Adrenalinjunkiemomente (Teil 6)

Schwester Paula starrt angestrengt auf die Tafel, auf der die Belegung der einzelnen Patientenzimmer eingetragen ist. Dann nimmt sie die Brille ab und runzelt die Stirn.
„Sagen Sie mal, Herr Doktor?“
Ich blicke vom Computer, in dem ich gerade nach Laborwerten gesucht habe auf.
„Ja?“
„Den Walser aus Zimmer siebzehn… könnte man den nicht entlassen?“
„Wie bitte?“
„Ich meine…. nach Hause zum….“
Sie macht ein geheimnisvollles Gesicht.
„Was meinen Sie?“
„Nun ja… der hat ja nicht mehr lange, oder?“
Das ist richtig. Die Prognose ist infaust. Oder auf deutsch gesagt: Herr Walser wird vermutlich innerhalb der nächsten Wochen sterben.
„Dann muss er seine letzten Tage ja nicht unbedingt im Krankenhaus verbringen.“
„Sie meinen…. wir sollten ihn zum Sterben nach Hause entlassen?“
„Hmmm.“
„Das muss die Familie entscheiden!“
„Nun ja… der ist doch nicht von hier, oder?“
„Wieso?“
„Er lebt eigentlich zweihundert Kilometer entfernt. Er hat hier in der Stadt nur seine Tochter besucht.“
„Wo ist das Problem?“
„Also…. könnte man ihn nicht vielleicht in ein heimatnahes Krankenhaus verlegen?“
„Warum sollten wir?“
„Die Sache ist so….“ Schwester Paula räuspert sich, „Den Krankentransport in ein heimatnahes Krankenhaus, den bezahlt natürlich die Krankenkasse. Die Kosten für die Überführung des Leichnams hingegen, bleiben an den Angehörigen hängen…“
„Und was soll ich jetzt tun?“
„Nun, Sie könnten ja mal vorsichtig ansprechen…“
„Was soll ich ansprechen?“
„Na… das Thema….“
Ich runzele die Stirn.
Schwester Paula schaut sich vorsichtig um und senkt die Stimme.
„Na, das Thema Bestattung natürlich!“

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