Die Rechnung ohne die Pflege gemacht

(HAMBURG) In der vergangenen Woche hat das Institut für Immobilienwirtschaft Georg & Ottenströer mit einer Pressemitteilung scheinbar gute Perspektiven für Anleger im Immobilienmarkt verkündet: in den nächsten 15 Jahren werden ihren Berechnungen nach bis zu 400.000 zusätzliche stationäre Pflegeheimplätze und 3.400 neue Pflegeheime benötigt. Diese Perspektive ist aus einem traditionellen Verständnis der pflegerischen Versorgung entstanden, doch ist es weder gesellschaftlich gewollt noch liegt darin eine realistische Perspektive – Georg & Ottenströer haben ihre Rechnung ohne die Pflege gemacht! Ihre in vielen Einzelaspekten differenzierte Analyse wird so nicht aufgehen kann: sie haben schlichtweg übersehen, dass das Pflegepersonal für stationäre Altenpflegeeinrichtungen nicht vorhanden sein wird.

Georg & Ottenströer sehen die Ursache für den erhöhten Bedarf an Pflegeheimplätzen in der demographischen Entwicklung, vergessen jedoch dabei, dass sich genau deshalb die Zahl der Pflegekräfte umgekehrt proportional zum Bedarf entwickeln wird. Eine Prognose aus England zeigt eine erschreckende Tendenz, die sich durchaus auf Deutschland übertragen lässt: Bis 2020 wäre die Lücke so groß, dass jeder 4. Schulabgänger einen Pflegeberuf erlernen müsse, um diese zu schließen. Selbst wenn also der Pflegebedarf steigt, heißt das nicht gleichzeitig, dass mehr Heimplätze benötigt werden. Vielmehr heißt es, dass man in Strukturen investieren muss, die die pflegerische Versorgung auch in Zukunft sicherstellen. Die politisch proklamierte Maxime „ambulant vor stationär“ greift zusehends, das wir z.B. in der Evaluation des Landespflegegesetzes NRW bestätigt.

Zugegeben, Immobilien lassen sich besser verkaufen als Bildung oder Nachbarschaftsprogramme. Doch sehen wir uns hier als Vertreter der professionell Pflegenden in der Verantwortung, den potentiellen Anleger aufzuklären: die Investition alleine in Bettenburgen hilft niemandem, am wenigsten dem Anleger. Schon heute sind die stationären Altenpflegeeinrichtungen nicht ausgelastet – Pflegekräfte hingegen werden bereits jetzt vergeblich gesucht.

Die Wertschöpfung aus der Immobilie ergibt sich direkt aus der Pflege. Hier gilt es zu investieren. Wir arbeiten durch Forschung in der Pflegewissenschaft und durch hochqualifizierte Studiengänge und Aus- und Weiterbildungen daran, auch künftig eine pflegerische Versorgung sicherzustellen. Weder Länder noch Träger von Pflegeeinrichtungen zeigen hier ein ausreichendes Engagement.

Wenn Sie also Ihr Geld gewinnbringend in eine Pflegeimmobilie investieren wollen, unterstützen Sie zeitgleich den Ausbau der Pflegeberufe! Wir wollen dafür sorgen, dass auch in Zukunft eine bedürfnisorientierte pflegerische Versorgung sichergestellt wird. Wir in der Pflege erleben die tagtäglichen Herausforderungen hautnah, daher sind wir es, die über die Expertise zur weiteren Entwicklung der Versorgungsstrukturen verfügen. Unterstützen Sie Universitäten und Hochschulen, an denen diese Expertise weiterentwickelt und Pflegende nachhaltig qualifiziert werden. (SJ)

Siehe dazu auch eine Stellungnahme des DBfK zum Personalmangel in der Pflege.

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