Antike Rhetorik – erst Zauberkasten, dann Bildungsideal

Rhetorik ist wichtig. Das merkt man besonders in einer Zeit mit hitzigen politischen Debatten. Die ZEIT hat die Rhetorik letzte Woche sogar zu ihrem Titelthema erhoben. Die Wenigsten aber wissen, dass die Rhetorik nicht nur als ein Zauberkasten mit Überzeugungstricks zu verstehen ist, sondern seit der Antike die Bildungsauffassung des Abendlandes prägt. Und das kam so: Die antike Rhetorik entstand aus der Praxis, entwickelte aber auch bald eine rhetorische Theorie. Die ersten bekannten Rhetorik-Lehrer waren zwei Männer aus den griechischen Kolonien aufweiter

Die Erfindung der Rhetorik

Nachdem sich die Bewohner von Athen im fünften Jahrhundert vor Christus von ihren diktatorisch regierenden Despoten befreit hatten, war eine historisch völlig neue Situation entstanden. Die Regierungsmacht wurde einer Ratsversammlung zugesprochen, die sich aus 500 per Los ausgewählten Mitgliedern der Volksversammlung zusammensetzte.[i] Der Vorsitz der Ratsversammlung, der oberste Repräsentant des Staates Athen, wechselte täglich. Ähnlich radikal demokratisch war auch die Gerichtsbarkeit organisiert. Jeder Bürger konnte als Ankläger auftreten und einen privaten Streit vor ein Volksgericht bringen. Ein solches Volksgericht bestandweiter

Kurze Nachlese zum WÖM2-Workshop

Zehn Tage liegt der Workshop zum WÖM2-Projekt mittlerweile zurück, und nachdem der österliche Frieden es zumindest versucht hat, sich auf uns niederzulegen, möchte ich noch einmal aus persönlicher Perspektive auf diesen interessanten Tag in Berlin zurückkommen. Einen Eindruck davon erhält man auch durch die hervorragende Storify-Dokumentation, die die Mitarbeiter der ACATECH von der intensiven Twitter-Kommunikation während der Tagung angefertigt haben, und natürlich von der Video-Dokumentation der gesamten Veranstaltung auf YouTube. Auf Twitter wird die Diskussion unter dem Hashtag “#wöm2” weitergeführt. Die Diskussionen während desweiter

Wie eine schlecht programmierte Web-Seite im Jahr 2008 eine Fluggesellschaft fast in die Pleite stürzte

Die Firma Narrative Science bietet eine Software an, die aus Zahlen Berichte erstellt. Informationen zur Entwicklung von Wertpapieren, Quartalsmitteilungen von börsennotierten Unternehmen oder aktuelle Wirtschaftsnachrichten, wie sie an vielen Stellen im Internet zu finden sind, werden dabei vollautomatisch ausgewertet und in eine „Erzählung“ überführt. Als Erzählung können die meisten Menschen nämlich Trends und Entwicklungen besser erfassen als in Gestalt von Tabellen. Narrative Science betreibt auf den Web-Seiten des Wirtschaftsmagazins Forbes einen Blog, in dem derartige Berichte veröffentlicht werden.[i] Forbes.com gehörtweiter

Wissenschaftskommunikation in sozialen Medien – ein Fazit

In meinem vierten und letzten Gastbeitrag zu diesem Blog möchte ich die Veränderungen bilanzieren, die sich durch Verlagerung der Wissenschaftskommunikation in vernetzte digitale Medien ergeben. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich die größten Veränderungen mit den erweiterten Möglichkeiten zu Kommunikation und Kooperation ergeben. Entscheidend ist dabei die durch das Internet erzielte Geschwindigkeitserhöhung der Kommunikation. Zwar ist auch heute die Publikation von wissenschaftlichen Ergebnissen in Aufsätzen, Artikeln oder Büchern mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung verbunden, früher galt dies allerdings auch für die direkteweiter

Was lese ich? Wen sehe ich? – Empfehlungsalgorithmen in der Wissenschaftskommunikation

Im letzten Beitrag habe ich mich mit Altmetriken befasst, einer Gruppe von Algorithmen, die Impact und Reputation in der Wissenschaft aufgrund unterschiedlichster “alternativer” Kennzahlen aus sozialen Medien ermitteln wollen. Eine zweite Gruppe von Algorithmen, die im Zusammenhang mit zukünftigen Entwicklungen der Wissenschaftskommunikation betrachtet werden muss, bilden Empfehlungsalgorithmen – Algorithmen, durch die Empfehlungen für den Nutzer generiert werden.[i] Im Rahmen einer wissenschaftlichen Social Media-Plattform können sich derartige Empfehlungen auf andere Nutzer mit ähnlichen wissenschaftlichen Profilen beziehen, auf für einen Nutzer als relevant erachteteweiter

„Altmetriken“ – alternative Messung von Impact und Reputation?

Wenn wissenschaftliche Kommunikation in sozialen Medien stattfindet, dann werden sämtliche Kommunikationsschritte dokumentiert und können den Gegenstand quantitativer oder qualitativer Auswertungen bilden. Dieser Möglichkeit bildet die Grundlage für die Berechnung sogenannten Altmetriken, ein Begriff, der erst 2010 von Priem et al. eingeführt wurde[i], um auch soziale Medien für die Berechnung des Impacts eines wissenschaftlichen Artikels einzubeziehen. Altmetriken sind allerdings dazu geeignet, nicht nur Artikel, sondern auch Personen, Institutionen, Bücher, Präsentationen oder Forschungsprimärdaten mit einem Score zu belegen. So bewertet der „RGweiter

Fast forward: Gastbeitrag in “Wissenschaftskommunikation hoch 3″

Nach längerer Pause melde ich mich bei den SciLogs zurück. In der Zwischenzeit habe ich unter anderem an einer Expertise zur Wissenschaftskommuniksation in sozialen Medien für ein Projekt der Union der Akademien der Wissenschaften gearbeitet. Diese Vereinigung der wissenschaftlichen Akademien in Deutschland betreibt nämlich unter Federführung der ACATECH gerade ein Projekt zur Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien, in dessen zweiter Phase es um die “Bedeutung, Chancen und Risiken der sozialen Medien” geht. Meine Aufgabe bestand darin, die künftigen technischen Rahmenbedingungen “unterweiter

Soziale Medien in der Wissenschaftskommunikation – der Status Quo

Mit diesem Beitrag übernehme ich die Stafette als Gastautor in diesem Blog. Während sich Jan-Hinrik Schmidt mit dem Thema „Soziale Medien als Intermediäre in der Wissenschaftskommunikation“ befasst hat, geht es in diesem und den folgenden Beiträgen um „künftige technische Rahmenbedingungen der digitalen Medien (unter Berücksichtigung für Wissenschaftsthemen besonders relevanter Kanäle)“ – so jedenfalls war ich von der ACATECH beauftragt worden. Ich hatte also Gelegenheit, mich als eine Art Zukunftsforscher zu betätigen und die aktuelle Situation der Wissenschaftskommunikation in sozialen Medienweiter

Der digitale Code ist die DNA der Kultur

Wenn digitale Meme die neuen Replikatoren sind, wie ich in meinem letzten Beitrag zu zeigen versucht habe, dann ist der digitale Code, aus dem sie bestehen, ihre DNA, die DNA der Digitalkultur. Für die “klassischen” Meme, die neuronalen Meme, wie sie Dawkins beschrieben hat, gilt dies nicht, denn sie besitzen nichts, was „direkt im Gehirn beobachtet werden könnte“, keine „syntaktische Klassifikation“[i]. Ein digitales Mem (d-Mem) hingegen lässt sich als eine eindeutige Abfolge von Zuständen im Speicher eines Computers wiedergeben, so wieweiter