Sind Patienten mit ihrer Patientenakte überfordert?

Notfall! Ein Patient eilt zur Notaufnahme eines Krankenhauses. Der Arzt vor Ort möchte ihn behandeln, für die Vergabe einiger Medikamente und Behandlungsmethoden benötigt er aber Patienteninformationen über dessen medizinische Vergangenheit. Die müsste er sich derzeit von den verschiedenen Ärzten oder direkt vom Patienten einholen. Umständlich sagen die einen, datenschutzkonform die anderen. Zeit, über die digitale Patientenakte zu sprechen…

 

gesundheitshelden-eu_ patientenakte _qIst der Patient für jede Bemerkung des Arztes bereit?

Ärzte nehmen in Patientenakten ihre Befunde und zusätzliche Bemerkungen zu Patienten auf. Diese wiederum erfahren derzeit nur das, was der Arzt ihnen verrät. Wenn sich das ändert, wären alle Notizen sichtbar. „Sollte weniger rauchen.“, „Nimmt das Abnehmen nicht ernst.“ Würden alle Patientenakten digitalisiert, könnten Patienten solche Informationen ungefiltert einsehen. Kritiker werfen ein, dass dies die Menschen verängstigen oder verwirren könnte. Ein Testlauf in den USA bestätigte diese Befürchtung allerdings nicht.  Der Arzt würde vielmehr angehalten werden, Stellung zu nehmen, Fragen zu beantworten und mit einem kritischen Patienten umzugehen. Die Bearbeitung der Akte könnte von beiden Parteien geschehen. Die Aufnahme von Gesundheitsdaten (Puls, Körpergewicht, …) durch den Patienten stellen ergänzende Informationen für den Arzt dar, Informationen, die er sinnvoll einbeziehen kann.

Blicken wir in Länder, in denen die Patientenakte bereits digitalisiert wird. In Schweden etwa nehmen sowohl Patienten als auch Ärzte die neue Offenheit an. Wer seine Akte häufig einsehen möchte, kann dies tun, wer sich lieber nicht zu sehr damit beschäftigen möchte, lässt es bleiben. Ebenfalls ein positives Ergebnis liefern die USA mit mehrheitlich ehrlicheren Arzt-Patienten-Beziehungen. Auch die Befolgung der Therapiepläne ist statistisch betrachtet gestiegen (vgl. Zeit.de).

Fehlender Datenschutz – Eine Sorge der sorglosen?

Sobald es um digitale Datenverarbeitung geht, ist Datenschutz eine der wichtigsten zu erfüllenden Anforderungen. Da Gesundheitsinformationen vielfach als sehr brisante Informationen angesehen werden, ist das Thema auch hier allgegenwärtig. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass nur autorisierte Personen Zugriff erlangen.

Digitale Verschlüsselungsmethoden sind heutzutage schon weit entwickelt. Für das deutsche System ist beispielsweise die Verschlüsselung jeder einzelnen Patientenakte vorgesehen. Entschlüsseln könnten diese Daten ausschließlich von Patienten zugelassene heilberufsausweistragende Personen. Der Aufwand für Hacker wäre immens, doch natürlich bleibt ein Risiko (vgl. Zeit.de).

Ein akut erkrankter Patient hat allerdings meist ganz andere Sorgen. Die Vernetzung verschiedener Akteure über die digitale Patientenakte bringt hier entscheidende Vorteile. Diese reichen von lebensfördernden bis hin zu allgemeinen Erleichterungen. Die Kenntnis über Allergien beeinflussen gegebenenfalls die Medikamentenwahl, ein digitales Rezept kann nicht verloren gehen und der Hausarzt kann sich redundante Fragen und damit Zeit sparen, denn die ist eh schon knapp bemessen.

Wie geht’s in Deutschland weiter?

Das E-Health Gesetz wurde Ende letzten Jahres verabschiedet. Mit ihm wurden auch die Weichen für die digitale Patientenakte gestellt. Sie soll in drei Etappen eingeführt werden:

Der Medikationsplan – momentan noch analog – ist ab dem ersten Oktober Realität. In ihm werden Medikamente eingetragen, die ein Patient zu sich nimmt. Eintragen dürfen Apotheker und Hausärzte, Fachärzte und Kliniken bleiben erst einmal außen vor. Der Deutsche Apotheker Service hat den Medikationsplan in seinem Blog genauer betrachtet. Hier gelangt Ihr zum Artikel.

In zwei Jahren schließlich (2018) soll es eine erste Version der digitalen Patientenakte geben. Mit den wichtigsten Gesundheitsinformationen soll sie behandelnde Ärzte unterstützen. Patienten werden aber wohl selbst entscheiden dürfen, welche Daten gespeichert werden. Diese abgespeckte Form der digitalen Akte wird Ärzte im Zweifel dazu veranlassen, Untersuchungen lieber ein weiteres Mal durchzuführen. (Vgl. Zeit.de)

Eine vollständige digitale Akte erwarten wir gespannt für 2019.

Bild: Leipzig 9, Bildausschnitt; dierk schaefer; CC BY 2.0

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