Zweiter Fall einer HIV-Infektion unter PrEP dokumentiert

Die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) schützt vor HIV. In sehr seltenen Fällen kann es trotzdem zu einer Infektion kommen. Der bislang zweite dokumentierte Fall wurde am Dienstag auf der Konferenz HIV Research for Prevention vorgestellt.

Der betroffene Mann aus New York nahm nach Angaben des HIV-Spezialisten Howard Grossmann seit Januar 2016 konsequent täglich eine Tablette des HIV-Medikaments Truvada zur Prä-Expositions-Prophylaxe („Vor-Risiko-Vorsorge“) ein.

Sein Lebenspartner ist seit 2012 HIV-positiv, seine Viruslast liegt dank seiner HIV-Therapie unter der Nachweisgrenze. Beim Sex verzichten die beiden seit Beginn der Truvada-Einnahme durch den bislang HIV-negativen Partner auf Kondome.

Mitte Februar und Ende März 2016 hatten die beiden Sex mit jeweils einem anderen Gelegenheitspartner, wobei der jetzt infizierte Mann ausschließlich die „aktive“ (eindringende) Rolle einnahm und keine Kondome benutzte.

Offenbar handelte es sich um eine multiresistente HIV-Variante

Bei einer Untersuchung Anfang Mai fiel ein HIV-Test der vierten Generation (Antikörper-und-p24-Antigen-Test) ebenso wie ein sogenannter NAT-Test reaktiv aus; diese „Nukleinsäure amplifizierenden Tests“ können HIV-Genmaterial direkt nachweisen.

Der konventionell zur Bestimmung der Viruslast eingesetzte RNA-Test hingegen war nicht reaktiv. Wiederholungstests nach zwei und fünf Wochen fielen dann zwar reaktiv aus, allerdings konnte keine Viruslast nachgewiesen werden – für eine frisch erworbene HIV-Infektion sei dies sehr ungewöhnlich, erklärte Howard Grossman laut aidsmap.com.

Durch eine Gen-Untersuchung konnte ausgeschlossen werden, dass sich der Mann bei seinem Lebensgefährten infiziert hat. Offenbar handelt es sich bei dem übertragenen HI-Virus um eine multiresistente Variante, gegen die auch die in Truvada enthaltenen Wirkstoffe Tenofovir und Emtricitabin wirkungslos sind.

Der jetzt infizierte Mann gibt an, Truvada 100-prozentig konsequent jeden Tag eingenommen zu haben; sein Partner bestätigt dies. Untersuchungen an Blut- und Haarproben sprechen für eine gute Therapietreue im April und Mai; Material oder objektive Daten für den Zeitraum mit den Risikokontakten dagegen gibt es nicht.

PrEP-Aktivist_innen wie J. D. Davids von TheBody.com warnen davor, die Schutzwirkung der PrEP grundsätzlich in Frage zu stellen. Zwei Fälle einer Infektion unter mittlerweile rund 100.000 PrE-Anwender_innen sei eine äußerst geringe Fehlerrate, betont er. „Die PrEP bleibt eines der effektivsten Werkzeuge zur HIV-Prävention, das wir jemals hatten“, so Grossmann weiter.

(ascho/hs)

Quellen/weitere Informationen

Second case of HIV infection on PrEP (Beitrag auf betablog.org vom 18.10.2016)

Second case report of PrEP failure due to drug-resistant virus (Beitrag auf aidsmap.vom vom 18.10.2016)

HIV-Infektion trotz PrEP: Interview mit „Joe“ (Beitrag auf aidshilfe.de vom 15. März 2016)