Digitale Meme

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf Meme der Schrift aus? Ein naheliegender Gedanke wäre es, die digitale Kodierung eines Textes als ein weiteres Medium aufzufassen, in dem Schrift ausgeprägt sein kann. Damit wäre die digitale Kodierung ein weiterer „Phänotyp“ eines Mems. In der Evolutionstheorie bezeichnet der Phänotyp die Gesamtheit der Eigenschaften eines Organismus. Diese werden durch die Gene maßgeblich gesteuert. Die Fähigkeit des Organismus sich fortzupflanzen, und somit die Reproduktion der Gene hängt entscheidend vom Phänotyp ab.[i] Dawkins bezeichnet denweiter

Sprachliche Meme – kulturelle Replikation durch Sprache und Schrift

„Menschliche Sprache, zunächst gesprochen und dann geschrieben, ist mit Sicherheit das Hauptmedium der kulturellen Weitergabe, durch die eine Infosphäre gebildet wird, in der kulturelle Evolution stattfindet. Sprechen und hören, schreiben und lesen – dies sind die zugrunde liegenden Technologien der Transmission und Replikation, entsprechend den Technologien der DNA und RNA in der Biosphäre.“[i] Mit diesen Worten charakterisiert Daniel Dennett die Rolle von Sprache und Schrift in der kulturellen Evolution. Sprache ist ein sehr gutes Instrument, um Erfahrungen und Wissen zuweiter

Korollar zu “Dawkins, Memetik und kulturelle Evolution”

Zu der intensiven Diskussion zu meinem letzten Beitrag, bei der dankenswerterweise auch Blogger-Kollege Michael Blume auf einen sehr interessanten älteren Beitrag in seinem Blog “Natur des Glaubens” hinwiesen hat, möchte ich noch eine kleine Zugabe (lat. corralarium) beisteuern.  Nachdem Richard Dawkins 1976 in seinem legendären Buch eine Skizze der Memetik vorgelegt hatte, wurden diese Thesen von einer Reihe namhafter Wissenschaftler aufgegriffen, so dass sich die Memetik eine Zeit lang tatsächlich als eine Art kulturwissenschaftlicher Evolutionstheorie entwickeln konnte.[i] Besonders einflussreich wurden die Arbeiten von Susanweiter

Dawkins, Memetik und kulturelle Evolution

Richard Dawkins nennt in seinem berühmten Buch „Das egoistische Gen“ von 1976 drei wesentliche Eigenschaften, die ein erfolgreicher Replikator aufweisen muss: Langlebigkeit, Wiedergabetreue und Fruchtbarkeit.[i] Mit Langlebigkeit ist gemeint, dass ein Gen über viele Generationen hinweg Bestand hat. Ob hingegen die Kopien des Gens, die in den Lebewesen enthalten sind, lange leben, ist dabei unerheblich. Das Gen selbst ist reine Information. Viele Abschnitte der DNA, die wir in jeder Zelle unseres Körpers mit uns herumtragen, dürften als Gene uralt sein,weiter

Handschrift und Computerschrift – Gut gegen Böse?

Neulich war ich Gast in der Sendung „Lebenszeit“ beim Deutschlandfunk in Köln. Fast anderthalb Stunden wurde dort mit Studiogästen und Hörern, die sich per Telefon und Internet beteiligen konnten, darüber geredet, ob die Handschrift durch die Digitalisierung nun auf dem Rückzug oder gar überflüssig sei oder nicht. Natürlich war ein Aufhänger dieser Debatte die auch in Deutschland groß diskutierte Entscheidung in Finnland, den Kindern in der Grundschule statt einer verbundenen Schrift nur noch eine Art Druckschrift zu vermitteln. Leichtsinnigerweise hatteweiter

Einige Bemerkungen zur Zukunft des Lesens

Die Zukunft des Lesens scheint ein spannendes Thema zu sein, denn sogar der Spiegel hat sich letzten Dezember in einer Titelgeschichte ausführlich damit befasst. Die Überlegungen, die ich in meinem Buch „Engelbarts Traum“ dargelegt habe, spielen darin auch eine Rolle, ebenso wie verschiedene technologische Entwicklungen, die derzeit zu beobachten sind. Seit der Publikation des Buchs und der Spiegel-Geschichte werde ich ziemlich häufig zu öffentlichen Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen eingeladen oder von Zeitungen interviewt, und immer besteht ein ganz besonderes Interesse daran zu erfahren,weiter

Kommunikationskontrolle im Internet: Wer schreibt – aber wird überhaupt geschrieben?

Selbst wenn Bibliothekare, Forscher und Journalisten nicht Informatiker werden müssen, um auch in Zukunft ihre Arbeit verrichten zu können – bei der digitalen Kommunikationskontrolle (und ihrer Umgehung) kommt man an der Informatik nicht vorbei. Die Kommunikation im Internet – ob per E-Mail, Web oder sonstige Dienste – bietet nämlich viele technische Ansatzpunkte, an denen eine Blockade vorgenommen werden kann. Die Verbindung zwischen dem Sender, einem Web- oder Mail-Server, und dem Empfänger, dem Client, verläuft über lokale Netze (etwa das heimischeweiter

Word gegen LaTeX – und wer gewinnt?

Fast jeder in der Wissenschaft ist vermutlich schon einmal in eine Diskussion verwickelt worden, ob nun bei der Textverarbeitung Word oder LaTeX für dieses oder jenes besser oder schlechter geeignet sei. Mein Gießener Kollege Markus Knauff, Kognitionspsychologe, wollte dies zusammen mit seiner Mitarbeiterin Jelica Nejasmic genauer wissen und hat kürzlich dazu in Plos One eine experimentelle Studie vorgelegt. Die Ergebnisse schlagen im Netz hohe Wellen, und selbst in der Nature vom 8.1.2015 ist dazu jetzt ein kurzer Beitrag erschienen. Worum geht es? Für ihreweiter

Das Silicon Valley und der “Circle”

Meine Lektüre bestand in letzter Zeit aus zwei sehr interessanten Büchern, die – so hintereinander gelesen – mir jetzt wie gegenseitige Kommentare zueinander vorkommen: „Silicon Valley“ von Christoph Keese und „Der Circle“ von Dave Eggers. Das eine Sachbuch, das andere ein Roman, sind beide in ihren jeweiligen Kategorien auch Bestseller des diesjährigen Bücherherbstes. Christoph Keese ist ein Manager und leitender Journalist im Axel Springer Verlag und gehörte zu der kleinen Gruppe um den Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, die 2013 für einweiter

Wissenschaftliches Schreiben unter den Bedingungen der Digitalität

In meinem letzten Beitrag habe ich versucht, mein eigenes Vorgehen beim Schreiben eines Buchs genauer zu beschreiben. Das wissenschaftliche Schreiben stellt eine besondere Art des Schreibens dar, weil an die entstehenden Texte ganz besondere Ansprüche in Hinsicht auf Autorschaft, Authentizität, Korrektheit und Informativität gestellt werden. Ich möchte heute deshalb ein wenig das wissenschaftliche Schreiben unter den Bedingungen der Digitalität reflektieren, denn aufgrund der automatisierten Unterstützung des Schreibens und der Tendenz zu größerer Visualität und Kollaborativität finden hier Veränderungen statt, die sich nicht komplett mitweiter