Der Transhumanismus und das principium individuationis

Apologese So. Scilogs baut um, und es ist absehbar, dass dieser Blog inaktiviert wird und im Archiv landet – weil ich selbst als Blogger inaktiv war und wohl mittlerweile auch redlich rumpelkammerreif bin. So geht’s halt, ich hab’ mich leergeschrieben und bin, denke ich, im Archiv, wo die Vergangenheit modert, gut aufgehoben. Zum Abschied möcht’ ich aber noch einen Sprung in die Zukunft wagen. Es ist nämlich nicht so, dass ich gar nicht mehr schriebe, oh nein – ich mussweiter

Vom Nutzen des Nychthemeron (und eine Frage zur korrekten Zitierweise in den Naturwissenschaften)

Meiner Wissenschaft fehlt ein Wort. Nicht nur meiner Wissenschaft: Es fehlt ganz generell. Die Wissenschaft, um die es geht, ist die Chronobiologie, also jener Zweig der Lebenswissenschaften, auf dem man sich mit der zeitlichen Verfasstheit des Lebendigseins beschäftigt. Nun – nicht alle Zeit, nicht das Leben über die Jahre von der Wiege bis zur Bahre, nicht das Leben in Äonen und Jahrmillionen der Evolutionen, nicht die Wissenschaft von den Stunden, den Minuten und Sekunden … (sagte ich schon, dass ichweiter

Eine Träumerei über das Paradoxe

Ein kluger Mann hat mal gesagt: “Alle Wahrheit ist entweder tautologisch oder paradox.” Der Mann war ich. Und, vor lauter Klugheit erschrocken, mach’ ich jetzt etwas Dummes, nämlich zum Thema “Paradoxa” meinen Senf dazu geben, wiewohl ich weiss, dass ich nichts davon verstehe. Denn das Thema ist abgründig, führt tief hinein in die Mathematik, die Logik, die Philosophie, ein weites Terrain, ideal geeignet, meine Ignoranz mit Bravour unter Beweis zu stellen. Paradoxe Grundlegung der abendländischen Philosophie Ich weiss also, dassweiter

Über Strukturen in der anatomischen Terminologie

Einleitung und Rechtfertigung Unter allen Naturwissenschaften ist die die meine – die Wissenschaft von der anatomischen Natur des Menschen – diejenige, die am innigsten mit Sprache und Worten verwoben ist. Mit einem Sprachgewebe überzieht und durchwebt sie den Körper: Kettfäden aus langen Beschreibungen, die vom Ganzen zu dessen Teilen führen, Schussfäden, die quer über die Ketten hinweg das, was den verketteten Teilen gemein ist, binden. Ein dichtes Gewebe, veritable Wortfesseln. Kaum eine Naturwissenschaft – vielleicht mit Ausnahme der Taxonomie inweiter

Anatomie, faschistisch

Gut, zugegeben – die Überschrift ist ein provokanter “teaser”, ein Versuch, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Sie ist dennoch – wie das Folgende hoffentlich zeigen wird – nicht ganz daneben, sondern dicht bei der Sache. Nur ist die nicht politisch, sondern anatomisch. Und etymologisch. Der Faschismus, so lehrt uns die Geschichte, hat eine Tendenz zur Totalität. Alle gesellschaftlichen Verhältnisse will er durchdringen, unterwerfen, gleichschalten. Faschismus ist Scheiße. Einen Hang zur Totalität hat auch die anatomische Terminologie. Den ganzen Körper will sie durchdringen,weiter

Über Norbert Elias: “Über die Zeit”

Hätte man mir das Büchlein1 nicht geschenkt – ich hätte es nie zur Kenntnis genommen und etwas verpasst. So aber hab’ ich es gelesen und will es loben. Schwach ist allerdings sein Anfang. Da fiel dem Herrn Elias (1887-1990) nichts anderes ein, als mit dem schon lange totgerittenen Diktum dem heiligen Augustinus von Hippo2 zu kommen, das man schon allzu oft als “teaser” in Aufsätzen über die Zeit gelesen hat – unfrisch, abgegriffen. Dann aber lässt Elias frischen Wind hineinweiter

VOM HIRNWURM, ODER: DAS WUNDER DER MNEMOSYNE

(von Helmut Wicht, Kai Gansel und Udo Rüb, allesamt an der Dr. Senckenbergischen Anatomie zu Frankfurt am Main) Der Hirnwürmer Wesen Wenn der Wurm im Hirn ist, ist das schlecht. Wenn er nicht drin ist, allerdings erst recht. Es folgt also eine Schnurre vom Hirnwurm. Eigentlich könnte man sogar eine über die Hirnwürmer schreiben, denn es gibt deren fünfe. Vier davon treiben sich vorn im Grosshirn herum (1), von deren Taten und Untaten berichten wir ein anderes Mal. Diesmal soll’sweiter

Zahl, Wort, Bild oder: Pythagoras und Johannes

Das ist ein “experimenteller Text”. Bewiesen werden soll gar nichts, es ist der Versuch, einen Gedanken über die Arbeitsweise der Wissenschaften zu versprachlichen. Dem Pythagoras war alles Zahl. Das ganze Universum. Harmonische Klänge, dissonante Kakophonien, golden geschnittene Tempel, missratene Baracken, himmlische Sphären und irdische Affairen – alles dinggewordene Zahlenverhältnisse. Zahlen als Urgrund des Seins. Nicht als Seinsgrund, wohl aber als die Pflastersteine auf dem Königsweg der Forschung haben die Zahlen in der Naturwissenschaft Karriere gemacht. Messung ist Zahlenerhebung und mitweiter

Eine Rede, die ich vorgestern hielt

Vorgestern, am 10. 1. 2015, hatte ich das Vergnügen und die Ehre, bei der Absolventenfeier des Fachbereichs Medizin der Goethe-Universität den akademischen Festvortrag halten zu dürfen. Bei dieser Feier bekommen die Absolventinnen und Absolventen ihre Approbationsurkunden überreicht, scheiden also offiziell aus dem Studentendasein aus und sind ab sofort berufsbefähigte Ärzte. Ich habe mich nicht gescheut, eine donnernde Rede im Stil und Geiste des 19. Jahrhunderts zu halten und dabei ein Idealbild der Alma mater / Universität skizziert, wie sie nieweiter