FDA befürwortet neue Diätpille Contrave

Die beratende Kommission der FDA, die gestern über die Zukunft der neuen Diätpille Contrave zu entscheiden hatte, befand, dass der Nutzen bei der Gewichtsreduktion grösser sei, als das Nebenwirkungsrisiko.

Das Kombipräparat Contrave (Bupropion / Naltrexon) ist das letzte von drei neuen Gewichtsreduktionsmedikamenten, das dieses Jahr durch die Food and Drug Administration (FDA) geprüft wurde. Die beiden vorherigen Kandidaten, Qnexa (Phentermin / Topiramat) und Lorqess (Lorcaserin), wurden beide von der FDA aufgrund von Sicherheitsbedenken zurückgewiesen.

Contrave hatte mehr Glück. Bei der gestrigen Sitzung der beratenden Kommission stimmten 13 von 20 Mitgliedern für die Einführung des neuen Medikaments. Das Kombipräparat aus Bupropion und Naltrexon scheint vor allem mit den relativ bescheidenen Nebenwirkungen gepunktet zu haben. Dieser Umstand ist bemerkenswert, da die gewichtsreduzierenden Eigenschaften deutlich hinter denen von Qnexa und Lorqess zurückliegen.

Die FDA wird definitiv am 31. Januar 2011 über die Zulassung befinden. Dabei muss die Behörde nicht zwingend den Empfehlungen der beratenden Kommission folgen, tut das aber sehr oft.

Orexigen, die Firma, die das Produkt Contrave zusammen mit Takeda vertreiben möchte, versucht nun das Kombipräparat für die Gewichtsreduktion bei Patienten mit einem Body Mass Index (BMI) über 30 oder bei solchen mit einem BMI über 27 und einem oder mehrere Risikofaktoren (z.B. Diabetes, hohes Cholesterin, Bluthochdruck) zu positionieren.

Contrave ist eine Kombination aus einem Antidepressivum (Bupropion) und einem Medikament gegen Drogenabhängigkeit (Naltrexon). Beide Medikamente sind seit vielen Jahren als Einzelpräparate im Handel – Naltrexon zur Behandlung der Opiat- und Alkoholabhängigkeit und Bupropion zur Behandlung von Depressionen und zur Raucherentwöhnung. Über die Wirkung des Kombipräparates zur Bekämpfung des Übergewichts ist hingegen wenig bekannt.

Die Abteilung der FDA, die für die Zulassung endokriner und metabolischer Medikamente zuständig ist hat vor allem die Resultate der von Orexigen durchgeführten vier unterschiedlichen klinischen Studien der Phase III geprüft. Darin wurden insgesamt 3‘200 fettleibige (adipöse) Patienten mit wenigstens einer zusätzlichen Erkrankung wie Diabetes und Depression während eines Jahres mit dem Originalprodukt oder einem Placebo behandelt.

In allen vier Studien verloren die Patienten, die mit dem Kombipräparat Naltrexon / Bupropion (Verum) behandelt wurden signifikant mehr Gewicht als diejenigen in der Placebo Gruppe und mehr als 30% der Behandelten verloren sogar mindestens 5% Körpergewicht, was einer der Standards für die Wirksamkeit eines Gewichtsreduktionsmedikament für die FDA darstellt.

Insgesamt verloren die Patienten aus der Naltrexon / Bupropion Gruppe in Durchschnitt 4.2% mehr Gewicht als diejenigen aus der Placebo Gruppe. Damit erfüllt das Kombipräparat knapp einen weiteren Standard der FDA nicht, der eine Mindestdifferenz zwischen dem Wirkstoff und dem Placebo von 5% fordert.

In einer Studie, bei der Patienten, die Contrave erhielten mit einer Gruppe Patienten verglichen wurden, die lediglich Veränderungen des Lebensstils durchführten, war die Differenz sogar noch geringer, was die Vermutung zulässt, dass eine Diät kombiniert mit einem Bewegungsprogramm ähnliche Resultate wie die Kombination Naltrexon / Bupropion zeitigt.

Das Kombipräparat hat einige Nebenwirkungen, zu denen Schwindel, Unwohlsein und hoher Blutdruck gehören. Die beratende Kommission zeigte sich aber fast ausschliesslich besorgt über die Effekte von Contrave auf den Blutdruck, muss doch bei Patienten mit starkem Übergewicht oftmals auch davon ausgegangen werden, dass eine Herz-Kreislauf Schädigung vorliegt. In solchen Fällen kann eine Erhöhung des Blutdrucks fatale Folgen haben.

In den Studien zeigten die Patienten, die Naltrexon / Bupropion einnahmen tendenziell höhere Blutdruck- und Pulswerte. Ein Effekt, der vor allem in den ersten acht Therapie-Wochen markant war. Auf der anderen Seite senkte sich der Blutdruck und die Pulsrate bei denjenigen, die ihr Gewicht mit dem Kombipräparat um mindestens 5% zu senken vermochten. Insofern scheint der Effekt weniger dramatische Auswirkungen zu haben, als von der FDA zunächst befürchtet worden war.

Insgesamt waren die Mitglieder der beratenden Kommission der Ansicht, dass es zu wenige Daten zum Herz-Kreislauf Risiko von Contrave gibt. Sie schlagen daher vor, dass Orexigen nach der definitiven Zulassung neue Daten vorlegen soll, die die Unbedenklichkeit von Contrave in Bezug auf Herz-Kreislauf Erkrankungen aufzeigen sollen.

In den klinischen Studien kam es zu zwei Epilepsie-Episoden bei den Patienten, denen Contrave verabreicht wurde. Eine Nebenwirkung, die in der Placebo-Gruppe nicht auftrat. Mathematisch muss davon ausgegangen werden, dass etwa ein Patient unter 1000 einen epileptischen Anfall als Nebenwirkung des Medikament bekommt, meinte Michael Rogawski, der Neurologe im Team der Kommission.

„Ein epileptischer Anfall kommt zwar rein mathematisch nur in einem von 1000 Fällen vor, die Konsequenzen könnten aber katastrophal sein,“ so Rogawski, der aber trotz allem zum Schluss für die Einführung des Präparates plädierte.

In ersten Kommentaren zum Entscheid der Kommission zeigten sich die meisten Befragten äusserst zufrieden. „Es ist sehr nützlich, ein Medikament zu haben, das den Effekt einer Veränderung der Lebensgewohnheiten zusätzlich unterstützt,“ sagte etwa Connie Diekman, Leiterin der Abteilung für Ernährung der Washington University in St Louis. „Damit haben wir eine Option mehr, um das Problem der Fettleibigkeit in den Griff zu bekommen.“

„Endlich!“ sagte Robert F. Kushner, Professor für Innere Medizin an der Northwestern University Feinberg School of Medicine. „Ich befürworte voll und ganz die Entscheidung der beratenden Kommission. Die grösste Herausforderung wird es sein, die Ärzte, die das Medikament verschreiben, entsprechend zu schulen, dass sie es nur denjenigen geben, die den grössten Nutzen davon haben und es ausserdem mit Lifestyle Modifikationen begleiten.“

Paul L Doering, Professor für Pharmakologie an der University of Florida sagte, dass er keine Sekunde daran zweifle, dass dem Medikament ein riesen Erfolg beschieden sein wird – zumindest am Anfang, wie er anfügt. „Die Zeit wird schliesslich zeigen, ob es sich um ein gutes Präparat handelt oder nicht. In der Zwischenzeit lasse ich jemand anderen das Medikament nehmen, bevor ich es selber brauche,“ meinte er mit einem Augenzwinkern.

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