Oberarzt Biestig ist nicht unbedingt leicht zu erreichen. Das ist immer so bei dem.
„Er steht gerade am Tisch!“ sagt die OP-Schwester.
„Können Sie ihm vielleicht etwas ausrichten?“
„Moment mal…“
Im Hintergrund höre ich Klappern, Schritte, gedämpfte Stimmen und dann wieder Schritte.
„Der Herr Oberarzt sagt, nur wenn es dringend ist…“
„Es geht um einen Patienten mit Dickdarm-Karzinom…“
„Moment mal!“
Erneut Klappern, Schritte, Stimmen, Schritte.
„Der Herr Oberarzt sagt, Sie sollen einen Konsilzettel rausschreiben, er schaut sich den Patienten dann an, wenn er Zeit hat!“
„Und wann ungefähr wird das sein?“
„Heute und morgen sicher nicht mehr.“
„Äh… wirklich nicht? Wäre aber doch eher dringend!“
Abermals Klapperklapper, Tapptapptapp, nuschelnuschel, Tapptapptapp.
„Sie sollen den Bückling anrufen!“
Und damit legt sie auf. Und mir rutscht das Herz eine Etage tiefer in die Hose. Martin Bückling ist zwar Chirurg, aber bekannterweise nicht unbedingt ein Musterbeispiel an Kollegialität.
Eine Sekunde lang zögere ich, dann wähle ich seine Nummer.
„Ja?“
„Du sollst Dir einen Patienten von uns ansehen!“
„Wer sagt das?“
„Dein Oberarzt.“
„Warum spricht er nicht selbst mit mir?“
„Weil er im OP steht.“
„Geht’s um eine Übernahme?“
„Vielleicht…“
Das hätte ich nicht sagen dürfen!
„Diagnostik abgeschlossen?“
„Läuft noch.“
„Warum sollen wir ihn dann übernehmen, wenn Ihr noch gar nicht wisst, ob’s überhaupt was zu operieren gibt?“
Weil, verdammt nochmal, Ihr Chirurgen entscheiden sollt ob und wann ihr den armen Kerl unters Messer nehmt!
„Weil… weil unser Chef sagt, dass es dringend ist!“
Das zieht besser bei einem wie Martin. Der seufzt hörbar durchs Telefon.
„Schreib einen Konsilzettel und leg ihn mit Kopien von allen wichtigen Befunden in mein Fach!“
Wird gemacht, Chef! Trotzdem brauchst Du Dich nicht so aufzuplustern, Du Idiot!