Lasst mich heim!

“Schickt mich nach Hause!” krächzt Herr Wanzengruber.
Das Kennen wir doch!
Kurzer Blick in die Akte, alles in Ordnung. Aber ich bin nicht ganz bei der Sache. Dieser Kerl ist mir unsympathisch! Außerdem stinkt’s in dem Zimmer nach Urin. Ursache ist eine Bettflasche, deren Inhalt sich über den Fußboden entleert hat. Anna nimmt das Ding mit spitzen Fingern aus der Halterung.
“Schaun wir mal!” sage ich, klappe die Akte wieder zu und gehe raus.
„Warum können wir den nicht entlassen?“ fragt Sarah.
„Weil der zu Hause niemanden hat!“
“Er lebt allein,” berichtet Schwester Gaby, “allerdings gibt es eine Putzfrau. Die kocht auch für ihn und schaut nach dem Rechten, so gut sie kann…”
Ja, die hat ihn gestern besucht, die gute Frau Wusziliewski. Eine echte Seele von Mensch. Die Schwestern haben sie gleich mal zur Seite genommen und ihr im Dienstzimmer eine Tasse Kaffee in die Hand gedrückt und da hat sie angefangen zu erzählen.
Dass der Herr Wanzengruber immer so herum schimpft Was sie sich da alles anhören muss! “Dreckige Polackenbraut” gehört noch zu den harmlosesten Ausdrücken. Und dass er ihr immer weniger bezahlt als vereinbart weil angeblich irgendwas nicht richtig sei. Aber ihr geht es ja gar nicht so sehr ums Geld, der alte Mann tut ihr einfach leid. Ob man da nichts machen kann?
“Gibt’s sonst keine Angehörigen?”
„Angeblich hat Herr Wanzengruber einen Sohn.“
„Aber?“
„Seit Jahren kein Kontakt. Wohnt auch ziemlich weit weg, der Sohn!“
„Könnte man trotzdem mal kontaktieren!“
„Werden wir versuchen.“
„Und Pflegeüberleitung?“
„Hatten wir doch schon alles.“
„Aber?“
„Will er alles nicht. Er ist halt stur und eigensinnig.“
Und genau deswegen werden wir ihn früher oder später doch entlassen und dass er wieder kommen wird, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

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