Bundesweit erstes Verfahren gegen die eCard

SOLINGEN – „Die Justiz hat der Politik immer mal wieder den richtigen Weg weisen müssen; es wäre wünschenswert, dass dies auch im Fall der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) geschieht.“ Am Vortag des bundesweit ersten Verfahrens gegen die elektronische Gesundheitskarte vor dem Sozialgericht Düsseldorf verdeutlichte Martin Grauduszus, Präsident der ‚Freien Ärzteschaft’ (FÄ), in Solingen, noch einmal die schwerwiegenden Bedenken von Ärzten, Patienten, Datenschützern und Bürgerrechtlern gegen die eCard.

Solingen ist Standort der beklagten „Bergischen Krankenkasse“, Kläger ist ein Mitglied dieser Kasse aus Wuppertal.

Die neue Versichertenkarte werde, so der FÄ-Präsident, „der Zugangsschlüssel für ein zentrales Datennetz, in dem nach den Planungen von Politik und Krankenkassen sensible Krankheitsdaten aller Patienten gespeichert werden sollen.“ Dieses Projekt öffne dem Datenmissbrauch Tür und Tor und hebele die ärztliche Schweigepflicht aus: „Das hohe Gut der absoluten Vertraulichkeit im Verhältnis von Patient und Arzt wird unwiederbringlich zerstört.“

Die Krankheits- und Behandlungsdaten des Patienten dürften nur beim Arzt seines Vertrauens gespeichert werden „und eben nicht auf den geplanten externen zentralen Servern, auf die sich letztlich auch Unbefugte nur allzu leicht Zugriff verschaffen können.“

Das habe, kritisierte Grauduszus, im Bundestagswahlkampf auch die FDP so gesehen und die eCard abgelehnt: „Kaum jedoch in der Regierungsverantwortung, wird das Projekt weiter verfolgt – obwohl unter anderem schon allein die verpflichtenden technischen Probeläufe in sieben Testregionen – darunter die Region Bochum/Essen – entweder bereits gescheitert oder noch gar nicht durchgeführt worden sind.“ Hier sei Bundesgesundheitsminister Rösler gefordert, sich auf FDP-Positionen vor der Wahl zu besinnen und das Projekt unverzüglich zu stoppen: „Vielleicht kann hier ein entsprechender Hinweis von Gerichtsseite ja hilfreich sein!“

Bundesweit erstes Verfahren gegen die eCard
Ziel ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes

Das Projekt „elektronische Gesundheitskarte“ ist seit Jahren umstritten und wird von Bürgerrechtlern, Datenschützern, Ärzten und Patienten wegen der Pläne zur zentralen Datenspeicherung von sensiblen Krankheitsdaten scharf kritisiert.

Trotz dieser bundesweiten Kritik, trotz katastrophaler Testergebnisse in sieben Testregionen – darunter in der Region Bochum/Essen – und trotz mehrerer ablehnender Beschlüsse auf „Deutschen Ärztetagen“ wird der „Rollout“ der neuen Karten in der Region Nordrhein fortgesetzt.

Ein Versicherter der „Bergischen Krankenkasse“ wurde Anfang 2009 aufgefordert, für diese neue Versichertenkarte ein Passfoto einzuschicken. Er weigerte sich und erklärte, er sei nicht bereit, die neue Chipkarte zu benutzen.

In seiner Klage beruft sich der Versicherte auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, geschützt durch Artikel 2 des Grundgesetzes; seine Behandlungsdaten dürften nur beim Arzt seines Vertrauens gespeichert werden.

Der Versicherte verlangt, dass das Sozialgericht Düsseldorf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nach Artikel 100 des Grundgesetzes einholt. („Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, (….), wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.“)

Der Versicherte wird durch den Hamburger Rechtsanwalt Jan Kuhlmann vertreten, der für die Klage gute Chancen sieht: „Das Bundesverfassungsgericht hat Argumente gegen die Gesundheitskarte und die EDV-Erfassung der Behandlungsdaten schon zwei Mal als durchaus erwägenswert bezeichnet.“ Die bisherigen Kläger wären aber nie „direkt beschwert“ gewesen, da die konkrete Umsetzung noch ausstand.

Auch das kürzlich ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gegen die Vorratsdatenspeicherung von Telefondaten stärke die Rechte der Betroffenen und zeige, dass das Projekt „elektronische Gesundheitskarte“ nicht mehr zeitgemäß ist und eingestellt werden sollte.

Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, 0173-6017351

Freie-Aerzteschaft.de [ Freie Ärzteschaft->Aktuell->25.08.2010, Pressemitteilung, Grauduszus: „Das Projekt staatlicher Datengier endgültig stoppen“ ]

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *