Ausgebankhofert (III)

Die Firma Camp TV produziert das regionale Fenster von RTL und Sat.1 in Bayern. Seit Jahren wird ihr Schleichwerbung vorgeworfen. Der Verdacht wiegt schwer: Konnten Unternehmen sich journalistische Berichte und Sendezeit im Bayernjournal für einige Tausend Euro kaufen? Verträge die Zapp vorliegen, legen das nahe. Noch in diesem Jahr bezahlten Unternehmen offenbar die „Herstellung sendefähiger TV-Beiträge“ für die „Sendung: Bayern Journal“ auf RTL: 11.500 Euro. In E-Mails stehen Einzelheiten, etwa zu einer Talkrunde im Bayern Journal. (Auszug von o.g. Unterlagen) „Teilnehmer der Studiorunde: 1 Experte zum Thema (neutraler Arzt) – wird von Ihnen gestellt.“

Zapp mit neuen Einzelheiten zum Skandal um das “Bayern Journal” mit der Bankhofer-Sendung Spektrum Gesundheit.

"Why the fuck are you listening to your rep?"

Selling drugs is a lie. I sold drugs that I knew damn well—I sold Vioxx for Merck before it got taken off the market for killing people. I knew damn well it was dangerous; I went around telling them to write it. There’s a lot of serious lying I’ve done in my life.
[… ]
I’m doing a job. For me, in that case, Merck told me to go out and sell drug even though I had hesitation about it. It’s not for me to say. … Don’t listen to me. Read your fucking journals. Why the fuck are you listening to your rep? Just because I’m pretty? You think I know more about the drug? No.

Corrine Kaplan, ehemalige Pharmareferentin in Diensten von Merck & Co. und GlaxoSmithKline, spricht über ihre Tätigkeit.

Mille Miglia

Zur seelischen Erbauung am Feiertag ein Text, der überhaupt nichts mit dem Gesundheitswesen zu tun hat: Don Alphonso über Sponsoring und gute Erziehung.

Autojournalismus gilt aus guten Gründen als einer der verkommensten Dreckpfuhle des an unerquicklichen Orten nicht gerade armen Berufsbildes, doch selten wird die Kumpanei so offen aufgeführt, wie an jenen Tagen im Mai – oder besser in dem, was Medien später auf Papier und im Internet daraus machen.
[…]
Zu den prägenden Erinnerungen meiner Jugend zählt die Maxime: “Nimm nichts an.” Und wenn ich doch etwas akzeptierte, dann nur exakt das, was ich aus Höflichkeit nehmen musste. […] “Wir brauchen nichts” ist ein anderer Spruch gewesen, und “das können wir uns selbst leisten” ist eine weitere Grundeinstellung der Schicht, die ich schätze.
[…]
Man fragt sich, aus welcher Schicht eigentlich Politiker und Würdenträger stammen, die damit kein Problem haben. Und wo sie waren, als anständige Leute erzogen wurden.

Ärztekammer kritisiert "Tamiflu-Schleichwerbung"

In den vergangenen Wochen hatten sich Sozialmediziner Michael Kunze und andere “Gesundheits-Experten” in der österreichischen Presse mit der Aussage zu Wort gemeldet, sie hätten das Grippemittel Tamiflu® zu Hause gelagert, um persönlich gegen die Folgen einer “Schweinegrippe”-Pandemie gewappnet zu sein. Das stößt nun auf den Unmut der österreichischen Ärztekammer:

“Mir persönlich ist es lieber, ich habe vorsorglich Tamiflu zu Hause”, sagte der Wiener Virologie-Professor Franz Xaver Heinz nach dem Ausbruch der Mexiko-Grippe dem “Kurier”. Der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze erklärte dem ORF nach Bekanntwerden der ersten Grippefälle, er habe “selbstverständlich” einen privaten Vorrat der Neuraminidase-Hemmer Tamiflu und Relenza.

Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger sagte, er halte es prinzipiell für bedenklich, “wenn Experten in dieser Breite ein Medikament loben, von dem man weiß, dass es den Krankheitsverlauf nur etwas vermindert und die Krankheitsdauer etwas verkürzen kann, von dem es keine Beweise gibt, dass es Komplikationen wirklich verhindert.”

[…]

Die Beziehungen zwischen Experten und Industrie seien aber sehr eng: Forschungsarbeiten, Fortbildung und Kongressreisen würden gemeinsam gemacht. Der Pharmakonzern Roche, der Tamiflu herstellt, sponsert etwa das Influenza-Netzwerk des Virologie-Instituts, das von Franz Xaver Heinz geleitet wird. Und Sozialmediziner Michael Kunze hat in den vergangenen Jahren mit Aussagen in Pressaussendungen der Firma Roche für Aufregung gesorgt und gesteht ein, von Roche wohl Honorare für Auftritte erhalten zu haben.

Unabhängige Experten hatten zuvor Zweifel an der Wirksamkeit von Tamiflu® geäußert und vor einem zu großzügigen Einsatz des Mittels gewarnt.

Ausgebankhofert (II)

Was wir nach den jüngsten Enthüllungen der Süddeutschen Zeitung bereits befürchten mussten, scheint sich nun zu konkretisieren. Auch Hademar Bankhofers letzte Fernsehsendung “Spektrum Gesundheit” steht im Zusammenhang mit Schleichwerbe- und Korruptionsvorwürfen ganz offenbar vor dem Aus.

Wie die BLM [Bayerische Landeszentrale für neue Medien, d. Red.] mitteilt, hat der Medienrat den Antrag auf Fortsetzung der Anbietertätigkeit der C.A.M.P. TV Fernsehgesellschaft mbH, die derzeit 80 Prozent der Sendezeitanteile am Bayern Journal hält, abgelehnt.

[…]

Zu einer neuen Lösung unter Beteiligung auch der alten Gesellschafter ohne Neuausschreibung konnte sich der Medienrat nicht entschließen. Maßgeblich dafür war, dass der Geschäftsführer der C.A.M.P. TV Fernsehgesellschaft mbH, Herr Ralph Piller, Darlehensverträge zwischen der TV Finanz GmbH und Frau Adelt, der damaligen Lebensgefährtin des ehemaligen Medienratsvorsitzenden Klaus Kopka, unterzeichnet hatte und andererseits ein konkreter Anfangsverdachts für mehrere Verstöße gegen das Verbot der Schleichwerbung.

Bewerbung

Pfizer-Whistleblower Peter Rost bewirbt sich in der Pharmaindustrie. Sein Bewerbungsschreiben klingt überaus vielversprechend. Deutschkenntnisse sind vorhanden. [Edit: Das Schreiben ist schon älter und stammt von April 2007, er hat es nur noch einmal online gestellt. Es ist trotzdem schön].

Dear [First Name],

[…]
Let’s be straight here: I’ve clearly been blacklisted for more than a year after Pfizer fired me for blowing the whistle on illegal marketing, without a single job interview, in spite of the best performance within all of Pfizer. (See attached CV.) But now things are different. It turns out that I was right and Pharmacia was wrong. After all, otherwise Pfizer wouldn’t have paid a $35 million fine.

And I thought that since all drug company CEO’s talk about how ethical they are, and how it is always prior management that was guilty of whatever fines they had to pay; perhaps someone in the current management would like to hire me? I mean, that would be like putting the hiring decision where there’s currently just PR-spin.

So, I figured, YOUR COMPANY might be jumping for joy to hire me. And you should probably respond ASAP, so you beat the others to the punch. After all, what better PR could you get for your organization than hiring a guy who did everything right and delivered the best financial results? As a PR professional, you probably realize this would dispel the myth that your company is one of the crooks. I guess the only risk is if you don’t hire me, everyone will wonder what you have to hide . . . but let’s face it, as someone working with public relations for your company, you are keenly aware that only 7% of Americans in the 2006 Harris poll think drug companies “are generally honest and trustworthy,” so there is only upside to you responding to this letter. Because, to be very frank, based on that poll your department has completely failed in its mission and here’s your chance to do something about that.
[…]
I’m looking forward to hearing back from you, very soon. And, please don’t be afraid to forward this e-mail. At a minimum your CEO will be entertained.

Regards,
Peter Rost

Schering-Plough hat als erstes abgesagt.

Zecken-Impfkampagne unter der Gürtellinie

Das Medienblog blogmedien berichtet, wie Antenne Thüringen und Schlenker PR die Thüringer im Auftrag der Impfstoffhersteller dazu bewegen wollen, sich gegen FSME impfen zu lassen.

Die Agentur verspricht auf ihrer eigenen Website: “Durch gezielte Sonderwerbeformen und Below-the-line-Maßnahmen sorgen wir dafür, dass man von Ihnen hört.” Unter der Gürtellinie ist in der Tat die Darstellung im “Online-Ratgeber” von Antenne Thüringen, weil die Nutzer nicht offen über den kommerziellen Hintergrund der “Zeckenmelder”-Aktion informiert werden. Erst nach Anklicken der beiden Links “Zecken.de” und “Zeckeninfo.de” sowie dem Aufruf des jeweiligen Impressums wird deutlich, wer hinter der Aktion steckt: Die Pharmaunternehmen Baxter Deutschland GmbH und Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH & Co. KG. Wie’s der Zufall will – beide Unternehmen sind Hersteller des Impfstoffs gegen FSME-Erkrankungen.

Die Verantwortlichen bei Antenne Thüringen wären gut beraten, gelegentlich einen Blick ins Telemediengesetz zu werfen. In Paragraph 6 heißt es dort: “Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.

Kurz nach dem Erscheinen des Artikels hat Antenne Thüringen auf seiner Web-Site ein wenig nachgebessert.

Schlenker PR ist für solcherart “Sonderwerbeformen” bekannt. Hademar Bankhofers redaktionell erscheinende Auftritte für Klosterfrau-Produkte in Schlenker-PR-Hörfunkbeiträgen (Fall 4 im Video) dürften ihren Teil zu seinem schnellen Rausschmiss beim WDR beigetragen haben.

blogmedien ist eine bekannt gute Adresse für die Aufdeckung von Schleichwerbung. Fast ein Jahr vor der “Aufdeckung des Skandals” durch die klassischen Medien berichtete das Blog bereits ausführlich über die Weight-Watchers-Schleichwerbung der ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel.

"Programmlicher Befund nicht eindeutig"

Zu den verwirrendsten Formaten im deutschen Fernsehen gehört seit vielen Jahren die Sendung “Spektrum Gesundheit” mit Hademar Bankhofer. Nach dem Ende verschiedener Projekte im Zusammenhang mit Schleichwerbungsvorwürfen ist “Spektrum Gesundheit” Bankhofers letztes TV-Biotop.

Verwirrend ist die Sendung deshalb, weil man bei ihrer Betrachtung stets den Eindruck hat, versehentlich eine Dauerwerbesendung für verschreibungspflichtige Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte eingeschaltet zu haben. Selbst bei genauem Hinsehen findet sich aber nie der Hinweis “Dauerwerbesendung”. Noch irritierender das Gefühl, dass das Heilmittelwerbegesetz für die Dauer der Sendung regelmäßig außer Kraft gesetzt zu sein scheint.

Ausgestrahlt wird die erstaunliche Sendung nicht etwa von einem unter einem Tarnnetz betriebenen Piratensender auf der Inselgruppe Saint Kitts und Nevis (oder gar von einem in den Bergen versteckten ORF-Tochtersender), sondern seit vielen Jahren ganz offiziell u.a. auf den Frequenzen von RTL und SAT1 im Rahmen des “Bayern Journals”. Produzent der Sendung ist die Firma Camp TV, die zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM).

Und aktuell gibt es wohl berechtigten Grund, sich Sorgen um Bankhofers letzte verbliebene TV-Sendung machen. Es gibt nämlich hässliche Vorwürfe der Süddeutschen Zeitung, die BLM habe ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt und – man höre und staune – Schleichwerbung (!) im “Bayern Journal” toleriert. Es geht dabei u.a. um sechsstellige Privatdarlehen des kürzlich ums Leben gekommenen Camp-TV-Eigentümers Ralph Burkei an den Vorsitzenden des bayerischen Medienrates, Klaus Kopka, der eigentlich den Sender kontrollieren sollte, um Parteienfilz, merkwürdige Treffen und zeitliche Koinzidenzen:

Besonders krass aus Sicht der BLM waren zahlreiche Fälle im Jahr 1997. In einer Vorlage für den Medienrat berichtete die BLM damals, dass von Januar bis März 1997 im “Bayern Journal” in insgesamt 31 Beiträgen über Arzneimittel, Kliniken oder Immobilien “gegen das Schleichwerbeverbot verstoßen” worden sei.
[…]
In diese Zeit fällt auch das zweite Darlehen, das Kopka und seine damalige Freundin erhalten hatten. Es datiert vom 1. Mai 1997 und belief sich auf 120.000 Mark. Tags zuvor hatte die BLM 31 Beiträge im “Bayern Journal” beanstandet. Kopka sagte am Dienstag, hier gebe es “überhaupt keinen Zusammenhang”. Das sieht auch die BLM so. Kopka sagte weiter, Burkei habe niemals versucht, “mich für seine Ziele einzuspannen”.

Anlass für uns, zunächst einige Höhepunkte der Sendung aus den vergangenen Jahren revue passieren zu lassen:

“Spektrum Gesundheit” preist Airnergy an (2002):

“Spektrum Gesundheit” preist “Airnergy” an (2007):

“Spektrum Gesundheit” preist Kanne Brottrunk gegen Parkinson an:

“Spektrum Gesundheit” preist “Kanne Brottrunk” gegen Epilepsie an:

“Spektrum Gesundheit” preist “Duovital-Tonicum” (Duopharm) gegen Gelenkschmerzen an:

“Spektrum Gesundheit” preist das verschreibungspflichtige Medikament Memantin (Axura®, Merz) gegen Alzheimer an:

Die BLM bestreitet unterdessen in einer Pressemitteilung, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkomme:

Im Spätsommer und Herbst 2005 sind im Rahmen der Sendereihe „Spektrum Gesundheit“ Krankheitsfälle vorgestellt worden, für deren Behandlung bestimmte Präparate genannt wurden. Dadurch konnte der Eindruck entstehen, dass die Themenauswahl und Darstellung möglicherweise von der Pharmaindustrie beeinflusst wurde. Der programmliche Befund war jedoch nicht eindeutig und es gab keine verwertbaren Hinweise auf mögliche Geldflüsse.