Alli in der Schweiz

Am Montag kommt eine Frau in die Apotheke und verlangt bei mir „Alli“.

Ach ja, wir haben Januar und Alli ist jetzt auch in der Schweiz erhältlich. Es handelt sich um Orlistat 60mg, also eigentlich um (ein halbes) Xenical rezeptfrei. Die Werbung sagt: „50% mehr abnehmen als mit Diät alleine!“

Ich schaue die Kundin an und sage: „Ist es für sie selbst? Denn wenn das so ist – ich kann es ihnen nicht geben. Sie haben niemals einen BMI von 28.“

Kundin: „Nein, es ist für meinen Vater.“

Pharmama: „Ah, ok. Sagen sie ihm bitte, dass er selbst in die Apotheke kommen muss, wenn er das will, ich kann es erst nach einer persönlichen Beratung abgeben.“

Kundin: „Das ist doch nicht wahr! Ich habe mich im Internet informiert und da steht es ist Liste C. Sie müssen es mir also geben!“

Pharmama: „Entschuldigung, aber so funktioniert das nicht. Die Abgabe ist an gewisse Bedingungen gebunden, die ich nur in einem persönlichen Gespräch klären kann.“

Kundin sauer und stürmt aus der Apotheke.

Oh, tut mir leid dass ich meinen Job ernst nehme!

Im letzten Herbst habe ich an einer Weiterbildung der Firma teilgenommen, bei der (neben viel Werbung) auch gezeigt wurde, an was für Bedingungen die Abgabe von Alli gebunden ist und auf was man achten muss.

Ein Apotheker muss ein Beratungsgespräch mit dem Kunden führen – analog wie bei der Pille danach.

Alli kann abgegeben werden an Personen die älter sind als 18 Jahre und einen BMI über 28 haben – das ist ziemlich hoch. In anderen Ländern ist es ab BMI 25 zugelassen, aber nicht so in der Schweiz. Ausserdem muss man natürlich abklären, ob andere Medikamente eingenommen werden, chronische Krankheiten bestehen und es muss eine Ernährungsberatung gemacht werden und mit dem Kunden einen Folgetermin vereinbart werden wie die Behandlung läuft.

Einzunehmen ist Alli übrigens vor jeder Mahlzeit –oder noch bis 1 Stunde nachher. Isst man nicht oder sehr fettreiches soll man keine Kapsel nehmen.

Der Grund dafür sind die häufig auftretenden Nebenwirkungen, die vor allem gastrointestinaler Natur sind (also im Magen und Darm). Vor allem fallen dabei auf:

Sehr häufig: Ölige Flecken, Flatus mit Stuhlabgang, Stuhldrang, fettiger öliger Stuhl, Abgang öligen Sekrets.

Häufig: Unterleibsschmerzen, Stuhlinkontinenz, flüssige Stühle, vermehrter Stuhlgang.

Das „Problem“ ist natürlich die Wirkungsweise vom Orlistat selbst. Es hemmt ein Enzym, das Fett spaltet. Das Fett das darum ungespalten bleibt (etwa 25% des aufgenommenen Fettes) kann nicht in den Körper aufgenommen werden und bleibt im Darm. Und genau darum muss man zu den Kapseln genau auf die Ernährung achten. Das Fett, eigentlich Öl, kann nämlich rauslecken (gibt Fettflecken in der Unterhose) oder verursacht Fettdurchfall – das kann man nicht „halten“ das geht oft in die Hose…

Darum die Ernährungsberatung und das Büchlein mit Rezepten , das an der Packung dranhängt…

Vielleicht lockern sie die Abgabebedingungen mit der Zeit, aber ich denke vor allem jetzt am Anfang ist es wichtig, dass wir das richtig machen mit der Information und der Beratung!

Übrigens ist der Name etwas unglücklich für in der Schweiz. „Alli“ heisst nämlich „Alle“ auf Schweizerdeutsch. – Und „Ich hätte gerne Alli“ kann dann schnell als „Ich hätte gerne alle…“ missverstanden werden.

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