4. Bundeskongress Gender-Gesundheit: Lungenkrebs ist keine Männersache

Seit 2013 findet in Berlin einmal im Jahr der Bundeskongress Gender-Gesundheit statt. Am 12. und 13. Mai 2016 stehen wieder geschlechtsspezifische Aspekte im Mittelpunkt gesundheitspolitischer und medizinischer Diskussionen. Über diese und andere Fragen zu Potenzialen und Herausforderungen einer geschlechtsspezifischen Gesundheitsversorgung diskutieren Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaft, der Pflege und Gesundheitsberufe, aus Wissenschaft und Gesundheitspolitik. Mit Mario Czaja – Senator für Gesundheit und Soziales hat zum ersten Mal ein Mann die Schirmherrschaft für den Bundeskongress Gender-Gesundheit übernommen.

Wie wird eine geschlechtersensible Versorgung umgesetzt? Rückblick auf den Bundeskongress GenderGesundheit 2015

„Nicht nur die Frauen, sondern Frauen und Männer stehen mit ihren biologischen, sozialen, psychologischen, umweltbezogenen und kulturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Fokus zukunftsgerichteter medizinischer Versorgung und Prävention. Wir müssen die Strukturen auch an sich wandelnde gesellschaftliche Anforderungen anpassen. Ich nenne beispielhaft nur Ausbildung und Studium, die Gestaltung von Arbeitsorganisation und beruflichem Umfeld und die Besetzung von Führungspositionen mit Frauen.“ so die Parlamentarische Staatssekretärin und Schirmherrin, Ingrid Fischbach, zu Beginn des 3. Bundeskongresses Gender-Gesundheit. “Herausforderungen und Potentiale geschlechtsspezifischer Gesundheitsversorgung” lautet auch das Motto des diesjährigen Kongresses, der am 21. und 22. Mai wieder in Berlin stattfand – mit u. a. der Stiftung Gesundheit als Partner.

Bundeskongress GenderGesundheit 2015: Schwerpunkt Diabetes

Nach den medizinischen Themenfeldern Herzinfarkt und Depression in den Vorjahren – wird sich der 3. Bundeskongress Gender-Gesundheit neben strukturpolitischen Themen zu Ausbildung und Gremienarbeit in diesem Jahr dem medizinischen Schwerpunkt “Gender und Diabetes” zuwenden.

Übergewicht ist bei beiden Geschlechtern Risikofaktor Nummer 1. Das Zusammenspiel von Hormonen und Fettverteilung kann aber zu unterschiedlichen Auswirkungen führen. Ein niedriger Testosteronspiegel kann bei übergewichtigen Männern zu einer Insulinresistenz führen; wogegen Frauen mit einem erhöhten Androgenspiegel ein höheres Risiko haben, an Diabetes zu erkranken. Das Risiko einen Schlaganfall als Folgekrankheit zu erleiden, ist für Frauen drei- bis siebenmal höher als für Männer.
Während Frauen häufig erst nach der Menopause mit der Diagnose Diabetes mellitus Typ 2 konfrontiert werden, sind Männer wesentlich früher informiert. Beim Diabetes Typ 1 sind es dagegen die Mädchen, die bereits im Kindesalter erkranken, während es die Jungen eher in der Pubertät treffen kann.

Gender-Gesundheit: Nicht einfach „nur“ krank

Gender oder Sex? Manchmal lassen sich die Grenzen so eindeutig nicht ziehen. Die symptomatischen Unterschiede bei einem sog. “weiblichen” Herzinfarkt zu einem “männlichen” sind durch das biologische Geschlecht bedingt. Die Reaktion und die darauf folgende Diagnose hängen aber oft eng vom Gender-, also dem soziokulturellen Aspekt der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, aber auch der betreffenden Patientin ab. Gerade der Herzinfarkt gilt in unserer Gesellschaft immer noch als typische Männerkrankheit. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass Frauen im Vergleich zu Männern eine deutlich schlechtere Chance haben, einen Infarkt zu überleben, weil sie sehr viel später die richtige Behandlung erhalten; denn die Symptome eines Herzinfarkts äußern bei Frauen des Öfteren differenzierter als bei Männern.. Nur etwa die Hälfte aller Infarkt-Patientinnen berichten von der „klassischen Schmerzsymptomatik“.

One size fits all oder Gender-Gesundheit?

Warum beispielsweise wird Jungen mehr Ritalin verabreicht als Mädchen? Warum wird ein Herzinfarkt bei Frauen nicht selten als Magenverstimmung oder als psychosomatische Störung diagnostiziert und damit lebensgefährlich bagatellisiert? Warum können Herzmedikamente oder Antidepressiva – in Studien als (nahezu) unbedenklich erwiesen – im weiblichen Organismus schwerwiegende Folgen auslösen? Frauen und Männer sind verschieden! So banal wie kompliziert. So kompliziert, weil sich ein männlicher und weiblicher Körper bis in die Zellstruktur unterscheiden. Eine weibliche Leberzelle verfügt z.B. über andere Enzyme als eine männliche. Nicht nur das ein oder andere Bier, sondern auch Medikamente werden unterschiedlich verarbeitet.