Gute Sonne – böse Sonne?

Der Titel könnte auch lauten:

„Vitamin-D-Mangel oder Sonnenbrand?“,

denn wenn man anfängt, sich mit der Sonne und ihren Wirkungen auf uns zu beschäftigen, stößt man auf Empfehlungen mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten.

Eltern, die gerade überlegen, wie sie das mit dem Sonnenschutz bei ihren Kindern handhaben sollen, kann das ganz schön durcheinander bringen.

Auf der einen Seite liegt die Sorge, dass das Kind sich einen Sonnenbrand holen könnte. Es wird gewarnt vor Hautkrebs und Hautalterung.

Auf der anderen Seite hilft uns die Sonne, uns gesund zu erhalten. Die Sonne hat viele positive gesundheitliche Effekte, unter anderem die Bildung von Vitamin D in der Haut (Infos zu Vitamin D hier ), oder die Bildung von „Glückshormonen“. Hier besteht die Sorge eher darin, durch Lebensstil und äußere Bedingungen zu wenig Sonne an den Körper unserer Kinder zu lassen.

Ein Thema, über das sich heiß diskutieren lässt:

Wieviel Sonnenschutz ist nötig? Oder anders herum:

Wie viel Sonne lasse ich an mich /an mein Kind heran?

Du findest überall Experten, die erklären, für welchen Hauttyp du welchen Sonnenschutz brauchst, und wie wichtig Vitamin D ist.  Ziel dieses Artikels ist es also nicht, dir zu sagen mit welchem Sonnenschutzfaktor du dein Kind eincremen sollst.

Mir ist etwas anderes wichtig:

Was mir nicht gefällt ist, wenn Eltern – auch unbeabsichtigt – durch all die Empfehlungen Angst gemacht wird, dass sie etwas „falsch“ machen könnten.

Daher werde ich hier einfach von meinem eigenen Weg erzählen. Wie ich mich selbst zum Thema Sonnenschutz einmal so richtig schön verrückt gemacht habe. Und welche Lösung ich für mich gefunden habe. Vielleicht kann ich dir dadurch bei Folgendem helfen:

Deine eigenen Gedanken zu ordnen. Zu überlegen was dir für dein Kind wichtig ist. Und damit selbst einen praktischen, entspannten und sicheren Weg zu finden.

Bei uns war es so:

Als unser erster Sommerurlaub mit Kleinkind anstand, habe ich mich intensiv mit dem Thema Sonnenschutz beschäftigt.

Es fing an mit der Frage: „Welche Sonnencreme soll ich nehmen?“

In meinem Kopf ging es hin und her:

„Hm, mal sehen, was sind denn die Inhaltsstoffe? Ich bin ja selbst schon gegen verschiedene Inhaltsstoffe allergisch. Die Creme soll möglichst ohne Duftstoffe und Konservierungsstoffe sein, aber soll sich auch gut anfühlen, wenn ich mein ohnehin unwilliges Kind damit einschmieren muss… Die mit mineralischem Filter wäre ja super, aber versaut mir echt alles, von Klamotten bis zu Möbeln… Und was sagt denn so die Fachliteratur?… Kann ja außerdem auch nicht schaden mal zu lesen, was Ökotest und Stiftung Warentest so herausgefunden haben… Oh. Schade, leider völlig verschiedene Testsieger…“

Und so weiter. Auf der Suche nach der „eierlegenden Wollmilchsau“ unter den Sonnencremes habe ich mich 100x im Kreis gedreht.

Weiter ging es:

„Und am Strand? Im Wasser? So lange hält der Sonnenschutz ja nicht, wie wir vielleicht unterwegs sind. Also noch ein UV-Schutzanzug?

Ok, einfach mal mit allem eindecken, kann ja nicht schaden. Viel hilft viel. ODER?

Au Mist. Jetzt hab ich vor lauter Sonnencreme das Vitamin D vergessen. Bekommt mein Kind jetzt überhaupt noch genug Sonne ab?“

So weit mein erstes Gedanken-Chaos. Und endlich für eine Creme entschieden, sieht ein „Eincreme-Szenario“ dann so aus:

Mama oder Papa laufen hinter einem schreienden Kleinkind her, das sich nicht eincremen lassen will. Die Creme landet überall, nur nicht auf dem Kind. Schließlich ist man froh über jeden Tupfer Creme, den das Kind abbekommen hat. Nur wahrscheinlich viel zu wenig, und damit auch nicht so wirksam, wie der Sonnenschutzfaktor verspricht.

Irgendwann war ich ganz schön wirr im Kopf bei dem Versuch alles „richtig“ zu machen und vor allem das, was ich für richtig halte, auch in die Tat umzusetzen.

Theorie und echtes Leben klaffen halt ganz schön auseinander, besonders wenn man es mit Kindern zu tun hat 🙂 .

Um Ordnung in das Ganze zu bringen, habe ich mir überlegt, was mir für meine Kinder wirklich wichtig ist:

Mir ist wichtig, dass sie

  • sich so viel wie möglich draußen an der frischen Luft aufhalten
  • keinen Sonnenbrand bekommen
  • genug Vitamin D zur Verfügung haben
  • frei spielen können, ohne dass sie dadurch gestört werden, dass ihre Mama sich über irgendetwas Sorgen macht
  • eine zufriedene Mama haben, die sich auch mal ganz entspannt mit einem Buch in eine Liege legen kann und sich nicht die ganze Zeit überlegt, was man noch im Umgang mit der Sonne optimieren könnte

Wie kann ich das miteinander vereinbaren?

Ich mache es so:

  • Ich lasse die Kinder so viel wie möglich draußen spielen.

(Wenn die Kinder das ganze Jahr über oft draußen sind und dann die erste Sonne kommt, die etwas kräftiger knallt, ist die Haut schon etwas an die Sonne gewöhnt und hat damit einen gewissen ersten Schutz.)

  • Wenn die Sonne dann so intensiv wird, dass die Gewöhnung der Haut allein nicht mehr ausreicht, wird eingecremt wo die Haut frei ist. Und Kappe auf den Kopf.

(Das kann auch im Winter im Skiurlaub sein, am Strand, im Freibad oder auch die erste richtig starke Sonne im Frühling.)

  • Ich bevorzuge mineralischen Sonnenschutz. Seitdem die Kinder aus dem Kleinkind-Alter heraus sind, mache ich aber auch mal Kompromisse mit chemischem Schutz.

(Ich gebe zu: mich nervt die schlecht zu verteilende und alles versauende mineralische Creme, die meine Kinder aussehen lässt wie kleine weiße Gespenster. Wegen des Allergiepotentials beim chemischen Schutz (ich bin auch leider selbst gegen viele Sonnencremes allergisch) vermeide ich diesen möglichst, aber in manchen Situationen mache ich auch Ausnahmen und sehe das bei den größeren Kindern mit stabilerer Haut etwas lockerer.)

  • Ich nehme nicht den höchsten Lichtschutzfaktor, den ich finden kann (um die 1000 oder so 😉 ), sondern einen, der so hoch ist wie nötig.

Denn „viel hilft viel“ gilt hier nicht. Angemessen ist hier wichtig. Das ist individuell unterschiedlich.

  • Wenn ich eincreme, dann auch richtig, also großzügig. Nur ein bisschen dünn drauf ergibt nicht den versprochenen Lichtschutzfaktor. 

(Zum Glück ist die Eincreme-Prozedur mittlerweile kein Drama mehr. So langsam entdecken meine Kinder, dass so eine schöne Creme-Massage auch etwas angenehmes sein kann…)

  • Soll es schnell gehen, oder ein Kind will sich partout nicht eincremen lassen? Der Umstände halber soll aber ein Sonnenschutz her? Dann wird eben bei knallendem Sonnenschein mal kein T-Shirt, sondern lange, luftige Kleidung angezogen, die auch gerne nass und dreckig werden darf.

(Dabei zu beachten, dass nasse Kleidung weniger UV-Schutz hat als trockene. Und Kappe auf und Creme auf die paar freien Stellen klappt wohl noch…)

  • Es geht auch mal ohne alles. Kommt auf die Umstände an: Zum Beispiel wenn es bedeckt ist, am Vormittag oder späteren Nachmittag, oder auch mal in der Mittagszeit, wenn der Aufenthalt in der Sonne kurz ist.

(„Kurz“ ist natürlich individuell sehr unterschiedlich. Und oft wird geraten, dass Kinder mittags nie ungeschützt nach draußen sollen. Andererseits gibt es die Empfehlung, dass bei kurzem Aufenthalt in der Sonne mit unbedecktem Kopf gerade zur Mittagszeit besonders effektiv Vitamin D gebildet werden kann.

Ich denke hier ist besonders wichtig, dass man einschätzen kann, was das eigene Kind verträgt. Dazu hilft der Hauttyp des Kindes, Erfahrung mit der eigenen Haut, die das Kind vielleicht „geerbt“ hat und ein langsames „Herantasten“. Das bekommen die meisten Eltern recht gut heraus.

Hilfreich finde ich auch folgendes (aus der Monatsschrift Kinderheilkunde 11/2012): Es gibt den sogenannten UV-Index, der die Sonnenintensität beschreibt. Ist er kleiner als 3, dann ist kein Sonnenschutz nötig. Das ist bei uns gegeben, wenn die Schattenlänge die Körperlänge deutlich überschreitet (Schatten etwa 1,3-fach länger als Körperlänge). Sehr beruhigend, gerade an langen Frühlings- und Sommertagen, wenn gefühlt noch ganz viel Sonne da ist.)

  • Von Oktober bis März, wenn die Sonneneinstrahlung nicht für die Vitamin-D-Produktion ausreicht, bekommen meine Kinder Vitamin D in Form von löslichen Tabletten oder Tropfen.

(Wofür das gut ist, findest du hier…)

  • Ich mache mir keine Sorgen, wenn die Kinder einfach mal nicht nach draußen wollen.

(Das kommt vor: meine Tochter vergräbt sich drinnen in einem Buch oder mein Sohn hat sich gerade drinnen etwas zum Spielen aufgebaut – aber draußen scheint die schönste Sonne. Ich schlage dann einmal vor, dass man das Buch oder die Spielsachen auch mit nach draußen nehme könnte. Aber dann lasse ich die Kinder in Ruhe: Wenn sie nicht wollen, stecke ich nicht meine ganze Energie hinein um sie zu überreden. Denn erstens: ich vertraue inzwischen darauf, dass die Kinder so, wie wir es handhaben, ihre Portion Vitamin D, Frischluft usw. schon bekommen werden. Und zweitens ist mir ja wichtig (siehe oben), dass sie auch einfach ungestört ihr Ding machen können, ohne dass die besorgte Mama ständig dazwischen quatscht.

Interessant auch: In einem Artikel (Monatsschrift Kinderheilkunde 8/2015) habe ich das Beispiel gefunden, dass ausreichend Vitamin D gebildet werden kann, wenn hellhäutige Personen sich 2x pro Woche zwischen 10 und 15 Uhr für 5-30 Minuten mit unbedecktem Kopf und freien Armen und Beinen in der Sonne aufhalten. Selbstverständlich ist das nur ein Beispiel, und auch nicht allgemein gültig für alle Umstände, aber es gibt mir doch eine Vorstellung, dass das mit dem Vitamin D im Sommer schon zu machen ist.)

  • Ich nutze auch selbst jede Gelegenheit, an einem schönen sonnigen Tag im Garten zu sitzen, zu lesen und die Zeit zu geniessen. Die Hausarbeit kann warten, bis die Sonne sich verzogen hat und die Kinder freuen sich über eine gut gelaunte Mutter 😉  

 

Ein kleines PS:

Wie gesagt sind das hier keine allgemeingültigen Empfehlungen. Wir haben alle unterschiedliche Hauttypen und es gibt auch Erkrankungen oder Medikamente, die einen Aufenthalt in der Sonne nicht erlauben. Hier ist eine spezielle Beratung wichtig.

 

 

 

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