Ungehorsam

von Dr. med. Bernd Hontschik

Es ist still geworden um die elektronische Gesundheitskarte. Es hat in den letzten Wochen aber leise im Briefkasten geraschelt, millionenfach. Die Krankenkassen schreiben derzeit ihre Versicherten an und verlangen die Zusendung eines Passbildes. Das Foto würde für die elektronische Gesundheitskarte gebraucht. Gedroht wird zwischen den Zeilen: Wer die neue Versichertenkarte nicht hat, der wird von seinem Arzt bald nicht mehr behandelt werden!

Wir erinnern uns dunkel. Da war doch was. Gab es nicht gerade zum vierten Mal hintereinander einen Beschluss des deutschen Ärztetages, das Projekt der elektronischen Gesundheitskarte sofort zu stoppen? Gab es nicht massiven Widerstand gegen die Speicherung der sensiblen Gesundheitsdaten aller Versicherten auf zentralen Servern? Gab es nicht große Sicherheitsbedenken gegen diesen strukturellen Bruch des Arztgeheimnisses?

Das ganze Projekt sei aber absolut sicher. Das sagen die Hardwarehersteller. Das sagen die Softwareverkäufer. Das sagen die Politiker. Das sagen sogar einige Datenschützer. Die Gegner der elektronischen Gesundheitskarte geben aber keine Ruhe: Daten könnten online nie voll und ganz sicher sein vor unerlaubten Zugriffen, das Ganze sei nichts weiter als ein riesiger Auftrag für die Elektronik-Industrie, ökonomisch eine Milliardensubvention für ein Projekt, das in dieser Form niemand brauche. Großbritannien ist längst ausgestiegen, vor kurzem hat Tschechien.

In meiner Praxis sind schon die ersten Patienten mit der neuen Karte aufgetaucht. Erst haben unsere Kartenlesegeräte gestreikt, dann wurde die Praxissoftware angepasst, und nun erkennt der Computer die Patienten nicht mehr und legt ständig neue Karteikarten an. Ein lästiges, aber lösbares Problem.

Schon kommt aber die erste echte Hiobsbotschaft: 55 Krankenkassen habe ihren Versicherten eine neue Karte mit einem gravierenden Sicherheitsmangel ausgeliefert, denn die Herstellerfirma „itsc“ hat die neuen Karten mit einer sogenannten „Leerstellen-­‐PIN“ produziert, mit der jede Manipulation und jeder Missbrauch möglich ist, solange der Versicherte nicht eine selbst generierte PIN eingespeichert hat.

Es braucht gar keinen großen Mut und noch nicht einmal Zivilcourage, es braucht jetzt nur ein wenig zivilen Ungehorsam: Antworten Sie Ihrer Krankenkasse, dass Sie kein Foto schicken werden. Es gibt für diese Anforderung keine gesetzliche Grundlage. Sie sind nicht dazu verpflichtet. Es wird Ihnen nichts geschehen. Ihr Arzt ist auch dann weiter für Sie da.

Frankfurter Rundschau vom 23.6.2012
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

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Die elektronische Patientenakte schafft Arbeitsplätze

In Ausschüssen, Kontrollgremien und Planungsgruppen, jeweils für Verwalter und Buchhalter. In England gibt es ja schon diese Akten, und ein neues Summary Care Record Content and Advisory Board soll jetzt  die Qualität der dortigen Einträge überwachen. Besonders interessant sind auch die Kommentare, zum Thema Datenqualität und Datensicherheit. Haben die in England eigentlich keine so strengen Sicherheitsvorkehrungen wie wir hierzulande? Oder drohen hier ähnliche Zustände?

Versicherungsschutz auch ohne Foto

Jetzt berichtet sogar die Mainstreampresse, dass keine Nachteile drohen, wenn man der Krankenkasse kein Foto für die “Gesundheitskarte” schickt. Dann kriegt man eben keine und muss sein Versicherungsverhältnis anders nachweisen, etwa mit der alten Karte, oder mit einem Krankenschein. Soll jedenfalls die Verbraucherzentrale Hamburg so erläutert haben.

Quelle: eine Hamburger Wochenzeitung.

"Meine Krankenakte gehört mir!": Einladung zum Pressegespräch

Erster Prozess gegen neue Gesundheitskarte: “Meine Krankenakte gehört mir!” Rechtsanwalt erwartet “dutzende oder hunderte Verfahren”

Einladung zum Pressegespräch

Düsseldorf (ots) – Sven S. ist bei der Wuppertaler Bergischen Krankenkasse versichert. Er gehört zu den ersten Versicherten in Deutschland, die die neue “Elektronische Gesundheitskarte” (EGK) erhalten sollten. Er verlangt aber, weiterhin ohne diese Karte medizinische Leistungen von seiner Krankenkasse zu bekommen. Am Donnerstag, 28.06., 9:00 Uhr ist in seinem Prozess Verhandlung vor dem Sozialgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, 1. Etage, Saal 139. Die Verhandlung ist öffentlich.

Sven S. will sein Verfahren zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe bringen. Das Verfassungsgericht soll die technische Vernetzung der Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken mit zentralen Servern stoppen, für die die Karte der Schlüssel sei. Der erste Schritt auf diesem Weg von Sven S. nach Karlsruhe ist diese Verhandlung in Düsseldorf.

Sein Anwalt Jan Kuhlmann ergänzt: “Bei mir stapeln sich Mails von Versicherten. In wenigen Monaten wird es dutzende oder hunderte ähnliche Verfahren geben.” Bei den Krankenkassen ist die Ausgabe der neuen Chipkarte in vollem Gang. Nach gesetzlichen Vorgaben müssen bis Ende 2012 70 % aller Versicherten die Chipkarte erhalten.
Der Kläger Sven S. wird vom Bündnis “Stoppt die E-Card” unterstützt. Es besteht aus Bürgerrechtsorganisationen, Datenschützern, Patienten- und Ärzteverbänden. Das Bündnis hat soeben im Internet einen ausführlichen Ratgeber für kritische Bürger gegen die Karte veröffentlicht. Gegen die Vorratsdatenspeicherung hatten sich über 30.000 Menschen einer Verfassungsbeschwerde angeschlossen. Man erwartet Vergleichbares bei der Gesundheitskarte. Es weigern sich bereits hunderte Versicherte, das geforderte Foto für die Karte einzusenden. Sie stehen deswegen mit ihren Krankenkassen im Konflikt.

“Die Karte ist der Schlüssel zur geplanten elektronischen Gesundheitsakte. Diese elektronische Akte soll zum Ausverkauf der heutigen Krankenakten an Klinikkonzerne und Versicherungen dienen.” So der Anwalt. “Die Karte ist ein Geschenk an IT-Industrie, Privatversicherungen und Klinikketten. Dass ausgerechnet die SPD da mitmacht, ist erstaunlich. Die wissen nicht, was sie tun.”

Zum Prozess und zu den Aktionen gegen die Elektronische Gesundheitskarte lädt die Versichertenorganisation “Neuanfang e.V.” Sie zu einem Pressegespräch ein:
Donnerstag 28.06., 13:00 Uhr
Hotel NH Düsseldorf City, Kölner Straße 186-188, 40227 Düsseldorf.

Bundesweit erstes Verfahren gegen elektronische Gesundheitskarte: mündliche Verhandlung am 28. Juni 2012

Bundesweit erstes Verfahren gegen elektronische Gesundheitskarte / Grauduszus: “Am 28. Juni beginnt die juristische Klärung.”

Erkrath (ots) – “Das juristische Procedere ist nunmehr gesichert”, begrüßt Martin Grauduszus, Präsident der ‘Freien Ärzteschaft’ (FÄ) die Tatsache, dass im bundesweit ersten Verfahren gegen die elektronische Gesundheitskarte das damit befasste Sozialgericht Düsseldorf nunmehr den Termin für die mündliche Verhandlung auf den 28. Juni 2012, 9.00 Uhr, festgesetzt hat.

Damit behalte der Kläger, ein Versicherter bei der in Solingen ansässigen ‘Bergischen Krankenkasse’ alle Möglichkeiten, seine Klage über zwei Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht zu bringen: “Deshalb muss das Verfahren der ersten Instanz Mitte 2012 abgeschlossen werden, da nach Gesetzeslage die Krankenkassen gezwungen sind, bis Ende 2012 siebzig Prozent der Versicherten mit der neuen Gesundheitskarte auszustatten.” Der Kläger sieht durch die elektronische Gesundheitskarte seinen Datenschutz gefährdet: er fürchtet, dass sie Teil einer neuen Informationsstruktur im Gesundheitswesen ist und seine Gesundheitsdaten in diesem System gespeichert und übertragen werden.

Der Anwalt des Klägers, Jan Kuhlmann, erklärt, nach dem Gesetz sollten die Patienten “bei erster Verwendung der Karte” ihre Einwilligung oder ihren Widerspruch zur Benutzung der freiwilligen Anwendungen der neuen Karte dokumentieren – wie Einwilligung oder Widerspruch u. a. zu Notfalldaten, elektronischem Arztbrief oder zur elektronischen Gesundheitsakte. Derzeit sei es weder vorgesehen noch überhaupt technisch möglich, diese Erklärungen der Versicherten bei der ersten Verwendung der Karte abzufragen und zu dokumentieren.

Die freiwilligen Anwendungen seien derzeit nicht vorgesehen, sollen aber später eingeführt werden. “Die Einwilligung der Versicherten muss nach dem Gesetz jetzt, beim so genannten ‘Rollout’ der neuen Karte, vorgenommen werden und nicht erst zum Zeitpunkt der Einführung dieser freiwilligen Anwendungen der Karte, das aber geschehe nicht: “Auch insofern muss wegen dieses Rollout-Skandals die Karte gestoppt werden”, sagt Kuhlmann.

Vor diesem Hintergrund appelliert FÄ-Präsident Grauduszus an Kolleginnen und Kollegen, “nach Möglichkeit an dieser öffentlichen Verhandlung gegen die von uns Ärztinnen und Ärzten nicht gewollte elektronische Gesundheitskarte zahlreich teilzunehmen.”

Pressekontakt

Repost: Das komplette Infopaket zur Kampagne: Nein zur elektronischen Gesundheitskarte!

Sind Sie Ärztin oder Apotheker? Die Bürgerrechts- und Datenschutzorganisation FoeBuD e.V. hat unsere Argumente gegen die elektronische Gesundheitskarte für Ihre Patienten in komprimierter und gut verständlicher Form zusammengefasst, als Info-Komplettpaket für Wartezimmer oder Tresen.

Das Paket kann direkt beim FoeBuD bestellt werden. Im Grundpaket erhält man einen Aufsteller für das Wartezimmer oder die Anmeldung, 300 Flyer zur kritischen Information und 2 A1 und 2 A4-Plakate Plakate zum Gesamtpreis von 30 €.

Mit dem Inhalt dieses Pakets können Sie in Ihrer Praxis oder Apotheke oder in Ihrer Verbraucherzentrale schnell und unkompliziert über die Risiken und Nebenwirkungen der eGK informieren.

Weitere Infos finden sich unter https://www.foebud.org/egk-info

15.5.2012: Medienkompetenz für Alle?!

Der Journalist und Buchautor Joachim Jakobs hält einen Vortrag mit einer anschließenden Podiumsdiskussion mit den Parteien. Teilnehmen werden daran für Die Linke Julien Ferrat, Lisa Hofmann (Piratenpartei), Florian Kußmann (FDP), Alexander Sal…