AOK Baden-Württemberg fordert Medikamenten-Reserve, mehr Transparenz und Kontrollmechanismen

Für die AOK Baden-Württemberg geht die angesichts jüngster Lieferengpässe von Klinik-Arzneimitteln seitens der Ärzte vorgeschlagene nationale Medikamenten-Reserve in die richtige Richtung, aber nicht weit genug: „Eine Verpflichtung der Pharmaindustrie, deren Erfüllung nur sie selbst überprüfen kann, ist faktisch freiwillig – und das hat in diesem Markt noch nie funktioniert“, so der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann, am Donnerstag (27.04.2017) in Stuttgart. Wenn nicht gleichzeitig Transparenz in den Markt komme und sanktionierbare Kontrollmechanismen für die gesamte Lieferkette eingeführt würden, bliebe alles beim Alten.

„Lieferausfälle sind kein neues Phänomen. Seit jeher wird der Bedarf der ganzen Welt an patentgeschützten Wirkstoffen regelmäßig an nur einem Standort produziert. Auch im patentfreien Markt produzierte bis heute kaum ein deutscher Anbieter seinen Wirkstoff selbst. So kommt es, dass kritische Lieferengpässe wie etwa im Fall des Narkosemittels Remifentanil üblicherweise meist weltweite Dimensionen annehmen: In den USA, Neuseeland oder Australien ist das Mittel zum Beispiel bereits seit 2016 nicht verfügbar und wird es dort nach Einschätzung des Anbieters GlaxoSmithkline auch bis 2018 nicht sein. Deshalb ist eine nationale Reserve und eine sanktionierbare Meldepflicht der einzige Weg. Es ist notwendig zu wissen, welche Arzneimittelmengen sich überhaupt im Markt und dort insbesondere beim Hersteller befinden“, so Hermann.

Eine wichtige Kontrollfunktion muss nach Ansicht Hermanns das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ausüben. Nicht nur Pharmaunternehmen sollten Lieferprobleme verpflichtend melden – alle Akteure der Handelskette müssten ebenso verpflichtet werden dem Bundesinstitut als Trustcenter regelmäßig ihre Lagerbestände zu übermitteln.

Hermann: „Die Zeit der freiwilligen Meldungen muss für die Pharmalobby nach so vielen verschwiegenen Lieferausfällen endgültig vorbei sein.“ Anstelle des längst verspielten Vertrauensvorschusses müssten nun gesetzlich sanktionierbare Kontrollmechanismen her.

Aus einer jüngst vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapo-theker ADKA durchgeführte Umfrage bei Krankenhausapotheken mit einer Versorgungsrelevanz von über 30.000 Betten und damit über 6 Prozent der nationalen Krankenhauskapazitäten ging hervor, dass eine bedenkliche Anzahl versorgungskritischer Arzneimittel in Kliniken fehlen: Arzneimittel mit 280 verschiedenen Wirkstoffen sind nicht verfügbar gewesen, darunter 30, die die jeweilige Klinikapotheke als versorgungskritisch eingestuft hat. Lediglich acht der 30 Wirkstoffe haben die Hersteller an das BfArM gemeldet. „Auch hier sind fehlende Transparenz und mangelnde Kontrollmechanismen Ursache der Missstände gewesen“, so Kassenchef Hermann.

Pressemitteilung der AOK Baden-Wüttemberg

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