Geld ist nicht alles

Ein bisher absolut ruhiger Spätsommer-Sonntag für Sunny. Von daher hatte sie sich mit ihren Kollegen entschlossen, mittags für alle zu kochen. Die Ruhe aber war natürlich absolut trügerisch. Nur Millisekunden, nachdem das Essen endlich auf dem Tisch stand, ging der Melder. “Suizid durch Erhängen”, zusammen mit einem der RTH in einem der Nobel-Vororte der Großstadt. Genauer Einsatzort war ein Waldstück am Rand des Vororts. Mittels der Rettungskarte Forst war die Einsatzstelle schnell gefunden.

Ein Rentner-Ehepaar hatte den Erhängten beim mittäglichen Spaziergang am Waldrand gefunden und ihn auch bereits abgeschnitten. Vitalzeichen waren keine mehr vorhanden und es bildeten sich bereits die ersten Totenflecken. Da auch niemand genau sagen konnte, wie lange er da wohl schon hing, entschied man sich, nicht mehr mit der Wiederbelebung zu beginnen. Es wurde eine Nulllinie geschrieben und die Polizei verständigt.

Natürlich hatten das Sondersignal und der RTH in der sonntäglichen Mittagsruhe für Aufmerksamkeit gesorgt und so fanden sich bald die ersten Schaulustigen ein. Einer der ersten Anwohner vor Ort war ein junger Mann, der eine Vermutung hinsichtlich der Identität des Erhängten hatte. Die Frau seines besten Freundes war erst vor einigen Wochen an Krebs gestorben, was dem Freund wohl sehr zu schaffen gemacht hatte. Als er dann den Hubschrauber gehört hatte, der dann auch noch an der normalen Spazierstrecke seines Freundes landete, hatte er direkt eine böse Ahnung gehabt und war zur Einsatzstelle gekommen. Leider bewahrheitete sich dann auch sein Verdacht und Sunny musste mit den Tränen kämpfen, als der Mann in Tränen ausbrach.

Der Umgang mit Angehörigen von Verstorbenen, besonders wenn es sich um Selbsttötung handelte, war ihr noch nie leicht gefallen und sie war dann auch recht schnell mit ihrem Latein am Ende. Ihre Ausbildung war jetzt schon einige Zeit her und der Umgang mit Tot etc war damals auch nur minimal behandelt worden. Von daher fehlten ihr auch einfach Wissen und Erfahrung, um adäquat mit der Situation umzugehen. Leider war das aber noch nicht alles. Mit der Zeit fanden sich noch der Schwiegervater des Verstorbenen sowie weitere Freunde ein, die alle völlig geschockt und mit den Nerven am Ende waren. Absolut niemand hatte wohl geahnt, dass der Verstorbene so weit gehen würde. Sunny, ihr Kollege und die Besatzung des RTH versuchten ihr möglichstes, um die Anwesenden bestmöglichst zu betreuen. Zusätzlich wurde noch die Notfallnachsorge alarmiert.

Als die eingetroffene Polizei alle Daten aufgenommen hatte und die Kripo eingetroffen war, wollten die Polizisten dann unbedingt die Eltern des Verstorbenen informieren, ohne noch länger auf die Notfallnachsorge zu warten. So kam es, was kommen musste. Keine 10 Minuten später klingelte Sunnys Diensthandy. Sie wurde von der Leitstelle informiert, dass die Polizisten um Unterstützung des Rettungsdienstes gebeten hätten, da die Mutter des Verstorbenen einen Nervenzusammebruch erlitten hätte. Also fuhren Sunny und ihr Kollege zum Elternhaus, welches sich nur 2 Minuten entfernt befand, direkt gegenüber des Hauses des Verstorbenen. Und Sunny staunte nicht schlecht. Beide Häuser waren absolute Nobelvillen. Dies war auch eigentlich nicht anders zu erwarten, da der Verstorbene durch seine Firma recht vermögend gewesen war. Aber was nutzte einem das ganze Geld, wenn man mit Schicksalsschlägen zu kämpfen hatte? Die Eltern hatten sich mittlerweile wieder etwas beruhigt und wurden daher wenig später in die Hände der Notfallnachsorge übergeben.

Noch Stunden später diskutierte Sunny mit ihren Kollegen über diesen Einsatz, um das Gesehene zu verarbeiten. Für den Verstorbenen war zwar jede Hilfe zu spät gekommen, doch der Umgang mit den Angehörigen war sehr nervenaufreibend gewesen.

Was lernen wir daraus?

Vielleicht sollte sich Sunny doch mal etwas mit dem Thema Notfallnachsorge bzw Umgang mit Angehörigen beschäftigen. Denn es dauerte ja immer zwischen 20 und 60 Minuten, bis die Notfallnachsorge vor Ort war und bis dahin lag es in den Händen des Rettungsdienstes, die Angehörigen zu betreuen.

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