Die Tage wieder einmal ein Paradebeispiel für fehlendes Bewusstsein der Ansteckungsgefahr von MRSA.
Einweisung eines Patienten aus einem Altenheim ins Krankenhaus. Die Schwester führt uns ins Zimmer, bzw. direkt davor. Rettungsdienstblog ruft noch „STOP!“, weil er das Zimmer kennt und den Bettnachbarn zwei Tage vorher mit MRSA Jackpot (Mund, Nase, Rachenraum, Wunde,…halt überall^^)transportiert hat. Also fragt er freundlich nach, ob der Bettnachbar MRSA hat, obwohl er die Antwort ja schon kennt. Das wird ihm bejaht, also fragt er auch nach, ob der eigentliche Patient auch MRSA hat…und da fallen ihm fast die Ohren ab. „Nein, hat er nicht.“
Natürlich hat Rettungsdienstblog den Patienten als V.a. MRSA deklariert und durfte sich, unter den bösen Blicken der Schwestern, vollkommen verkleiden umziehen und schützen.
Liebe Schwestern und Pfleger, noch einmal: Ein Patient, welcher keine 2 Meter von einem bestätigten MRSA-positiven Bettnachbarn liegt, der die Infektion überall hat, hat selber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch MRSA. Dafür braucht es keine Abstriche oder sonstwas, das sagt schon der gesunde Menschenverstand, dass dieser Patient irgendwann auch selber „den Keim“ bekommt!
Für die Laien mal eine Erklärung von MRSA:
Die bösesten vier Buchstaben stehen für Mecithilin-resistenter Staphylococcus aureus, oder inzwischen auch oft einfach (aber medizinisch falsch) für multi-resistenter Staphylococcus aureus. Mit auf einer Ebene mit der MRSA ist die ORSA als Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus und VRSA als Vancomycin- resistenter Staphylococcus aureus zu nennen.
Mecithilin, Oxacillin und Vancomycin sind allesamt Antibiotika, die in der Medizin eingesetzt werden.Der Staphylococcus aureus ist ein besonders häufig vorkommender Bakterienkeim.
MRSA und all die anderen Formen sind also Keime, die gegen viele Breitband-Antibiotika resistent sind und auf diese nicht mehr anschlagen.
Übertragen wird MRSA über die Hände, infizierte Gegenstände (Dauerkatheter, Atemschlauch, etc.) und über Flüssigkeiten (Urin). Als Überträger kommen neben dem Patienten selbst auch Pflegekräfte (in Altenheimen, in Krankenhäusern und der Rettungsdienst) und sonstige Personen in Frage, welche mit dem Patienten direkten Körperkontakt hatten.
Die Inkubationszeit von MRSA liegt bei vier bis zu zehn Tagen, wobei allerdings der mit MRSA-besiedelte Patient keinerlei Symptome aufweisen muss. Bei gesunden Menschen ist MRSA des öfteren auf der Haut oder auf den Schleimhäuten nachzuweisen, allerdings hat der MRSA-Besiedelte trotzdessen keinerlei Probleme oder Symptome. Bei immungeschwächten Personen, eben älteren Menschen, erkrankten Menschen und jüngeren Menschen, kann MRSA im Verlauf der so genannten Kolonisation allerdings zu einer Infektion innerhalb des Körpers führen. Hierbei treten dann Symptome eben einer Infektion auf.
MRSA selbst verfügt über keinerlei spezifische Symptome. Bei einer Infektion mit dem Keim treten die ganz normalen Symptome einer Infektion mit dem Staphylococcus aureus auf. Diese können zum Beispiel eine Sepsis, eitrige Infektionen wie Furunkel, Durchfall und Erbrechen und Fieber sein. Durch die vorhandene Resistenz gegen Breitband-Antiobiotika sind allerdings MRSA-Infektionen, wie alle anderen multi-resistenten Bakterienstämme, schwerer zu behandeln und können letzten Endes auch mit dem Tod enden.
Festgestellt werden kann eine Infektion mit MRSA nur mittels Laborwerten und durchgeführten Abstrichen. Hierbei kann man dann im Labor auch den genauen Stamm des Bakteriums und die Resistenzen nachweisen. Abstriche wird der Arzt in der Regel vom Mundraum, Nasenraum, Rachenraum, der Leistengegend und vorhandenen Wunden nehmen, bei vorhandenen Dauerkatheter wird in der Regel auch das Urin getestet.
Therapiert werden kann MRSA dadurch, dass der behandelnde Arzt, die im Labor als erfolgreich deklarierten Antibiotika einsetzt. Hierbei wird er in der Regel verschiedene Antibiotika zusammen einsetzen und eine Mischtherapie durchführen. Bei einer nachweislichen Besiedelung, aber nicht Infektion, mit MRSA wird der Patient „saniert“. hierbei werden die nachgewiesenen Keime an den entsprechenden Stellen bekämpft.
Um den Erfolg der MRSA-Bekämpfung zu testen, werden nach der Therapie jede Woche Abstriche genommen. Nach drei negativen Abstrichen gilt ein Patient als „saniert“ und MRSA-frei.
Besser als eine Therapie ist aber immer sich gar nicht erst mit MRSA zu besiedeln und so einer Infektion zuvorzukommen. Dies kann durch verschieden Massnahmen erfolgen.
Als Basis für eine erfolgreiche Prophylaxe muss man die hygienische Händedesinfektion ansehen. Personen, die mit Immungeschwächten, MRSA-Infizierten oder Risikopatienten in Berührung kommen, sollten sich regelmäßig, idealerweise nach jedem Patientenkontakt die Hände mit der hygienischen Händedesinfektion reinigen. Zudem ist der Einsatz von Handschuhen ratsam. Außerdem ist ein zu enger Körperkontakt zu vermeiden.
In Pflegeberufen kann dieser oftmals nicht vermieden werden. In diesen Fällen sollte diejenige Person sich nach dem Kontakt umziehen, beziehungsweise grundsätzlich Kittelpflege betrieben werden.
Gegenstände, die mit der MRSA in Berührung gekommen sind, sind zu desinfizieren. Hierfür ist eine vom Robert-Koch-Institut empfohlene Desinfektionslösung zu nutzen.
Inzwischen ist es soweit, dass sich die Infektion zu MRSA zu einem echten Kostenfaktor in unserem Gesundheitssystem entwickelt hat. Durch MRSA entstehen jedes Jahr Kosten in mehrstelliger Höhe. Zudem stellt MRSA eine zunehmende Belastung für Krankenhäuser, Altenheime und Rettungsdienste dar. Nachdem man sich in den letzten Jahren des Problems allgemein bewusst wurde, wird nun verstärkt auf die Bekämpfung von MRSA geachtet. Einige Krankenhäuser richteten spezielle Posten für Hygieneärzte ein, andere betreiben gute Prophylaxe, wieder andere begehen verschieden andere Wege. Grundsätzlich muss man aber sagen, dass man sich in Deutschland des Problems noch nicht vollkommen bewusst ist und es immer wieder zu Schlampereien und Fehlverhalten kommt. So wird die Prophylaxe nicht durchgeführt, wird nicht auf Übertragungswege geachtet und die Gefahr teils runtergeredet.
Wenn wir in Deutschland einmal einen Blick hinüber zu unseren Nachbarn werfen, so müssen wir uns dringend Gedanken machen. In den Niederlanden, ebenso wie in vielen skandinavischen Ländern ist die MRSA-Infektion stark gesunken, nachdem man sich des Problems angenommen hat und Konzepte durchdacht entworfen hat.
Dort wird jeder Antiobitika-Einsatz mit einem Mikrobiologen abgesprochen (um die Bildung von weiteren Resistenzen zu verhindern), jeder Patient einem MRSA-Screening unterzogen und jedes Krankenhaus verfügt über einen Hygienearzt. Somit konnte dort die MRSA-Rate stark abgesenkt werden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass MRSA ein Luxusproblem, letztlich entstanden durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika ist und in der heutigen Zeit zu einem immer größer werdenden Problem wird. Werden wir uns endlich der Gefahr bewusst, ziehen wir unsere Schutzmaßnahmen vernünftig durch, achten wir auf den nicht zu übermäßigen Einsatz von Antibiotika und schalten des öfteren auch einfach den gesunden Menschenverstand ein, so könnten wir es schaffen die MRSA-Rate bei uns ebenfalls zu senken und die Gefahr durch MRSA einzudämmen.
Gebt MRSA keine Chance!
Nachfolgend hier noch einige Links zum Thema MRSA:
Staphylococcus aureus – Wikipedia
und eine Anleitung zur hygienischen Händedesinfektion: