Die AOK Bayern bekräftigt ihre Forderung, im Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen nicht nur eine Auswahl, sondern alle Krankheiten zu berücksichtigen. „Dies würde die Zielgenauigkeit des Morbi-RSA erhöhen“, so der Vorsitzende des Verwaltungsrats Ivor Parvanov anlässlich einer Veranstaltung der Krankenkasse in München. Der Präsident des Bundesversicherungsamtes Frank Plate bestätigte, dass es verwaltungstechnisch einfacher sei, alle Krankheiten zu berücksichtigen. Unverändert sei es das Ziel des Ausgleichs, die Ausgaben auf Versichertenseite genauer zu bestimmen und die Beitragsspanne zwischen den Kassen zu reduzieren. Insoweit sei der Morbi-RSA auch ein lernendes System. Am Beispiel der Beitragssätze ist nachvollziehbar, dass der Morbi-RSA erfolgreich arbeitet. Während die Beitragsspanne 2008 noch bei 5,2 Prozentpunkten lag, beträgt sie inzwischen nur noch 1,4 Prozentpunkte. Erst dadurch wird ein qualitätsorientierter Kassenwettbewerb möglich. Um die Manipulationsanfälligkeit des Systems weiter zu reduzieren, forderte Parvanov verbindliche Richtlinien für die Kodierung von Krankheiten im ambulanten Sektor.
„Je weniger Krankheiten berücksichtigt werden, desto höher ist die Unterdeckung bei hoher Morbidität“, sagte Prof. Dr. Jürgen Wasem vom Lehrstuhl für Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesversicherungsamtes zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs. Ein regionaler Faktor im Ausgleich sei konzeptionell eine große Herausforderung. Er setze neben komplexen Analysen auch Wertentscheidungen voraus. Als Beispiel führte der Experte an, dass am Ende Geld aus weniger gut versorgten Gebieten in überversorgte Regionen fließt und dadurch notwendige Strukturänderungen unterbleiben.
Prof. Dr. Klaus Jacobs vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (Wido) bezeichnete es als nächsten logischen Schritt in der Weiterentwicklung des Ausgleichs, die jetzige Begrenzung auf maximal 80 Krankheiten aufzuheben. Sie war ein politischer Kompromiss und von Anfang an nur als „gleitende Einführung“ gedacht. Jacobs betonte aber auch, dass nicht alle Probleme sich über Reformen des RSA lösen lassen: „Vielmehr bestünde die Gefahr, dass der RSA bei einer Überfrachtung in seiner zentralen Funktion beeinträchtigt würde, nämlich bei der Simulation risikoäquivalenter Beiträge.“ Der Experte forderte eine Forcierung des Vertragswettbewerbs, damit die Kassen im Wettbewerb noch wirksamer als heute auf die Qualität der Gesundheitsversorgung einwirken können.
Vor einer Reduzierung des Einkommensausgleichs warnte Matthias Jena, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Bayern und bayerischer DGB-Vorsitzender. Jede Verringerung würde einen starken Anreiz für Risikoselektion bieten und wäre eine Verletzung des Solidarprinzips. Jena forderte zudem eine Versachlichung der Debatte um die Weiterentwicklung des Morbi-RSA. Es dürfe nicht um kurzfristige finanzielle Vorteile für eine einzelne Kasse oder Kassenart gehen. Sinn und Zweck des Ausgleichs sei es vielmehr, eine solidarische Wettbewerbsordnung zu ermöglichen, bei der die Gesundheitsversorgung aller Versicherten im Mittelpunkt steht. In der Ablehnung von vermeintlichen Reformvorschlägen, die Kassen- oder Verbandsinteressen über das Versichertenwohl stellen, waren sich alle Redner einig.
Pressemitteilung der AOK Bayern
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