Heute hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einstimmig die Aufweitung von verengten Gefäßen innerhalb des Schädels mit Hilfe von Stents (intrakranielles Stenting) zur Schlaganfallprophylaxe aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Diese Entscheidung wurde notwendig, nachdem Studienergebnisse ein deutliches Schadenspotenzial für die Patienten gezeigt haben. Der Beschluss lässt wenige, gut begründete Ausnahmen zu. So ist er weitgehend deckungsgleich mit den Vorgaben, welche von der US-Zulassungsbehörde FDA schon 2012 zu einem intrakraniellen Stent verfügt wurden. Auch berücksichtigt er bei der aktuellen Rechtslage alle von den medizinischen Fachgesellschaften in öffentlichen Stellungnahmen geforderten Ausnahmeindikationen.
„Aus Gründen des Patientenschutzes musste die Leistung für die Mehrheit der Patienten ausgeschlossen werden. Es gab einmal die große Hoffnung, dass mit den intrakraniellen Stents Schlaganfälle verhindert werden können. Diese Hoffnung hat sich zerschlagen. Es ist sogar so, dass die Stents selbst Schlaganfälle verursachen und Patienten schädigen. Ich bin froh, dass sich entgegen früherer Aussagen heute die Vertreter der Krankenhäuser und der niedergelassenen Ärzte unserem Beschlussvorschlag angeschlossen haben“, so Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Noch in der Plenumssitzung des G-BA am 18. Mai 2016 haben die Vertreter der Ärzte (Kassenärztliche Bundesvereinigung) und Krankenhäuser (Deutsche Krankenhausgesellschaft) den Beschlussentwurf des GKV-Spitzenverbandes abgelehnt und sehr weitgehende Ausnahmen vom Ausschluss gefordert. Diese wären jedoch deutlich zu Lasten der Patientensicherheit gegangen. Die vom Gesetzgeber seit 2012 geforderte Mehrheit von neun Stimmen für einen Leistungsausschluss wurde im Mai nicht erreicht. Selbst wenn die fünf Krankenkassenvertreter und die drei unparteiischen Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses für einen Ausschluss stimmen, reichen die fünf Stimmen der Krankenhaus- und Ärztevertreter aus, um das zu blockieren. „Der G-BA hat heute trotz dieser unsinnigen Abstimmungsregelung seine Handlungsfähigkeit bewiesen, wegen des Stimmenquorums jedoch vier wertvolle Monate verloren“, so v. Stackelberg.
„Der gesamte Verlauf der Beratungen zu dem Thema“, so v. Stackelberg weiter, „bis hin zur heutigen Abstimmung im G-BA, sollte uns alle sehr nachdenklich machen. Die ersten Studienergebnisse, die auf ein klares Schadenspotenzial hinwiesen, lagen bereits im September 2011 vor. Während in den USA die Zulassungsbehörde sofort reagierte und eine entsprechende Zulassungseinschränkung der Stents verfügte, passierte in Deutschland nichts dergleichen. Auch das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat nicht wirksam eingegriffen“.
Der GKV-SV hat reagiert und im März 2013 einen Beratungsantrag im G-BA gestellt, nachdem Politik und Behörden keinen Anlass zur Intervention sahen. Dass die Beratungen so lange dauerten, ist den gesetzlichen Fristen und Gremiengängen geschuldet, zu denen der G-BA verpflichtet ist.
Johann Magnus v. Stackelberg: „Wir hatten schon befürchtet, dass sich die Vorgänge aus dem Mai wiederholen und der G-BA erneut am Vetorecht der Ärzte- und Krankenhausvertreter scheitert. Glücklicherweise war die öffentliche Aufmerksamkeit für die Sitzung heute so groß, dass sie ein Einsehen hatten und auf unsere Linie und die offizielle Position der medizinischen Fachgesellschaften eingeschwenkt sind. Ob dies beim nächsten Mal ebenfalls so sein wird? Der G-BA muss beim Patientenschutz handlungsfähig bleiben. Deshalb sollte das unsinnige Stimmenquorum wieder abgeschafft werden.“
Gleichzeitig demonstriert das heutige Beispiel eindrucksvoll: die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Hochrisiko-Medizinprodukten in deutschen Krankenhäusern müssen reformiert werden. Dazu hat der GKV-SV bereits konkrete Vorschläge unterbreitet. Es kann nicht sein, dass sich Schritte zur Gefahrenabwehr in Deutschland jahrelang hinziehen, bevor sie wirksam werden.
„Hier ist ein grundsätzliches Umdenken überfällig. Wir fordern: Hochrisiko-Medizinprodukte sollen künftig nicht mehr angewandt werden, ohne vorher vernünftig geprüft worden zu sein. Das Beispiel dieser Stents, die die Gesundheit gefährden, statt sie zu verbessern, zeigt deutlich, dass Innovationen mit unklarer Nutzen/Schadensbilanz auch in Deutschland nur im Rahmen klinischer Studien angewandt werden sollten, bevor sie in die Regelversorgung übernommen werden“, so v. Stackelberg.
Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes
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