Multiple Sklerose: Langfristige Studien [Akt.]

Was ist der langfristige Nutzen der MS-Therapien? Was ist der langfristige Erfolg der MS-Medikamente? Welche Studien gibt es?

Multiple Sklerose ist eine chronische Krankheit. Die Krankheit ist lang und häufig langsam. Zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr treten meistens die ersten Symptome auf, was dann schliesslich zu MS-Diagnosen führt. Durch die verbesserte Diagnostik mit MRI-Geräten verschiebt sich der Diagnosezeitpunkt stetig nach vorne. Multiple Sklerose ist nicht heilbar. Die Betroffenen leben 30 bis 40 Jahre mit der (sich stetig verschlechternden) Krankheit.

Verschiedene Medikamente, die zwischen 20‘000 und 30‘000 Franken kosten, sind zugelassen. Zur Zulassung notwendig waren zwei positive ein- bis zweijährige Studien. In den Studien wurden die Anzahl Schübe und die MRI-Aktivität gemessen. Statistisch weniger Schübe und weniger MRI-Aktivität (weniger Läsionen/Entzündungen) wurden positiv gewertet.

Weniger Schübe, weniger Läsionen. Ein langfristiger Nutzen ist plausibel.

Doch bis heute ist nicht klar, ob die Entzündungen und Schübe die Haupttreiber der Multiple Sklerose sind. Oder ob, nicht doch die Nervenzellen (Neuronen) aus einem anderen, unbekannten Grund absterben und die Entzündungen einfach eine Folge davon sind.

Die Cochrane Collboration erstellt systematische Übersichtsarbeiten (sytematic reviews and meta analysis) zu medizinischen Behandlungen. Diese gelten als das beste vorhandene Wissen. Kürzlich wurde die Auswertung der MS-Medikamente1 überarbeitet.

It is important to consider that the efficacy and the risk-benefit of all these treatments beyond two years are uncertain, and this is a very relevant point for a lifetime disease such as MS.
Es ist wichtig einzubeziehen, dass die Wirksamkeit und Risiko/Nutzen aller Behandlungen über einen Zeitraum von über zwei Jahren unsicher ist und dass dies ein sehr relevanter Punkt für eine lebenslange Krankheit wie MS ist.

Es gibt also kein wissenschaftlich verlässliches Wissen über eine Zeitdauer von über zwei Jahren. Der langfristige Nutzen der MS-Medikamente ist unbekannt.

Zulassungsstudien im Vergleich zur weiteren LebensdauerSchematische Darstellung der Zulassungsstudien im Vergleich zur weiteren Lebensdauer.

Ein früher Behandlungsbeginn wird dennoch empfohlen.

Deshalb starten die MS Behandlungen früh. Häufig wenn die Betroffenen noch wenig Symptome und eine gute bis ausgezeichnete Gesundheit haben. Die MS-Medikamente sind nicht nebenwirkungsfrei.

Sollen Betroffene wirklich „heute“ ein Medikament nehmen, damit es womöglich/hoffentlich „morgen“ weniger schlimm wird?

Die Frage kann nicht beantwortet werden. Verlässliche Daten fehlen. Alle tappen im Dunkeln. Deshalb fordert Cochrane langfristige Studien:

Thus, studies on the long-term efficacy and safety of immunotherapies for MS are urgently needed.
Also, Studien über den langfristigen Nutzen und die Sicherheit von Immuntherapien für MS werden dringend benötigt.

Die ersten der heutigen MS-Medikamente gibt es seit den frühen Neunziger-Jahren. Es eine Schande, dass praktisch kaum langfristige wissenschaftlich verwertbare Daten erhoben wurden. Mich erstaunt, dass sich die Neurologen bisher mit den kurzfristigen Daten zufrieden gegeben haben und dass es keinen grossen Aufschrei gegeben hat.

Ist einmal ein Medikament zugelassen, hat ein Pharmaunternehmen wenig Interesse an weiteren Studien, ausser der Ausweitung auf weitere Patientengruppen. Sie dürfen das Medikament verkaufen. Wirtschaftlich macht es wenig Sinn den Verkauf durch weitere Studien zu gefährden.

Patienten und Ärzte brauchen langfristigen Daten dringend. MS-Gesellschaften oder Staaten müssen selbst handeln. Einerseits können die Staaten die Regulation für Pharmaunternehmen verändern und beispielsweise langfristige Studien verlangen und MS-Gesellschaften können selbst solche Studien durchführen lassen. Gesetze ändern ist ein aufwändiger und langwieriger Prozess.

Erfreulicherweise ergreifen die MS-Gesellschaften neuerdings selbst die Initiative und starten langfristige Studien. Beispielsweise wurden

  • die Schweizerische Kohortenstudie Swiss MS Cohort Study (SMSC) von der MS-Gesellschaft und
  • die European Register for Multiple Sclerosis (EUReMS) – A tool to assess, compare and enhance the status of people with MS throughout the EU von der European Multiple Sclerosis Platform (EMSP).

gestartet.

Die beste Zeit um einen Baum zu pflanzen wäre vor zwanzig Jahren gewesen, die zweitbeste Zeit ist heute. Afrikanisches Sprichwort

Diese Studien sind sehr begrüssenswert.

Auf die Studien werde ich in kommenden Artikeln weiter eingehen.

Kanada

Kanada ist eine löbliche Ausnahme. Dort wurde vor dreissig Jahren, noch vor den heutigen Medikamenten, mit dem systematischen Erfassen von Krankheitsdaten begonnen. Diese Daten stehen heute zur Verfügung und können ausgewertet werden.

Volkswirtschaftlicher Nutzen

MS wird früh diagnostiziert und die Krankheit dauert lange. Mit über 8‘000 MS Betroffenen ist über ein Promille der Bevölkerung (1 auf 1000 Personen) von der Krankheit betroffen. MS Betroffene scheiden früher aus dem Erwerbsleben aus.

MS-Medikamente sind mit Jahreskosten von über 20‘000 Franken teuer. Die Krankheit verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten. Wegen den Medikamenten und wegen den Invaliditätskosten.

Die Gesellschaft muss ein Interesse an Daten über den langfristigen Nutzen von MS-Behandlungen haben.

Fazit

Verlässliche langfristige Daten sind für MS-Betroffene von grösster Wichtigkeit. Doch langfristige Studien wurden bislang vernachlässigt. Das ist ein enormes Versäumnis. Und dies bei einer Krankheit mit über dreissig Jahren Krankheitsdauer.

Wegen der frühen und langen Krankheit und den hohen Kosten der Medikamente von über 20‘000 Franken bei über 8‘000 Betroffenen sind Daten über den langfristigen Nutzen volkswirtschaftlich von Interesse.

Es braucht mehr langfristige Studien zu Multiple Sklerose.

[Aktualisierung 15.08.2013: Langfristige Studien sind ebenfalls in der Psychiatrie eine Notwendigkeit, siehe Forum Gesundheitspolitik-Artikel Weniger ist mehr, was man aber erst nach einiger Zeit bemerkt: Ein Beispiel aus der Behandlung von psychisch Kranken , 13.08.2013.]

[Aktualisierung 17.08.2013: „Das Fehlen von Langzeitstudien bedeute aber, dass wir nie genau wissen werden, was solche Medikamente später in Erwachsenen bewirken.“ Psychopillen für Zappelkinder, Tages-Anzeiger. 17. Aug. 2013. Für viele Krankheiten reichen kurzfristige Studien einfach nicht. Langfristig könnten die Folgen der Medikamente schlimmer als der Behandlungsgrund sein. «Wir führen ein unkontrolliertes Experiment mit der Gesundheit unserer Kinder durch», sagt Allen Frances.]

[Aktualisierung 27.02.2014: Brief an das Deutsche Ärzteblatt Multiple Sklerose: Therapeutische Unsicherheit von Dr. med. Jutta Scheiderbauer, welche selbst an MS erkrankt ist. Der Brief drückt den ungewissen, langfristigen Nutzen von MS-Medikamenten gut aus.]

[Aktualisierung 06.04.2014: TK-Report: Kaum ein neues Medikament bringt medizinischen Fortschritt, Spiegel Online, 02.04.2014]

[Aktualisierung 06.04.2014: Die MS-Gesellschaft baut ein nationales MS-Register auf. Die langfristige Erhebung von Daten ist für das bessere Verständnis der Betroffenen und der Krankheit sehr wichtig. Siehe Magazin Forte 2014/1, Februar 2014, Seite 20]


  1. Filippini G, Del Giovane C, Vacchi L, D’Amico R, Di Pietrantonj C, Beecher D, & Salanti G. Immunomodulators and immunosuppressants for multiple sclerosis: a network meta-analysis. The Cochrane database of systematic reviews 2013, Issue 6 Art. No.: CD008933. DOI: 10.1002/14651858.CD008933.pub2 PMID: 23744561
    In einem Blogartikel habe ich geschrieben, wie mit einem Trick ganze Cochrane Reports gelesen werden können. 

Multiple Sklerose: Langfristige Studien

Was ist der langfristige Nutzen der MS-Therapien? Was ist der langfristige Erfolg der MS-Medikamente? Welche Studien gibt es?

Multiple Sklerose ist eine chronische Krankheit. Die Krankheit ist lang und häufig langsam. Zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr treten meistens die ersten Symptome auf, was dann schliesslich zu MS-Diagnosen führt. Durch die verbesserte Diagnostik mit MRI-Geräten verschiebt sich der Diagnosezeitpunkt stetig nach vorne. Multiple Sklerose ist nicht heilbar. Die Betroffenen leben 30 bis 40 Jahre mit der (sich stetig verschlechternden) Krankheit.

Verschiedene Medikamente, die zwischen 20‘000 und 30‘000 Franken kosten, sind zugelassen. Zur Zulassung notwendig waren zwei positive ein- bis zweijährige Studien. In den Studien wurden die Anzahl Schübe und die MRI-Aktivität gemessen. Statistisch weniger Schübe und weniger MRI-Aktivität (weniger Läsionen/Entzündungen) wurden positiv gewertet.

Weniger Schübe, weniger Läsionen. Ein langfristiger Nutzen ist plausibel.

Doch bis heute ist nicht klar, ob die Entzündungen und Schübe die Haupttreiber der Multiple Sklerose sind. Oder ob, nicht doch die Nervenzellen (Neuronen) aus einem anderen, unbekannten Grund absterben und die Entzündungen einfach eine Folge davon sind.

Die Cochrane Collboration erstellt systematische Übersichtsarbeiten (sytematic reviews and meta analysis) zu medizinischen Behandlungen. Diese gelten als das beste vorhandene Wissen. Kürzlich wurde die Auswertung der MS-Medikamente1 überarbeitet.

It is important to consider that the efficacy and the risk-benefit of all these treatments beyond two years are uncertain, and this is a very relevant point for a lifetime disease such as MS.
Es ist wichtig einzubeziehen, dass die Wirksamkeit und Risiko/Nutzen aller Behandlungen über einen Zeitraum von über zwei Jahren unsicher ist und dass dies ein sehr relevanter Punkt für eine lebenslange Krankheit wie MS ist.

Es gibt also kein wissenschaftlich verlässliches Wissen über eine Zeitdauer von über zwei Jahren. Der langfristige Nutzen der MS-Medikamente ist unbekannt.

Zulassungsstudien im Vergleich zur weiteren LebensdauerSchematische Darstellung der Zulassungsstudien im Vergleich zur weiteren Lebensdauer.

Ein früher Behandlungsbeginn wird dennoch empfohlen.

Deshalb starten die MS Behandlungen früh. Häufig wenn die Betroffenen noch wenig Symptome und eine gute bis ausgezeichnete Gesundheit haben. Die MS-Medikamente sind nicht nebenwirkungsfrei.

Sollen Betroffene wirklich «heute» ein Medikament nehmen, damit es womöglich/hoffentlich «morgen» weniger schlimm wird?

Die Frage kann nicht beantwortet werden. Verlässliche Daten fehlen. Alle tappen im Dunkeln. Deshalb fordert Cochrane langfristige Studien:

Thus, studies on the long-term efficacy and safety of immunotherapies for MS are urgently needed.
Also, Studien über den langfristigen Nutzen und die Sicherheit von Immuntherapien für MS werden dringend benötigt.

Die ersten der heutigen MS-Medikamente gibt es seit den frühen Neunziger-Jahren. Es eine Schande, dass praktisch kaum langfristige wissenschaftlich verwertbare Daten erhoben wurden. Mich erstaunt, dass sich die Neurologen bisher mit den kurzfristigen Daten zufrieden gegeben haben und dass es keinen grossen Aufschrei gegeben hat.

Ist einmal ein Medikament zugelassen, hat ein Pharmaunternehmen wenig Interesse an weiteren Studien, ausser der Ausweitung auf weitere Patientengruppen. Sie dürfen das Medikament verkaufen. Wirtschaftlich macht es wenig Sinn den Verkauf durch weitere Studien zu gefährden.

Patienten und Ärzte brauchen langfristigen Daten dringend. MS-Gesellschaften oder Staaten müssen selbst handeln. Einerseits können die Staaten die Regulation für Pharmaunternehmen verändern und beispielsweise langfristige Studien verlangen und MS-Gesellschaften können selbst solche Studien durchführen lassen. Gesetze ändern ist ein aufwändiger und langwieriger Prozess.

Erfreulicherweise ergreifen die MS-Gesellschaften neuerdings selbst die Initiative und starten langfristige Studien. Beispielsweise wurden

  • die Schweizerische Kohortenstudie Swiss MS Cohort Study (SMSC) von der MS-Gesellschaft und
  • die European Register for Multiple Sclerosis (EUReMS) – A tool to assess, compare and enhance the status of people with MS throughout the EU von der European Multiple Sclerosis Platform (EMSP).

gestartet.

Die beste Zeit um einen Baum zu pflanzen wäre vor zwanzig Jahren gewesen, die zweitbeste Zeit ist heute. Afrikanisches Sprichwort

Diese Studien sind sehr begrüssenswert.

Auf die Studien werde ich in kommenden Artikeln weiter eingehen.

Kanada

Kanada ist eine löbliche Ausnahme. Dort wurde vor dreissig Jahren, noch vor den heutigen Medikamenten, mit dem systematischen Erfassen von Krankheitsdaten begonnen. Diese Daten stehen heute zur Verfügung und können ausgewertet werden.

Volkswirtschaftlicher Nutzen

MS wird früh diagnostiziert und die Krankheit dauert lange. Mit über 8‘000 MS Betroffenen ist über ein Promille der Bevölkerung (1 auf 1000 Personen) von der Krankheit betroffen. MS Betroffene scheiden früher aus dem Erwerbsleben aus.

MS-Medikamente sind mit Jahreskosten von über 20‘000 Franken teuer. Die Krankheit verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten. Wegen den Medikamenten und wegen den Invaliditätskosten.

Die Gesellschaft muss ein Interesse an Daten über den langfristigen Nutzen von MS-Behandlungen haben.

Fazit

Verlässliche langfristige Daten sind für MS-Betroffene von grösster Wichtigkeit. Doch langfristige Studien wurden bislang vernachlässigt. Das ist ein enormes Versäumnis. Und dies bei einer Krankheit mit über dreissig Jahren Krankheitsdauer.

Wegen der frühen und langen Krankheit und den hohen Kosten der Medikamente von über 20‘000 Franken bei über 8‘000 Betroffenen sind Daten über den langfristigen Nutzen volkswirtschaftlich von Interesse.

Es braucht mehr langfristige Studien zu Multiple Sklerose.

[Aktualisierung 15.08.2013: Langfristige Studien sind ebenfalls in der Psychiatrie eine Notwendigkeit, siehe Forum Gesundheitspolitik-Artikel Weniger ist mehr, was man aber erst nach einiger Zeit bemerkt: Ein Beispiel aus der Behandlung von psychisch Kranken , 13.08.2013.]

[Aktualisierung 17.08.2013: «Das Fehlen von Langzeitstudien bedeute aber, dass wir nie genau wissen werden, was solche Medikamente später in Erwachsenen bewirken.» Psychopillen für Zappelkinder, Tages-Anzeiger. 17. Aug. 2013. Für viele Krankheiten reichen kurzfristige Studien einfach nicht. Langfristig könnten die Folgen der Medikamente schlimmer als der Behandlungsgrund sein. «Wir führen ein unkontrolliertes Experiment mit der Gesundheit unserer Kinder durch», sagt Allen Frances.]


  1. Filippini G, Del Giovane C, Vacchi L, D’Amico R, Di Pietrantonj C, Beecher D, & Salanti G. Immunomodulators and immunosuppressants for multiple sclerosis: a network meta-analysis. The Cochrane database of systematic reviews 2013, Issue 6 Art. No.: CD008933. DOI: 10.1002/14651858.CD008933.pub2 PMID: 23744561
    In einem Blogartikel habe ich geschrieben, wie mit einem Trick ganze Cochrane Reports gelesen werden können. 

Jasmin Nunige (MS) gewinnt Swiss Alpine Marathon zum 6. Mal

Jasmin Nunige gewinnt den Swiss Alpine Marathon von Davos zum [Aktualisierung 27.07.2015: 5. Mal1] [Aktualisierung 27.07.2015: 6. Mal2]. Sie distanzierte die zweitbeste Frau (Zweite des Gigathlon 2013 Single) über 40 Minuten. Sogar nur vier Männer waren schneller als Jasmin Nunige.

Und das alles mit Multiple Sklerose (MS).

Jasmin NunigeJasmin Nunige

Sie erhielt ihre MS Diagnose 2011. (Sie nimmt keine MS-Medikamente.3 Der Körper wäre nicht mehr zu solchen Leistungen fähig.)

Letztes Jahr sendete das Schweizer Fernsehen eine Reportage über Jasmin Nunige und ihren Umgang mit Multiple Sklerose. Kürzlich erschien eine Reportage über Jasmin Nunige im Internet TV.

Die weitere Sportkarriere von Jasmin Nunige kann auf ihrem Blog verfolgt werden.

Der Swiss Alpine Marathon von Davos ist 78km lang und die Läufer haben über 2600Hm zu überwinden. Jasmin Nunige benötigte dafür 6h 53‘. Der diesjährige Berglauf fand am 27.7.2013 statt.

Gratulation an Jasmin Nunige.

Das Beispiel zeigt eindrücklich wie unterschiedlich MS sein kann. Und was mit einer MS Diagnose noch möglich ist.

Weitere Informationen

Weitere Medienberichte zu Swiss Alpine 2013

Medienberichte zu Jasmin Nunige und MS

Weitere Links

Nachtrag

[Aktualisierung 27.07.2015: Jasmin Nunige gewinnt den Swiss Alpine K78 zum 6. Mal. Wiederum mit einigem Vorsprung. Siehe auch SRF SportAktuell, 25.07.2015]

Jasmin Nunige (MS) gewinnt Swiss Alpine Marathon zum 5. Mal

Jasmin Nunige gewinnt den Swiss Alpine Marathon von Davos zum 5. Mal.1 Sie distanzierte die zweitbeste Frau (Zweite des Gigathlon 2013 Single) über 40 Minuten. Sogar nur vier Männer waren schneller als Jasmin Nunige.

Und das alles mit Multiple Sklerose (MS).

Jasmin NunigeJasmin Nunige

Sie erhielt ihre MS Diagnose 2011. (Sie nimmt keine MS-Medikamente.2 Der Körper wäre nicht mehr zu solchen Leistungen fähig.)

Letztes Jahr sendete das Schweizer Fernsehen eine Reportage über Jasmin Nunige und ihren Umgang mit Multiple Sklerose. Kürzlich erschien eine Reportage über Jasmin Nunige im Internet TV.

Die weitere Sportkarriere von Jasmin Nunige kann auf ihrem Blog verfolgt werden.

Der Swiss Alpine Marathon von Davos ist 78km lang und die Läufer haben über 2600Hm zu überwinden. Jasmin Nunige benötigte dafür 6h 53‘. Der diesjährige Berglauf fand am 27.7.2013 statt.

Gratulation an Jasmin Nunige.

Das Beispiel zeigt eindrücklich wie unterschiedlich MS sein kann. Und was mit einer MS Diagnose noch möglich ist.

Weitere Informationen

Weitere Medienberichte zu Swiss Alpine 2013

Medienberichte zu Jasmin Nunige und MS

Weitere Links

Zugriff auf volle Cochrane Auswertungen

Wie können die vollen Cochrane Übersichtsarbeiten (Reviews) – nicht nur die Zusammenfassungen – gelesen werden?

Die Cochrane Collaboration erstellt systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) über die verschiedensten medizinischen Behandlungen. Es werden die gesamten vorhandenen Daten in die Auswertungen einbezogen. Die Cochrane Zusammenstellungen (Reviews) stellen das beste vorhandene Wissen über Behandlungen dar.

Die Zusammenfassungen können gesucht und gelesen werden. Das ist sehr nützlich für eine schnelle Antwort. (Die meisten Zusammenfassungen sind auf englisch.)

Für eine genauere Beschäftigung genügen jedoch die Zusammenfassungen nicht mehr.

Seit Februar 2013 sind die Cochrane Übersichtsarbeiten Open Access, jedoch mit einer Wartezeit von zwölf Monaten ab Veröffentlichung. Der Zugriff auf neue Reviews ist somit nicht ohne weiteres möglich.

Gewisse Länder wie England oder Fachinstitutionen wie die Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) gewähren den freien Zugang direkt nach der Veröffentlichung. Normale Schweizer Bürger haben keinen freien Zugriff.

Es gibt nun drei Möglichkeiten trotzdem an den Inhalt zu kommen.

Zugriff via Tunnel (VPN)

Die Webseite prüft via IP-Adresse woher der Benutzer kommt. Jeder im Internet hat eine IP-Adresse, beispielsweise 189.62.88.191. Diese wird normalerweise vom Provider, z.B. der Swisscom, vergeben. Jeder Provider hat einen Block solcher Adressen. Die Provider decken eine bestimmte Region ab.

Tunnel können für Fernzugriffe eingesetzt werden. Dies ist ein technischer Trick. Man meldet bei einem Tunnel an, dann läuft der ganze Datenverkehr verschlüsselt über diesen Tunnel und man „kommt“ am anderen Ende heraus. Am anderen Ende hat man dann die IP-Adresse des Servers. Steht dieser in den USA, ist es eine US IP-Adresse, steht dieser in England ist es eine englische IP-Adresse.

Viele ausgewanderte Leute (Expats) benutzen solche Tunnel um vom Ausland Zugriff auf die Programme der heimischen Fernsehstationen zu haben, die im Ausland sonst nicht abrufbar sind.

Es gibt verschiedene solcher Tunnel. Die meisten kosten etwas.

Der Tunnel-Dienst TunnelBear bietet Tunnels in die USA, Grossbritannien, Deutschland und Kanada an. Bis 500 MB pro Monat ist der Dienst gratis.

Screenshot TunnelBearScreenshot TunnelBear der Android App

Den Tunnel-Dienst TunnelBear gibt es für Windows, Mac, iOS und Android.

Die aktuelle IP-Adresse kann zur Kontrolle auf Webseiten einfach angezeigt werden, z.B. auf www.showmemyip.com.

Tunnels sind völlig legal. VPN Tunnels werden häufig auch von Unternehmen für externe Mitarbeiter eingesetzt, damit diese von aussen Zugriff auf das Firmen-interne Netzwerk haben. Wie bei allen Programmen sollte man sich vergewissern was man installiert. Solange ein Tunnel aktiv ist, läuft der ganze Datenverkehr darüber.

Zugriff via Login

Eine andere Möglichkeit für ganze Cochrane-Berichte ist ein Konto bei der Wiley Online Library, dem Verlag der Cochrane Reviews, zu machen und dort seinen Standort ein Land mit freiem Zugriff zu legen, z.B. England. Es ist möglich den Standort selbst festzulegen. Der Standort kann nur einmal eingestellt werden und danach nicht mehr geändert werden.

Wiley Online Library: National ProvisionNational Provision beim Account der Wiley Online Library

Durch eine kleine Unwahrheit ist somit der Zugriff ohne Tunnels möglich.

Artikel kaufen

Es ist möglich einzelne Artikel beim Verlag Wiley Online Library zu kaufen. Beispielsweise kostet der Artikel Immunomodulators and immunosuppressants for multiple sclerosis: a network meta-analysis:

Name Price
24 hour online access: US$ 35.00
Sales tax: US$ 6.86
Total: US$ 41.86

Mit über 40$ ist ein einzelner Artikel nicht gerade günstig.

Diskussion

Volle Cochrane Reviews können durch den technischen Trick des Tunnels, durch eine kleine Unwahrheit oder gegen Bezahlung erhalten werden. Solange der Zugang in der Schweiz nicht frei ist, zeigt dieser Blogartikel einen Ausweg.

Erfreulicherweise sind Cochrane Reviews nach zwölf Monaten Open Access und dann allen zugänglich.

Jeder sollte ab Veröffentlichung freien Zugang zu Cochrane Reviews haben. In der Schweiz gelten die WZW-Kriterien: Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit. Also die Prinzipien der Evidenzbasierten Medizin (EBM). Es müsste somit im Interesse des Schweizer Gesundheitssystems sein, wenn jeder Patient und Bürger selbst die WZW-Kriterien am besten vorhanden Wissen – den Cochrane Reviews – überprüfen könnte. Die Cochrane Collaboration ist eine Non-Profit Organisation, ihre unabhängige Arbeit muss jedoch auch bezahlt werden. Gerade die Unabhängigkeit ist notwendig für verlässliche Auswertungen. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), der Krankenkassenverband santésuisse, Krankenkassenverband Curafutura und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) könnten/sollten die Kosten für einen freien Cochrane-Zugang in der Schweiz übernehmen.

PubMed: Wie suche ich wissenschaftliche Publikationen?

Wo finde ich wissenschaftliche Publikationen? Wie suche ich wissenschaftliche Forschungsartikel? Wie finde ich wissenschaftliche Antworten?

In der Medizin sind Studien und Forschungspublikationen allgegenwärtig. Studien werden zur Zulassung von Medikamenten benötigt. Mit Studien wird argumentiert, warum eine Behandlung besser oder sicherer sei.

In den Medien oder in Laienzusammenfassungen wird häufig verkürzt und vereinfacht darüber berichtet. Die Schlagzeile zählt. Häufig kommt es aber darauf an, wie die Resultate gewonnen wurden? Welche Methode wurde angewendet? Gibt es Einschränkungen? Was sind mögliche Verzerrungen?

Wenn man es genauer wissen will, kommt man nicht darum herum, die Studie selbst zu lesen. Dazu muss die Studie gesucht werden.

Die Forschung heute ist auf englisch. Englisch wird deshalb vorausgesetzt.

PubMed

PubMed ist eine der einfachsten und mächtigsten Möglichkeiten zum Suchen von Forschungspublikationen. Der US-Staat betreibt seit langem die Datenbank MEDLINE, welche die wichtigsten Fachzeitschriften systematisch erfasst und indexiert. Die Daten reichen über 100 Jahre zurück. Die Artikel sind kategorisiert und mit Schlagwörtern versehen. Die Artikel selbst sind jedoch nicht in MEDLINE abgelegt, sondern MEDLINE ist nur der Katalog.

PubMed ist die frei zugängliche Webseite zur Suche in der MEDLINE-Datenbank. Die Artikel können nach Themen gesucht werden. Oder nach Autoren. Die Suche kann zeitlich eingeschränkt werden.

PubMedPubMed | Public domain

Der Mensch lernt am Besten mit Beispielen.

Beispiel 1

Ich möchte das Editorial «Relationships with the drug industry: Keep at arm’s length» von Marcia Angell aus dem British Medical Journal aus dem Jahre 2009 suchen. Dieser Artikel wird in der Regel wie folgt oder ähnlich referenziert

Angell M. Relationships with the drug industry: Keep at arm’s length. BMJ. 2009;338:b222. PMID:19193614

Ich kann beispielsweise mit angell m[Author] Relationships with the drug industry: Keep at arm’s length. nach dem Artikel suchen (Der Link führt gerade die Suche aus.). Namen werden häufig am Besten nach dem Schema Nachname mit erstem Vornamenbuchstaben gesucht, also Angell M. Das ist in der medizinischen Literatur so üblich.

Der Zusatz [Author] sagt PubMed, um welches Feld in der Datenbank es sich handelt. Die Suche wird durch solche Hinweise genauer.

In den «Search Details» auf der rechten Seite sieht man, welche Suche exakt ausgeführt wurde. Das kann beim Verfeinern der Suche helfen. Eine Suchanweisung der Search Details kann beispielsweise bei der nächsten PubMed-Suche ins Suchfeld kopiert und verändert werden.

Bei den gefundenen Artikeln ist jeweils oben Rechts ein Link zur Fachzeitschrift (Journal). In unserem Beispiel landen wir beim Anklicken auf dem Artikel. Doch, oh Schreck. Der Artikel ist da, aber wir können ihn nicht direkt lesen. Er ist nicht frei zugänglich.

Findet Google den Artikel Text? Eine Google-Suche führt zum gleichen Artikel.

Eine weitere Suchmöglichkeit ist Google Scholar, was nur Forschungsartikel sucht. Diese Suche findet wieder den gleichen Artikel. Teilweise werden auch Kopien mit dem Inhalt gefunden. Google Scholar ist von Google speziell zur Suche von wissenschaftlichen Publikationen entworfen worden.

Dass wir den Artikel nicht lesen können, ist nicht ein Problem von PubMed, sondern der Wissenschaft selbst. Viele Forschungsartikel sind leider nicht frei zugänglich.

Der freie Zugang wird als Open Access bezeichnet. Seit einigen Jahren gibt es das Bestreben, dass öffentlich bezahlte Forschung auch öffentlich frei zugänglich ist. Mehr zum Thema in der Artikelauflistung: Open Access.

Beispiel 2

Es soll die Phase III Studie von Fingolimod mit Prof. Dr. Kappos als Erstautoren gesucht werden.

Die Suche Kappos L fingolimod funktioniert. Es werden 15 Resultate zurückgegeben und der gesuchte Artikel ist an elfter Stelle. (Die Reihenfolge kann sich ändern.)

Die Suche könnte zusätzlich mit dem Publikationsjahr verfeinert werden. Die Suche Kappos L fingolimod 2010[year] liefert dann direkt den Artikel zurück.

Wir haben Glück und der Artikel ist Open Access. Oben rechts kann auf den Link zur Fachzeitschrift geklickt werden. Der Artikel erscheint.

Was ist der Unterschied zwischen PubMed und Google?

Google und Google Scholar sind gut bei der Suche von einzelnen Publikationen.

PubMed hat, mit einer Datenbank im Hintergrund, den Vorteil bei systematischen Suchen. Wenn es nicht nur um eine Publikation geht, sondern z.B. alle Artikel eines Themas. Beispielsweise alle Studien von Prof. Kappos zu Fingolimod: Kappos L fingolimod.

(Alle Studien eines Themas werden nur gefunden, wenn alle durchgeführten Studien auch wirklich publiziert wurden. Es wird geschätzt, dass die Hälfte aller Studien nicht veröffentlicht sind. «Positive» Studien werden zweimal häufiger veröffentlicht als «negative» Studien. Die verzerrte Forschungsliteratur (publication bias) ist ein eigenes Thema. Die AllTrials-Initiative engagiert sich gegen dieses Missstand.)

PMID

Die PMID identifiziert eine Publikation in der Datenbank. Mit dieser Nummer kann direkt auf die Publikation zugegriffen werden, beispielsweise 19193614[uid].

Die PMID wird auch von anderen genutzt. So beispielsweise von Wikipedia mit einem Automatismus für medizinische Referenzen via PMID.

PubMed Central (PMC)

PMC ist der Bruder von PubMed. PMC speichert im Gegensatz zu PubMed den vollen Text des Artikels selbst in der Datenbank. Das geht nur mit Publikationen, die dies erlauben. Also Open Access sind. PMC enthält folglich nur eine Untermenge von PubMed.

Cochrane und systematische Übersichtsarbeiten

PubMed ist ein Werkzeug. Mit PubMed können eigene Recherchen durchgeführt werden. Für verlässliche medizinische bzw wissenschaftliche Antworten ist die Cochrane Bibliothek jedoch das Mittel der Wahl. Denn die Cochrane Artikel sind das Resultat von systematischen Literaturrecherchen und Bewertungen, die typischerweise mit PubMed durchgeführt wurden. Wer schneidert sich heutzutage eine eigene Jacke, wenn fertige Jacken günstig gekauft werden können?

Cochrane-Berichte werden periodisch aktualisiert und dem neuen Stand der Wissenschaft angepasst.

Fazit

PubMed ist sehr praktisch zum Suchen von medizinischen Forschungsartikeln. PubMed ist mächtig. Man muss nicht alles verstehen um suchen zu können.

Open Access ist für alle, die nicht an Universitäten angestellt sind, eine Voraussetzung. Und das ist die Mehrheit der Bevölkerung.

Alle im medizinischen Umfeld, sei es als Patienten, Blogger oder Betreuer, sollten PubMed kennen und nutzen.

[Aktualisierung 20.07.2013: E-Mail Adressen von Forschern können mit [First Author] gefunden werden, z.B. Kappos L[Author – First]. Dann auf die Publikation klicken. Oben ist jeweils die E-Mail-Adresse der Ansprechsperson der Studie, häufig der erste Autor, angegeben.]

Der Regierungsstillstand (Government shutdown) der USA betrifft auch PubMed:
PubMed is open, however it is being maintained with minimal staffing due to the lapse in government funding. Information will be updated to the extent possible, and the agency will attempt to respond to urgent operational inquiries. For updates regarding government operating status see USA.gov.
Was wir sehen: Zentrale Systeme sind anfällig.

PubMed: Wie suche ich wissenschaftliche Publikationen?

Wo finde ich wissenschaftliche Publikationen? Wie suche ich wissenschaftliche Forschungsartikel? Wie finde ich wissenschaftliche Antworten?

In der Medizin sind Studien und Forschungspublikationen allgegenwärtig. Studien werden zur Zulassung von Medikamenten benötigt. Mit Studien wird argumentiert, warum eine Behandlung besser oder sicherer sei.

In den Medien oder in Laienzusammenfassungen wird häufig verkürzt und vereinfacht darüber berichtet. Die Schlagzeile zählt. Häufig kommt es aber darauf an, wie die Resultate gewonnen wurden? Welche Methode wurde angewendet? Gibt es Einschränkungen? Was sind mögliche Verzerrungen?

Wenn man es genauer wissen will, kommt man nicht darum herum, die Studie selbst zu lesen. Dazu muss die Studie gesucht werden.

Die Forschung heute ist auf englisch. Englisch wird deshalb vorausgesetzt.

PubMed

PubMed ist eine der einfachsten und mächtigsten Möglichkeiten zum Suchen von Forschungspublikationen. Der US-Staat betreibt seit langem die Datenbank MEDLINE, welche die wichtigsten Fachzeitschriften systematisch erfasst und indexiert. Die Daten reichen über 100 Jahre zurück. Die Artikel sind kategorisiert und mit Schlagwörtern versehen. Die Artikel selbst sind jedoch nicht in MEDLINE abgelegt, sondern MEDLINE ist nur der Katalog.

PubMed ist die frei zugängliche Webseite zur Suche in der MEDLINE-Datenbank. Die Artikel können nach Themen gesucht werden. Oder nach Autoren. Die Suche kann zeitlich eingeschränkt werden.

PubMedPubMed | Public domain

Der Mensch lernt am Besten mit Beispielen.

Beispiel 1

Ich möchte das Editorial „Relationships with the drug industry: Keep at arm’s length“ von Marcia Angell aus dem British Medical Journal aus dem Jahre 2009 suchen. Dieser Artikel wird in der Regel wie folgt oder ähnlich referenziert

Angell M. Relationships with the drug industry: Keep at arm’s length. BMJ. 2009;338:b222. PMID:19193614

Ich kann beispielsweise mit angell m[Author] Relationships with the drug industry: Keep at arm’s length. nach dem Artikel suchen (Der Link führt gerade die Suche aus.). Namen werden häufig am Besten nach dem Schema Nachname mit erstem Vornamenbuchstaben gesucht, also Angell M. Das ist in der medizinischen Literatur so üblich.

Der Zusatz [Author] sagt PubMed, um welches Feld in der Datenbank es sich handelt. Die Suche wird durch solche Hinweise genauer.

In den „Search Details“ auf der rechten Seite sieht man, welche Suche exakt ausgeführt wurde. Das kann beim Verfeinern der Suche helfen. Eine Suchanweisung der Search Details kann beispielsweise bei der nächsten PubMed-Suche ins Suchfeld kopiert und verändert werden.

Bei den gefundenen Artikeln ist jeweils oben Rechts ein Link zur Fachzeitschrift (Journal). In unserem Beispiel landen wir beim Anklicken auf dem Artikel. Doch, oh Schreck. Der Artikel ist da, aber wir können ihn nicht direkt lesen. Er ist nicht frei zugänglich.

Findet Google den Artikel Text? Eine Google-Suche führt zum gleichen Artikel.

Eine weitere Suchmöglichkeit ist Google Scholar, was nur Forschungsartikel sucht. Diese Suche findet wieder den gleichen Artikel. Teilweise werden auch Kopien mit dem Inhalt gefunden. Google Scholar ist von Google speziell zur Suche von wissenschaftlichen Publikationen entworfen worden.

Dass wir den Artikel nicht lesen können, ist nicht ein Problem von PubMed, sondern der Wissenschaft selbst. Viele Forschungsartikel sind leider nicht frei zugänglich.

Der freie Zugang wird als Open Access bezeichnet. Seit einigen Jahren gibt es das Bestreben, dass öffentlich bezahlte Forschung auch öffentlich frei zugänglich ist. Mehr zum Thema in der Artikelauflistung: Open Access.

Beispiel 2

Es soll die Phase III Studie von Fingolimod mit Prof. Dr. Kappos als Erstautoren gesucht werden.

Die Suche Kappos L fingolimod funktioniert. Es werden 15 Resultate zurückgegeben und der gesuchte Artikel ist an elfter Stelle. (Die Reihenfolge kann sich ändern.)

Die Suche könnte zusätzlich mit dem Publikationsjahr verfeinert werden. Die Suche Kappos L fingolimod 2010[year] liefert dann direkt den Artikel zurück.

Wir haben Glück und der Artikel ist Open Access. Oben rechts kann auf den Link zur Fachzeitschrift geklickt werden. Der Artikel erscheint.

Was ist der Unterschied zwischen PubMed und Google?

Google und Google Scholar sind gut bei der Suche von einzelnen Publikationen.

PubMed hat, mit einer Datenbank im Hintergrund, den Vorteil bei systematischen Suchen. Wenn es nicht nur um eine Publikation geht, sondern z.B. alle Artikel eines Themas. Beispielsweise alle Studien von Prof. Kappos zu Fingolimod: Kappos L fingolimod.

(Alle Studien eines Themas werden nur gefunden, wenn alle durchgeführten Studien auch wirklich publiziert wurden. Es wird geschätzt, dass die Hälfte aller Studien nicht veröffentlicht sind. „Positive“ Studien werden zweimal häufiger veröffentlicht als „negative“ Studien. Die verzerrte Forschungsliteratur (publication bias) ist ein eigenes Thema. Die AllTrials-Initiative engagiert sich gegen dieses Missstand.)

PMID

Die PMID identifiziert eine Publikation in der Datenbank. Mit dieser Nummer kann direkt auf die Publikation zugegriffen werden, beispielsweise 19193614[uid].

Die PMID wird auch von anderen genutzt. So beispielsweise von Wikipedia mit einem Automatismus für medizinische Referenzen via PMID.

PubMed Central (PMC)

PMC ist der Bruder von PubMed. PMC speichert im Gegensatz zu PubMed den vollen Text des Artikels selbst in der Datenbank. Das geht nur mit Publikationen, die dies erlauben. Also Open Access sind. PMC enthält folglich nur eine Untermenge von PubMed.

Cochrane und systematische Übersichtsarbeiten

PubMed ist ein Werkzeug. Mit PubMed können eigene Recherchen durchgeführt werden. Für verlässliche medizinische bzw wissenschaftliche Antworten ist die Cochrane Bibliothek jedoch das Mittel der Wahl. Denn die Cochrane Artikel sind das Resultat von systematischen Literaturrecherchen und Bewertungen, die typischerweise mit PubMed durchgeführt wurden. Wer schneidert sich heutzutage eine eigene Jacke, wenn fertige Jacken günstig gekauft werden können?

Cochrane-Berichte werden periodisch aktualisiert und dem neuen Stand der Wissenschaft angepasst.

Fazit

PubMed ist sehr praktisch zum Suchen von medizinischen Forschungsartikeln. PubMed ist mächtig. Man muss nicht alles verstehen um suchen zu können.

Open Access ist für alle, die nicht an Universitäten angestellt sind, eine Voraussetzung. Und das ist die Mehrheit der Bevölkerung.

Alle im medizinischen Umfeld, sei es als Patienten, Blogger oder Betreuer, sollten PubMed kennen und nutzen.

[Aktualisierung 20.07.2013: E-Mail Adressen von Forschern können mit [First Author] gefunden werden, z.B. Kappos L[Author – First]. Dann auf die Publikation klicken. Oben ist jeweils die E-Mail-Adresse der Ansprechsperson der Studie, häufig der erste Autor, angegeben.]

Der Regierungsstillstand (Government shutdown) der USA betrifft auch PubMed:
PubMed is open, however it is being maintained with minimal staffing due to the lapse in government funding. Information will be updated to the extent possible, and the agency will attempt to respond to urgent operational inquiries. For updates regarding government operating status see USA.gov.
Was wir sehen: Zentrale Systeme sind anfällig.

Behinderung und Technologie: Google Street View

Was hat Technologie mit Behinderung zu tun? Wie kann Technologie im Alltag helfen?

Technologie kann Helfen und Defizite kompensieren.

Ein kleines, unerwartet einfaches Beispiel aus dem Alltag. Eine MS-Betroffene, welche auf den Rollstuhl angewiesen ist, erzählte mir von ihrem Trick. Vor jedem Restaurantbesuch schaut sie sich auf Google Street View die Situation an. Hat es eine Treppe beim Eingang? Ist das Restaurant rollstuhlgängig?

Man kann sich vorgängig ein Bild machen.

Beispiele 1: Wie ist der Zugang zum Restaurant Alpha in Thun?

Grössere Kartenansicht

Beispiele 2: Wie ist der Zugang zum Restaurant Alpenblick in Thun?

Zugang zum Restaurant Alpenblick in Thun auf Google Street ViewBeispiele 2: Zugang zum Restaurant Alpenblick in Thun auf Google Street View

Link zu Restaurant Alpenblick in Thun auf Google Street View

Frankreich und Italien haben eine grosse Abdeckung. Deutschland und Österreich sind aus rechtlichen Gründen nicht erfasst.

Google Street View Abdeckung Frankreich, Schweiz, Deutschland, Österreich, Stand: 22.06.2013Google Street View Abdeckung Frankreich, Schweiz, Deutschland, Österreich, Stand: 22.06.2013

Wegen Rechtsproblemen ist die Abdeckung in der Schweiz noch nicht sehr gross. Die Probleme sind mittlerweile gelöst und die die Google Fahrzeuge sind seit Mitte 2013 wieder unterwegs.

Google Street View Abdeckung Schweiz, Stand: 22.06.2013Google Street View Abdeckung Schweiz, Stand: 22.06.2013

Fazit

Zusätzliche Informationen, wie z.B. Zugangsbilder von Google Street View, helfen Behinderten bei der Planung.

Multiple Sklerose: Medikamentenübersicht mit Preisen

Welche Medikamente gibt es gegen die schubförmige MS? Was kosten MS-Medikamente?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische, nicht heilbare Krankheit. Die Ursache wie auch Krankheitsentwicklung sind unbekannt. Trotz intensiver Forschung sind wesentliche Teile der Krankheit nicht klar. Was löst die Krankheit aus? Ist es eine Autoimmunerkrankung oder eine Neurodegenerativekrankheit? Was klar ist, ist, dass es Entzündungen im Gehirn gibt. Die Schutzschicht der Nervenverbindungen – das Myelin – wird dabei geschädigt.

Anhand des bekannten Wissens wird versucht, die Krankheit zu beeinflussen. Die vorhanden Medikamente blockieren oder verändern das Immunsystem (Immunsuppression, Immunmodulation). Wenn auch keine Heilung möglich ist, so ist die Hoffnung der Ärzte die Krankheit günstig beeinflussen oder stoppen zu können.

Die Pharmaindustrie hat innerhalb der letzten zwanzig Jahren diverse Medikamente zur Marktreife entwickelt. Etliche Medikamente befinden sich in der Schlussphase der Entwicklung.

Ich habe die vorhandenen Medikamente mit den zugelassenen Dosierungen und den Preisen zusammengestellt.

Dosierung

Die Liste, der für die schubförmige MS vorgesehenen Medikamente, mit den zugelassenen Dosierungen und Verabreichungsformen.

Medi Marke Hersteller Dosierung CH FDA
IFNbeta 1b Betaferon®* Bayer 1x 250μg/2T s.c. J 1993
IFNbeta 1b Extavia®* Novartis 1x 250μg/2T s.c. N 2009
IFNbeta 1a Avonex® Biogen Idec 1x 30μg/W i.m. J 2003
IFNbeta 1a Rebif®* Merck Serono 3x 22μg/W s.c. J 2002
IFNbeta 1a Rebif®* Merck Serono 3x 44μg/W s.c. J 2002
Glatirameracetat Copaxone® Teva Pharma 1x 20mg/T s.c. J 1996
Fingolimod Gilenya® Novartis 1x 0.5mg/T oral J 2012
Natalizumab Tysabri® Biogen Idec 1x 300mg/M i.v. J 2004
BG-12 Tecfidera® Biogen Idec 2-3x 240 mg/T oral E 2013
Teriflunomid Aubagio® Genzyme (Sanofi) 1x7mg/T oral E
Teriflunomid Aubagio® Genzyme (Sanofi) 1x14mg/T oral E
Laquinimod (Laquinimod) Teva Pharma 0.6mg?/T oral ?
Alemtuzumab Lemtrada™ Genzyme (Sanofi) 1x5T/J i.v., dann 1x3T/J i.v. ? E
Ocrelizumab (Ocrelizumab) Genentech (Roche), Biogen Idec ?
Daclizumab (Dac-Hyp) (Daclizumab) Roche ?
Mitoxantron Novantron®* Meda Pharma 10-12mg/m²/3-4W (3x; dann 1x/3-6M; max 2J) J 2000
Azathioprin Imurek® Diverse 1x 25mg/T J 1968
Azathioprin Imurek® Diverse 1x 50mg/T J 1968

Dosierung der Medikamente bei schubförmiger Multiple Sklerose.
Legende:
T = Tag, W = Woche, M = Monat, J = Jahr
s.c. = unter die Haut spritzen
i.m. = in einen Muskel spritzen
i.v. = intravenös spritzen
oral = schlucken
CH = CH Zulassung (J = ja, N = nein, E = erwartet, ? = unbekannt)
FDA = Zulassungsjahr der FDA
* = Auch für die sekundär progrediente MS zugelassen
Quelle Dosierung: Vortrag Prof. Kappos Folie 8 und 9 beim MS Informationstag «Aus der Forschung für die Praxis» 2013; Genzyme für Alemtuzumab; FDA-Zulassung in Drugs@FDA abrufbar Stand: 29.06.2013

BG-12 (Tecfidera®) ist in der EU zugelassen, wird aber von Biogen Idec noch nicht vermarktet. Der Wirkstoff von BG-12 (Tecfidera®) ist Dimethylfumarat, ein relativ einfach herzustellender Stoff, dessen Wirkung auf MS zufällig entdeckt wurde. Apotheken können Dimethylfumarat-Kapseln selbst herstellen. Dazu habe ich einen BG-12 (Tecfidera®)-Artikel geschrieben.

Mitoxantron wird pro Körperoberfläche dosiert. Die durchschnittliche Körperoberfläche eines erwachsenen Menschen ist 1.7m². Dies ergibt eine durchschnittliche Dosis von 20mg.

Azathioprin (Imurek®) wird in der Schweiz praktisch nicht mehr eingesetzt.

Ausser Azathioprin und Mitoxantron sind alle diese Medikamente geschützt, durch Produktpatente oder andere Mechanismen. Die Hersteller haben ein befristetes Monopol.

Preise

Die Medikamentenpreise sind in den meisten Ländern staatlich reguliert. Mit dem Erhoffen von Innovationsförderung werden befristete Monopole erteilt.

Für einen einzelnen Betroffenen spielt der Preis des Medikamentes praktisch keine Rolle. Die Krankenversicherung, also die Allgemeinheit, übernimmt die Kosten.

Schweiz

Marke Hersteller Preis ST P/J CH Kosten/J
Betaferon® Bayer Fr. 1‘747 15 12 Fr. 21‘261
Avonex® Biogen Idec Fr. 1‘386 4 13 Fr. 18‘017
Rebif® Merck Serono Fr. 1‘796 12 13 Fr. 23‘345
Rebif® Merck Serono Fr. 2‘203 12 13 Fr. 28‘640
Copaxone® Teva Pharma Fr. 1‘545 28 13 Fr. 20‘136
Gilenya® Novartis Fr. 7‘623 98 4 Fr. 28‘392
Tysabri® Biogen Idec Fr. 2‘370 1 12 Fr. 28‘434
Novantron® Meda Pharma Fr. 303 1 7 Fr. 2‘023
Imurek® Diverse Fr. 25 50 7 Fr. 183
Imurek® Diverse Fr. 42 50 7 Fr. 305

MS-Medikamentenpreise in der Schweiz für die schubförmige Multiple Sklerose.
Legende:
Marke = Markenname des Medikamentes
Preis = Publikumspreis einer Packung, also inkl. MwSt.
ST = Anzahl Stück in der Packung
P/J = Benötigte Packungen pro Jahr
Kosten/J = Kosten für ein Jahr Behandlung
Quelle Preise: Krankenkasse Konkordia, Spezialitätenliste BAG; Stand: 29.06.2013

Vergleich mit Deutschland

Marke Hersteller Preis ST P/J DE Kosten/J
Betaferon® Bayer € 4‘472 42 4 € 19‘430
Extavia® Novartis € 4‘140 45 4 € 16‘790
Avonex® Biogen Idec € 4‘872 12 4 € 21‘111
Rebif® Merck Serono € 1‘614 12 13 € 20‘982
Rebif® Merck Serono € 1‘931 12 13 € 25‘100
Copaxone® Teva Pharma € 1‘557 28 13 € 20‘299
Gilenya® Novartis € 2‘325 28 13 € 30‘304
Tysabri® Biogen Idec € 2‘386 1 12 € 28‘632
Novantron® Meda Pharma € 275 1 7 € 1‘835
Imurek® Diverse € 40 100 4 € 147

MS-Medikamentenpreise für die schubförmige Multiple Sklerose.
Legende:
Marke = Markenname des Medikamentes
Preis = Publikumspreis einer Packung
ST = Anzahl Stück in der Packung
P/J = Benötigte Packungen pro Jahr
Kosten/J = Preis für ein Jahr Behandlung
Quelle Preise: Medizin Fuchs; Stand: 29.06.2013

Vergleich mit Österreich

Marke Hersteller DE Preis ST P/J AT Kosten/J
Betaferon® Bayer € 1‘028 15 12 € 12‘509
Avonex® Biogen Idec € 996 4 13 € 12‘949
Rebif® Merck Serono € 1‘141 12 13 € 14‘839
Rebif® Merck Serono € 1‘141 12 13 € 14‘839
Copaxone® Teva Pharma € 971 28 13 € 12‘660
Gilenya® Novartis € 2‘428 28 13 € 31‘647
Tysabri® Biogen Idec € 1‘775 1 12 € 21‘299
Imurek® Diverse € 43 50 7 € 314

MS-Medikamentenpreise für die schubförmige Multiple Sklerose.
Legende:
Marke = Markenname des Medikamentes
Preis = Preis einer Packung
ST = Anzahl Stück in der Packung
P/J = Benötigte Packungen pro Jahr
Kosten/J = Preis für ein Jahr Behandlung
Quelle Preise: Common European Drug Database; Stand: 03.02.2010

Vergleich mit den USA

Marke Hersteller US Kosten/J
Betaferon® Bayer $ 37‘294
Avonex® Biogen Idec $ 37‘544
Rebif® Merck Serono $ 36‘825
Copaxone® Teva Pharma $ 42‘300
Gilenya® Novartis $ 48‘000
Tysabri® Biogen Idec $ 42‘788
Tecfidera® Biogen Idec $ 54‘900

MS-Medikamentenpreise für die schubförmige Multiple Sklerose.
Legende:
Marke = Markenname des Medikamentes
Preis = Preis einer Packung
ST = Anzahl Stück in der Packung
P/J = Benötigte Packungen pro Jahr
Kosten/J = Preis für ein Jahr Behandlung
Quelle Preise: Bloomberg, 21.03.2011 und Reuters, 29.03.2013

Preisvergleich zwischen der Schweiz, Deutschland, Österreich und den USA

Marke CH Kosten/J DE Kosten/J AT Kosten/J US Kosten/J
Betaferon® Fr. 21‘261 € 19‘430 € 12‘509 $ 37‘294
Extavia® € 16‘790
Avonex® Fr. 18‘017 € 21‘111 € 12‘949 $ 37‘544
Rebif® Fr. 23‘345 € 20‘982 € 14‘839 $ 36‘825
Rebif® Fr. 28‘640 € 25‘100 € 14‘839
Copaxone® Fr. 20‘136 € 20‘299 € 12‘660 $ 42‘300
Gilenya® Fr. 28‘392 € 30‘304 € 31‘647 $ 48‘000
Tysabri® Fr. 28‘434 € 28‘632 € 21‘299 $ 42‘788
Tecfidera® NZ NZ NZ $ 54‘900
Durchschnitt Fr. 24‘032 € 22‘831 € 17‘249 $ 42‘807

Vergleich der MS-Medikamentenpreise für die schubförmige Multiple Sklerose zwischen der Schweiz, Deutschland, Österreich und den USA. Die Kosten sollten alle inkl. MwSt. sein.
Legende:
NZ = Nicht zugelassen

Die USA haben das teuerste Gesundheitssystem der Welt. Kein Wunder bei solchen Preisen für Medikamente. Die Österreicher haben die gleichen Medikamente, zahlen aber viel weniger dafür.1

Weitere Länder

Die offiziellen Preise weiterer Länder lassen sich recherchieren. Health Action International Foundation (HAI) hat eine Liste von Preisdatenbanken erstellt. Bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist ebenfalls eine Liste von Preisdatenbanken abrufbar.

Betroffene

MS ist in westlichen Ländern ein recht verbreitete Krankheit. Einer auf tausend Personen ist von der Krankheit betroffen. Genaue und aktuelle Zahlen sind leider für die Schweiz nicht vorhanden.

Die Magnetresonanzbilder (MRI, im Volksmund auch «Röhre» genannt) ermöglichen frühe Diagnosen. So können isolierte, frühe neurologische Vorfälle wie Kribbeln in den Armen mit MRI-Bildern als Multiple Sklerose diagnostiziert werden.

In der Schweiz wird etwa mit mehr als 8‘000 MS-Betroffenen gerechnet. Weltweit mit 2.5 Millionen.

Die Krankheit kann milde verlaufen, aber auch innert kurzer Zeit zu grosser Behinderung führen. Vielen sieht man die Krankheit nicht an.

Nutzen der Medikamente

Die Cochrane Collaboration erstellt und aktualisiert systematische Übersichtsarbeiten (systematic reviews) zu den verschiedenen Medikamenten. Diese Übersichtsarbeiten fassen das ganze verfügbare Wissen zu den einzelnen Behandlungen zusammen. Die Empfehlungen werden auch für Laien verständlich formuliert.

Falls eine Entscheidung über ein Medikament ansteht, empfehle ich neben dem Rat des Arztes, ebenfalls die Cochrane Datenbank abzufragen.

Bemerkungen

Bei Medikamenten denkt man schnell an Aspirin. 100 Tabletten kosten Fr. 11.15. Eine Tablette kostet 11 Rappen.

Daneben gibt es auch eine andere Klasse von Medikamente. Medikamente, die sich die Pharmaindustrie teuer bezahlen lässt. Eine MS-Jahresbehandlung kostet über Fr. 28‘000. Also den Preis eines modernen, energiesparenden Hybridfahrzeuges. Und das jedes Jahr. Von den Betroffenen wird erwartet, dass sie diese Medikamente über 15-20 Jahre einnehmen, bis die Krankheit zu weit fortgeschritten ist.

Das grosse Vorkommen, die lange Einnahmedauer und die hohen Preise machen Multiple Sklerose für die Pharmaindustrie zu einer «lukrativen Krankheit». Dies schlägt sich in den zahlreichen neuen Medikamenten nieder.

AIDS-Behandlungen sind mit 25‘000 Fr. ähnlich teuer. Das BAG rechnet mit einer Million Franken Lebenskosten zulasten der Krankenkassen.2 Der Nutzen dieser Medikamente ist offensichtlich, die HIV-Positiven sterben nicht mehr. ADIS ist nicht mehr tödlich.

In den ein bis zweijährigen Phase-III Zulassungsstudien der MS-Medikamente wurde eine Wirkung, z.B. bei Ersatzmesswerten (Surrogat-Parametern) wie MRI-Aktivität festgestellt. Ob sich diese teuren Medikamente langfristig für die Gesellschaft lohnen, ist offen. Die Beta-Interferone sind die erste Generation der MS-Therapien. Seit über zwanzig Jahren sind sie im Einsatz.

Für Kappos steht aber auch fest, dass die langfristige Auswirkung der Beta-Interferone auf die Krankheitsprogression, wenn auch plausibel, so doch letztlich unbewiesen ist. Quelle: Dt. Ärzteblatt

Angenommen die Medikamente haben den erhofften Nutzen, dann ist eine möglichst frühe Behandlung anstrebenswert. Beim Ausbleiben des erwarteten Nutzens, wären die Medikamente eventuell gar kontraproduktiv, da vielleicht junge, früh diagnostizierte Menschen durch die Nebenwirkungen wie Fieberschübe oder Müdigkeit schneller aus dem Erwerbsleben gedrängt werden. Was hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen würde.

Die Unsicherheit über den langfristigen Nutzen und die leider fehlenden langfristigen Studienresultate, machen die Entscheidung für die MS-Betroffenen unnötigerweise schwierig. Sollen jetzt Lebensqualitätseinbussen und Risiken hingenommen werden, um später einen allfällig langsameren Verlauf zu haben?

[Aktualisierung 13.07.2013: Extavia® als Betaferon® (IFNbeta 1b) Subsitution von Novartis für Deutschland hinzugefügt.]

[Aktualisierung 14.07.2013: Zulassungsdatum der FDA (Medikamentenzulassungsbehörde der USA) hinzugefügt.]

[Aktualisierung 13.08.2013: Blogartikel zu langfristigen MS-Studien verlinkt.]


  1. Eine Idee: Vielleicht könnte man die Pharmakosten als Indikator für Ausmass des Lobbyings in der Politik gebrauchen. Die Politik hat Industrieinteressen gegenüber Bügerinteressen abzuwägen. Hohe Preise bedeuten hohe Gewinn für Unternehmen, aber auch hohe Kosten für die Allgemeinheit. 

  2. Quelle: Beobachter 13/2013 Seite 11. Der Artikel ist nicht online verfügbar.