Röteln sichergestellt sein. Als eliminiert gelten sie, wenn nachgewiesen wird, dass eine Übertragung über einen Zeitraum von mindestens 36 Monaten nicht stattgefunden hat. Dies wird von der Verifizierungskommission der Europäischen Region für die Eliminierung der Masern und Röteln (RVC) überprüft. Es ist eine Marke, die Deutschland regelmäßig reißt.
Dabei sieht es für die erste Impfung – sie ist in den meisten Fällen ein Kombinations-Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln – noch gut aus, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem Epidemiologischen Bulletin 1/2016 feststellt. Der Geburtsjahrgang 2012 weist im Alter von 24 Monaten die erforderliche Impfquote auf (95,5 %). Und auch wenn die Impfquoten bei der zweiten Impfung einen starken Trend nach oben ausweisen: Derselbe Jahrgang 2012 kommt bundesweit gerade mal auf 71 Prozent – zu wenig, um die Übertragung zu unterbrechen. Das RKI schreibt dazu: „Damit ist der WHO-Indikator in dieser Altersgruppe für die erste Impfung zwar erreicht, jedoch bedarf es noch großer Anstrengungen zur Erhöhung der Impfquote der zweiten Masern-Impfung.“ Ein bisschen besser sieht es im Alter bis 36 Monate aus – die erste Impfung nähert sich der 100-Prozent-Marke. Aber auch hier liegt die Impfquote für die zweite Masern-Impfung 36 Monate alter Kinder lediglich bei 84,8 Prozent.
Deshalb kommt es in Deutschland immer wieder zu Masernausbrüchen – anders als in Andorra, Armenien oder Turkmenistan.
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