Abendverkauf. Es ist ziemlich ruhig. Das Pärchen im mittleren Alter stellt mir eine Tube Zahnpasta auf die Theke, die sie sich vorher sorgfältigst aus unserem reichen Angebot ausgesucht haben. Ausserdem übergibt er mir einen blauen Zettel mit wichtigem (und .. etwas misstrauischem?) Gesichtsausdruck. „Kennen Sie das?“
Lachesis D30
Steht auf dem Zettel.
Pharmama: „Hmm, ‚kennen‘ ist etwas zu viel gesagt, aber das ist ein homöopathisches Mittel.“
Auch wenn ich weiss, dass mir das nicht viel bringt, suche ich es in unserem Apothekensystem.
„Für was braucht man das?“ fragt mich jetzt die Frau.
Pharmama: „Da bin ich etwas überfragt … bei homöopathischen Sachen ist das nicht so einfach zu sagen – Ich habe das auch nicht hier, wenn Sie wollen kann ich es ihnen bestellen.“
Es folgt eine kurze leise Diskussion der beiden, die in folgende Frage an mich kumuliert:
Er: „Wie teuer ist das?“
Pharmama: „19 Franken 50“
Sie: „Und ist das ein Schmerzmittel?“
Pharmama: „Das … würde ich so nicht sagen. Das wird als homöopathisches Mittel vielleicht gegen Schmerzen verwendet, aber … „
Ich sehe ihren jetzt total verwirrten Gesichtsausdruck, deshalb frage ich nach:
„Haben Sie eine Ahnung von Homöopathie?“
Doppeltes Kopfschütteln. Offenbar noch nie gehört. Aber jemand hat ihnen das Mittel aufgeschrieben.
Er: „Es wurde uns empfohlen für die starken Rückenschmerzen der Grossmutter.“
Pharmama: „Okay. Vielleicht erzähle ich ihnen ein bisschen was davon?“
Doppeltes Nicken.
Pharmama: „Also, Homöopathie gehört zu den sogenannten alternativen Behandlungen. Es beruht auf dem Prinzip der Ähnlichkeit … also, wenn man etwas behandeln will, dann sucht man ein Mittel, das selber diese Beschwerden verursacht … und verdünnt dieses Mittel dann, bis praktisch nichts mehr nachweisbar ist. Ich nehme an, dass Lachesis also etwas ist, das selber Schmerzen verursacht, wenn man das an sich anwendet, aber ich weiss nicht, was es ist. (Ich hatte übrigens recht: Lachesis ist die Bezeichnung für eine Giftschlangenart … ). Man sucht für die Beschwerden das für die Person und Situation am besten passende Mittel. Am Schluss hat man jedenfalls kleine Kügelchen oder Tropfen, die dem Körper die Informationen geben sollen, damit man die Beschwerden behandeln kann.“
Er: „Aber ist das ein Schmerzmittel? Wirkt das gegen Schmerzen?“
Pharmama: „Es ist kein Schmerzmittel wie zum Beispiel Aspirin oder Paracetamol oder so – wenn es das ist, was sie wissen wollen.“
Die Kollegin, die hinten mithörte meinte nachher, ich hätte sagen sollen: „Wenn Sie ganz fest daran glauben!“ – Aber die besten Antworten fallen einem immer erst danach ein.
Sie wollten es dann nicht – respektive erst mal mit der Grossmutter selber besprechen. Was ich vernünftig finde.
Selbst wenn sie sich am Schluss für etwas homöopathisches entscheidet: da gibt es eine Riesen-auswahl, was man alles für Rückenschmerzen einsetzen könnte: ausser dem Schlangenextrakt oben hätten wir da noch Daumennagel des Pferdes (Castor Equi), Giftsumach (Toxicodendron), Brechnuss (Nux vomica), Biene (Apis), Knoblauch (Allium cepa) und noch viele mehr …
Ich wäre wirklich dafür, auch die deutschen Bezeichnungen auf die Mittel zu schreiben, das wäre vielleicht für manche auch ein Augenöffner.
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