Viele Pflegeheime und ambulante Pflegedienste erfüllen die Anforderungen an eine gute Pflege. Aber es gibt weiterhin Verbesserungsbedarf. Das ist das Ergebnis des 5. MDS-Pflege-Qualitätsberichts, der heute vom GKV-Spitzenverband und vom Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) in Berlin vorgestellt wurde. Mängel in der Heimversorgung gibt es bei der Schmerzerfassung und der Wundversorgung sowie in der ambulanten Pflege bei der Intensivpflege und der Beratung der Pflegebedürftigen. Leichte Verbesserungen sind bei der Dekubitusprophylaxe und bei freiheitsentziehenden Maßnahmen zu verzeichnen. Erstmals werden Ergebnisse aus den Abrechnungsprüfungen in der ambulanten Pflege veröffentlicht.
Grundlage des Berichts sind Daten aus über 26.000 Qualitätsprüfungen, die im Jahr 2016 in Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten durch den MDK (Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) stattgefunden haben. Die MDK-Prüferinnen und Prüfer untersuchten dabei die Versorgungsqualität bei 175.000 pflegebedürftigen Menschen. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Pflege in Deutschland.
„Auch wenn noch Einiges zu tun ist, entwickelt sich die Pflegequalität doch insgesamt in die richtige Richtung. Zwei zentrale Baustellen haben wir jedoch noch darüber hinaus: Die Bedingungen für die Pflegekräfte müssen besser werden, damit sich mehr Menschen auch dauerhaft für diesen Beruf entscheiden. Denn neben allen Qualitätskriterien sind die Menschen der Schlüssel für gute Pflege. Ein zweites wichtiges Anliegen ist die Stärkung der Transparenz über die Pflegequalität. Derzeit arbeitet die Wissenschaft an einem neuen System und wir erwarten, dass wir Ende dieses Jahres mit der Umsetzung beginnen können. Schlechte Qualität soll sich, anders, als es bei den Pflegenoten möglich war, nicht mehr verstecken können“, sagt Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes.
„Die Berichtsergebnisse zur Versorgungsqualität zeigen, dass weitere Verbesserungen notwendig sind. Zum Beispiel bei der Schmerzerfassung – wenn diese nicht systematisch erfolgt, dann können Medikamentengaben nicht angepasst werden. Oder Beispiel Wundversorgung – bei jedem vierten Pflegebedürftigen ist sie nicht nach dem aktuellen Wissensstand erfolgt“, erläutert Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS. Es besteht sowohl bei der Personalausstattung als auch bei der Umsetzung des fachlich Gebotenen Handlungsbedarf. „Der Bericht belegt aber dennoch, dass die Mehrheit der Pflegebedürftigen entsprechend der Anforderungen an eine gute Pflege versorgt wird.“ Um die Pflegequalität weiter zu sichern und auszubauen, sind nach wie vor externe Qualitätsprüfungen mit professioneller Beratung unverzichtbar.
Jürgen Brüggemann, Teamleiter Pflege beim MDS, der den 5. MDS-Pflege-Qualitätsbericht mit einem Autorenteam verfasst hat, stellte erste Ergebnisse aus den Abrechnungsprüfungen in der ambulanten Pflege vor, die seit Oktober 2016 Bestandteil der MDK-Prüfungen sind. Dabei prüfen die MDK, ob Leistungen, die Pflegedienste den Pflegekassen in Rechnung stellten, auch wie vereinbart bei den Pflegebedürftigen angekommen sind. Geprüft wurden Abrechnungen von Leistungen für rund 6.000 Pflegebedürftige. „Bei gut einem Drittel (35,2%) der Pflegedienste stellten die Prüfer mindestens eine Auffälligkeit in den Abrechnungen fest, bei fast sieben Prozent der Pflegedienste haben die Prüfer gehäuft (6 und mehr) Auffälligkeiten in der Abrechnung erkannt“, erläutert Brüggemann. Die Bandbreite reicht dabei von Unstimmigkeiten zwischen der Pflegedokumentation und Auskünften der Pflegebedürftigen bis hin zu Leistungen, die in Rechnung gestellt, aber nicht oder unvollständig erbracht worden sind. Gibt es Hinweise auf solche Auffälligkeiten, so informiert der MDK die Pflegekassen, die dann Maßnahmen bis hin zu Rückerstattungen und Vertragskündigungen ergreifen können. 64,8 Prozent der geprüften Pflegedienste wiesen keine Auffälligkeiten auf.
Zusammenfassend stellt Brüggemann fest: „Die meisten Pflegedienste arbeiten gut und zuverlässig und rechnen ordentlich ab. Ein Teil der Dienste zeigt aber gehäuft Auffälligkeiten bei der Abrechnung. Bei diesen Diensten muss genauer nachgeschaut werden.“
Zentrale epidemiologische Daten für die stationäre Pflege
70,7 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner hatten eine gerontopsychiatrische Einschränkung wie Demenz (2013: 63,8 Prozent). 77,5 Prozent der Bewohner brauchten eine Inkontinenzversorgung (2013: 76,9 Prozent); 37,8 Prozent hatten chronische Schmerzen (2013: 35 Prozent). Bei 8,7 Prozent der untersuchten Personen gab es einen erheblichen Gewichtsverlust (2013: 7,6 Prozent). Bei 24,9 Prozent wurde der Gewichtsverlauf nicht kontrolliert (2013: 10,6 Prozent).
Die Versorgungsqualität in der stationären Pflege
Die MDK-Gutachter untersuchten bei einer Zufallsstichprobe von Bewohnern den Versorgungszustand und die Pflegemaßnahmen. Veränderungen gab es im Vergleich zum 4. Pflege-Qualitätsbericht in folgenden Bereichen:
Schmerzmanagement und -erfassung
Während die Schmerztherapie in den Verantwortungsbereich der behandelnden Ärzte fällt, gehört die Schmerzerfassung in die Zuständigkeit der Pflege. Die Schmerzerfassung liefert wichtige Informationen zur Steuerung der Schmerztherapie. Bei 37,1 Prozent der Bewohner war eine Schmerzerfassung notwendig, erfolgt ist sie bei 82,1 Prozent der Betroffenen (80,3 Prozent). Bei 17,9 Prozent der Betroffenen erfolgte weiterhin keine Schmerzeinschätzung.
Wundversorgung
Bei 6 Prozent der Bewohner war eine Wundversorgung erforderlich. Bei 75,6 Prozent dieser Personen, erfolgte sie nach aktuellem Wissenstand. Bei 24,4 Prozent wurden Maßnahmen wie Druckentlastung und hygienische Anforderungen nicht im erforderlichen Maße umgesetzt. Hier ist eine deutliche Verschlechterung im Vergleich zum 4. Pflege-Qualitätsbericht (79 Prozent) zu verzeichnen.
Dekubitusprophylaxe
43,7 Prozent der Heimbewohner hatten ein Dekubitus-Risiko. Bei 80,7 Prozent wandte das Pflegepersonal Prophylaxen wie Lagerungswechsel an und setzte Hilfsmittel ein. Das ist eine Verbesserung im Vergleich zu 2013 – die erforderlichen Prophylaxen wurden damals bei 75,6 Prozent umgesetzt. Gleichwohl ist noch kein zufriedenstellendes Niveau erreicht.
Freiheitseinschränkende Maßnahmen
Der Anteil der Bewohner, bei denen freiheitseinschränkende Maßnahmen wie Bettgitter oder Gurte eingesetzt wurden, ist seit dem letzten Pflegequalitätsbericht von 12,5 Prozent auf 8,9 Prozent zurückgegangen – ebenfalls ein Fortschritt. Nicht zuletzt durch die Beratung der MDK-Prüfer werden inzwischen häufiger Alternativen zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen eingesetzt, zum Beispiel Matratzen auf dem Boden oder Sensormatten zum Schutz vor Stürzen. Ziel muss aber sein, freiheitseinschränkende Maßnahmen weiter zurückzuführen. Gute Einrichtungen kommen heute weitgehend ohne freiheitseinschränkende Maßnahmen aus.
Zentrale epidemiologische Daten für die ambulante Versorgung
31,2 Prozent der Pflegebedürftigen in häuslicher Umgebung waren in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt (2013: 29,9 Prozent). 43,5 Prozent hatten chronische Schmerzen (2013: 38,8 Prozent). 2,9 Prozent der Pflegebedürftigen litten an einem Dekubitus (2013: 3,2 Prozent).
Qualität in der ambulanten Pflege
Bei der ambulanten Pflege kann nur die Qualität der Leistungen bewertet werden, für die der Pflegebedürftige einen Vertrag mit dem ambulanten Pflegedienst abgeschlossen hat. Eine sorgfältige pflegerische Bestandsaufnahme und die Beratung des Betroffenen zum Umgang mit Risiken und über erforderliche Maßnahmen sind deshalb entscheidend.
Beratung bei Demenz
77,4 Prozent der Betroffenen wurden zu Maßnahmen bei Demenz beraten. Dazu gehören zum Beispiel Hinweise zum Umgang mit Selbstgefährdung, Beschäftigungsmöglichkeiten, Tagesstrukturierung und ähnliches. Dies ist eine Verbesserung zum vergangenen Berichtszeitraum (2013: 66,3 Prozent). Ein Fortschritt der Pflegereform für die pflegebedürftigen Menschen ist, dass inzwischen Betreuungsmaßnahmen gleichberechtigt neben körperbezogenen Pflegemaßnahmen als ambulante Sachleistungen durch ambulante Pflegedienste erbracht werden können.
Beratung bei eingeschränkter Kontinenz / Ausscheidungen
43,7 Prozent der Pflegebedürftigen benötigten Beratung zum Umgang mit Ausscheidungen wie zum Beispiel Unterstützung beim Toilettengang, Einsatz von Hilfsmitteln wie Inkontinenzprodukte. Die Beratung ist bei 80,9 Prozent erfolgt (2013: 72,5 Prozent).
Außerklinische Intensivpflege
Bei 1,1 Prozent der Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld war eine Beatmung erforderlich. Die MDK-Prüfer sahen sich an, ob die Bedienung und Überwachung des Beatmungsgeräts sachgerecht war. Bei der Bewertung wird geprüft, ob Vitalparameter und Schwellenwerte dokumentiert sind und Wechsel- und Reinigungsintervalle eingehalten werden. Bei 75,3 Prozent der Betroffenen war dieses Kriterium erfüllt (2013: 83,1 Prozent). Aber bei jedem Vierten erfüllten die Dienste diese wichtigen Maßnahmen nicht.
2,1 Prozent der Pflegebedürftigen benötigten eine Trachealkanüle in der Luftröhre. Die MDK-Prüfer überprüften Wechsel und Reinigung der Kanüle. Bei 83,3 Prozent (2013: 84,1 Prozent) erfolgte dies sachgerecht. Hier besteht deutlicher Verbesserungsbedarf.
Abrechnungsprüfungen
Seit Oktober 2016 sind Abrechnungsprüfungen verpflichtender Bestandteil der jährlichen Qualitätsprüfung von ambulanten Pflegediensten. Im 5. Pflege-Qualitätsbericht wurden dazu die Daten aus 1.138 Prüfungen ausgewertet. Dabei überprüften die MDK-Mitarbeiter die in Rechnung gestellten Leistungen bei 6.079 Pflegebedürftigen. Bei 35,2 Prozent der geprüften Pflegedienste stellten die MDK-Prüfer mindestens eine Auffälligkeit fest. 64,8 Prozent der Pflegedienste wiesen keine Auffälligkeiten auf.
Grundlagen des 5. MDS-Pflege-Qualitätsberichts
Die MDK-Prüfungen finden in ambulanten und stationären Einrichtungen in der Regel einmal jährlich statt. Heimprüfungen erfolgen unangemeldet, Regelprüfungen ambulanter Pflegedienste werden am Tag zuvor angekündigt. Darüber hinaus kann der MDK bei Beschwerden auch anlassbezogen prüfen und Wiederholungsprüfungen durchführen. Anlassprüfungen erfolgen auch bei ambulanten Pflegediensten unangemeldet. Für den vorliegenden Bericht wurden Qualitätsprüfungen in 13.304 Pflegeheimen und in 12.810 ambulanten Pflegediensten des Jahres 2016 ausgewertet. Der Schwerpunkt der Prüfung lag auf der Bewertung der Versorgungsqualität bei den pflegebedürftigen Menschen. Dazu werden pflegebedürftige Menschen in einer Stichprobe in Augenschein genommen. Ergebnisse der Qualitätsprüfungen werden alle drei Jahre vom MDS ausgewertet und veröffentlicht. Gesetzliche Grundlage dafür ist § 114a Abs. 6 SGB XI.
Gemeinsame Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes und des Medizinischen Dienstes des GKV-Spitzenverbandes (MDS)
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