Medizin-Welle: Medizynicus ist Gesundheitsminister

Folgendes Rollenspiel: Medizynicus ist frisch gewählter Bundesgesundheitsminister (G.M.). Ich bin ein namhafter Vorsitzender eines namhaften Ärztevereins, der ihn zu einem Interview bittet. Das ganze findet in dieser dritten Folge auf Google Wave statt. (Welle #1, Welle #2)

ritter im kampf

Chefarzt: Herr Minister, ich als Ärztevertreter möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.

G.M.: Ja, schiessenselos.

Chefarzt: Herr Minister, Sie sind ja auch Arzt, daher glaube ich, Sie wissen wie wir Ärzte ticken. Stichwort Ärztemangel. Wie sollen diese mittlerweile großen Lücken gestopft werden?

G.M.: Wo sehen Sie einen Ärztemangel? Schaun Sie mal: Sie und ich, schon zwei Ärzte in einem Raum, wenn man das jetzt mal hochrechnet, so per Quadratmeter, dann kommt man auf gigantische Zahlen … also ich glaube nicht, dass es einen Ärztemangel gibt. Sehen Sie mal, in Burkina Faso oder Bangladesh, da gibts viel weniger Ärzte.

Chefarzt: Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht. Nun, die Verteilung müsste wahrscheinlich verbessert werden. Gibt es 2010 mehr Gelder für die niedergelassenen Ärzte?

G.M.: Also, wir machen das so. Wer freiwillig aufhören will, der soll aufhören. Und wer noch nicht aufhören will, für den gibts demnächst eine Abwrackprämie. Und wer dann immer noch nicht aufhören will, für den erfinden wir ein paar schöne neue Formulare und Budgetierungen. Und wer dann noch übrig bleibt, der kriegt etwas mehr Geld. Feine Sache, nicht?

Chefarzt: Auch hier muss ich Ihnen Recht geben. Sie sind aber auch ein schlauer Fuchs. Warum stoppen Sie eigentlich nicht den Gesundheitsfonds und die elektronische Krankheitskarte? Dies sind doch Relikte aus der alten Regierung.

G.M.: Der Gesundheitsfonds ist doch eine feine Sache. Wozu brauchen wir fünfhundert Krankenkassen? Wir warten einfach bis vierhundertneunundneunzig entweder pleite oder fusioniert sind. Dann hat sich das Thema Gesundheitsfond eh erledigt. Und was war noch Ihre zweite Frage?

G.M.: Ach ja, die Gesundheitskarte. Feine Sache. Wir wollen doch über unsere Bürger Bescheid wissen. Immer am Puls der Zeit sozusagen. Damit keiner mehr heimlich raucht und beim Lebensversicherungsantrag das Kreuzchen bei “Nichtraucher” macht um sich ein paar Euros zu sparen.

Chefarzt: Ich komme bereits zur letzten Frage. Haben Sie nicht Mitleid, wenn so viele Ärzte in den nächsten Jahren pleite gehen. Und die Altärzte, die sich ihre Golfclubkarten nicht mehr leisten können?

G.M.: Mitleid? Ja, das habe ich mit den armen Leuten in Burkina Faso und Bangladesh. Wir stehen schon in Verhandlungen mit den dortigen Regierungen. Die sind ganz heiss auf unsere Ärzte. Außerdem ist da das Klima viel wärmer, ist eh besser fürs Rheuma. Und die Golfclubkarten sind auch billiger.

Chefarzt: Herr Minister, ich danke Ihnen vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. Ich buche schon mal meinen nächsten Urlaub.

G.M.: Oh ja. Und für Ihre Patienten haben wir dann noch ein ganz besonderes Angebot. Nämlich eine zentrale Arzttermin-Hotline.

Chefarzt: Kostenpflichtig selbstverständlich?

G.M.: Nun ja, einen kleinen Unkostenbeitrag wird der Bürger wohl noch leisten müssen. Dafür kriegt er dann auch gesagt, wann und wo der nächste erreichbare Arzttermin in seiner Gegend frei ist. Das System ist übrigens schon Online. Wenn Sie es mal testen wollen …

Chefarzt: Ja, das ist aber modern. Ich kenne die schriftliche Variante bereits. Ich bin dabei. (Irgendwie habe ich das Gefühl der Minister nimmt mich nicht ernst)

Bild: Knights in Combat von jeff kubina auf flickr.com, unter einer Creative Commons-Lizenz


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Artikel von: Monsterdoc

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