„Schön wär’s“

Vitos Leitbild

Leitbildinterview mit Kathrin Stein

Kathrin Stein arbeitet als Sozialarbeiterin bei den Vitos begleitenden psychiatrischen Diensten Herborn.

Was war Ihr erster Eindruck, als sie das Vitos Leitbild gelesen haben?

Als ich per Post den Flyer mit den Vitos Werten nach Hause bekommen habe, war ich zuerst über diesen Aufwand (die Portokosten, den teuren Druck …) etwas verärgert. Ich arbeite in einem Bereich, in dem das Thema Wirtschaftlichkeit eine große Rolle spielt. Wir stecken sehr viel Energie in die Frage, wie wir bessere betriebliche Ergebnisse erreichen können. Und dann bekomme ich solche Post. Pflichtbewusst habe ich dann auch alles gelesen. In manchen Passagen fand ich meine Arbeit ganz gut beschrieben. Bei den meisten anderen Textstellen dachte ich jedoch nur „schön wär´s“. Ähnlich ging es mir zuerst mit den Formulierungen des neuen Leitbildes. Die haben mir schon gefallen und ein Leitbild ist sicherlich etwas, das ein Konzern wie Vitos für die Öffentlichkeitsarbeit und Ähnliches braucht, aber bitte, was soll ich nun damit?

Welche Rolle spielt das Leitbild – alles nur schöne Worte oder doch mehr?

Nachdem ich mich dann näher mit dem Leitbild beschäftigte, merkte ich, dass ich sehr viele von meinen persönlichen Überzeugungen darin wiederfinden kann. Gegenseitiger Respekt und Vertrauen sind sehr wichtig für mich. Für meine Arbeit bedeutet das, dass ich unseren Klienten offen und wertschätzend entgegentrete. Und genau das finde ich so im Leitbild wieder. Dort steht sogar unter dem Punkt „unsere Haltung“ dann noch weiter, dass wir jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit annehmen und ihm dabei helfen, Ziele zu entwickeln und zu erreichen. „Ja, genau das will ich!“ – Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Manchmal ist es aber schwer, das umzusetzen. Zum Beispiel, wenn ein Klient an seinen alten Verhaltensmustern festhält oder er sich nicht verändern kann. Auch meinen Kollegen, den Angehörigen oder unseren Kooperationspartnern möchte ich mit dieser Offenheit und Zuwendung begegnen, auch wenn es gerade stressig ist oder mein Gegenüber meine Meinung nicht teilt.

Was versprechen Sie sich vom Leitbild?

Das Leitbild ist für mich eine idealistische Beschreibung meiner Arbeit. Ich verspreche mir von der Beschäftigung mit dem Leitbild eine Annäherung an dieses Bild. Bei Fragen oder in problematischen Situationen kann es eine Richtung anzeigen.

Wie soll das Leitbild gelebt werden?

In meiner Vorstellung sollte das neue Leitbild nicht nur ein schönes Bild an der Wand sein. Um es im Alltag nicht aus den Augen zu verlieren, wünsche ich mir den Austausch mit meinen Kollegen über die Ziele und Werte, die dem Leitbild zugrunde liegen. Diesen Dialog über die Inhalte finde ich ganz besonders wichtig. So könnte beispielsweise bei einer Fallbesprechung das Leitbild einmal dazu genommen werden, um zu sehen, inwieweit die in der Besprechung entwickelten Ideen mit dem Leitbild übereinstimmen. Aber auch die Betrachtung alltäglicher Situationen aus der Sicht des Leitbildes kann vielleicht zu mehr Sicherheit führen.

Wirkt das Leitbild auch auf Kollegenebene?

Ja. Wir als Mitarbeiter und Kollegen sind ja im Leitbild auch ganz direkt angesprochen. Ich denke, dass wir über den Austausch mehr voneinander erfahren können. Wir können darüber mehr Verständnis füreinander entwickeln und es kann ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen.

Die Arbeit an einem Leitbild kann niemals so ganz abgeschlossen sein. Man sollte es immer mal wieder überprüfen und gegebenenfalls korrigieren.

Ich finde es sehr bemerkenswert, wie wichtig und wie ernst unsere Unternehmensführung unser neues Leitbild und die Arbeit daran und damit nimmt. Es sollen nicht bloß leere Worte sein, die ganz nett klingen und irgendwo auf den Firmenseiten zu finden sind. An der Entwicklung unseres Leitbilds haben einige unserer Kollegen hart gearbeitet. Sie haben sich viele Gedanken gemacht. Sie haben darum gerungen, die richtigen Worte dafür zu finden, was uns wichtig ist und wie wir unsere Arbeit gerne machen wollen. Das Leitbild nimmt in unserem Unternehmen und bei unseren obersten Führungskräften eine wichtige Rolle ein. Das zeigt mir, dass auch die, die mir manchmal so fern scheinen, mit mir gemeinsam daran arbeiten wollen. Und, dass auch sie sich an den im Leitbild formulierten Grundsätzen messen lassen wollen.

Das Gespräch führte Tina Brenneisen.

Foto: Vitos