Ich werde ab Oktober mit dem Medizinstudium beginnen und möchte fragen, ob es irgendwelche Tipps gibt, die Du, rückblickend, StudienanfängerInnen geben würdest? Da ich ein sehr praxisorientiertes Studium habe werde, würde mich neben Ratschlägen zum (Auswendig-)Lernen auch interessieren, wie man sich möglichst schnell und gut in der Klinik, umgeben von "echten" Pat., zurechtfindet und sich nicht maßlos überfordert fühlt. Tausend Dank. 😊 PS: Wirklich toller Blog – bitte weiter so!! 👍

Ich denke ich werde in den nächsten Tagen einen “Wie überstehe/meistere ich ein Medizinstudium?” – Ratgeber veröffentlichen. 😉 Fragen dürfen gerne gestellt werden, die ich dann in dem Post beantworten werde.

Die Notaufnahme ist für Notfälle

Einige von euch kennen wahrscheinlich schon folgendes Video:

https://www.youtube.com/watch?v=OXGI7iGKDXU

Klar – man weiß nicht immer wann ein Notfall ein Notfall ist und man soll sich im Ernstfall lieber mal zu viel an ärztliches Personal wenden als einmal zu wenig. Meistens sind es ältere Menschen aus dem ländlichen Bereich, gestandene Bäuerinnen und Bauern, die erst kommen wenn der Darm schon geplatzt ist. Ja – mehrmals erlebt!

Eine Notaufnahme ist für Notfälle. Keine 24-h-Hausarztpraxis. Keine Praxis für “mal schnell mal was zeigen”, weil vielleicht die Hausarztpraxis geschlossen ist oder man gar keine hat, und so weiter und so fort.

Notfälle, welche ich schon erlebt habe auf der Notaufnahme:

– eingewachsener Zehennagel um Mitternacht, welcher schon seit Wochen bestand

– Dreck im Bauchnabel, der sich entzündet hat aufgrund mangelner Hygiene

– oberflächliche Kratzwunden, welche nicht entzündet waren

– ein seit Wochen bestehender blauer Fleck

Und so weiter. Am besten noch mit dem Rettungsfahrzeug kommen, weil man kein Taxi zahlen oder mit den Öffis fahren möchte. Und sich dann beschweren, weil man solange warten muss bis die Ärztin kommt.

Clostridiendiarrhoe

Der Moment wenn man durch die Gänge des Spitals geht und nicht weiß ob es sich bei dem süßlichen Geruch um Essen oder Durchfall handelt. Lecker!

(Clostridium difficile ist ein Bakterium, welches Durchfallerkrankungen hervorruft – häufig im Spital. Da braucht man eigentlich gar nicht mehr den Stuhl darauf untersuchen, denn man erkennt die Erkrankung oft schon am Geruch im PatientInnenzimmer.)

Polio

Vor kurzem habe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Frau mit einer durchgemachten Polio (”Kinderlähmung”) gesehen. Okay, zwar in einem sogenannten Schwellenland, aber immerhin. Diese Krankheit gilt bei uns in Mitteleuropa als ausgerottet. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu vereinzelten Fällen von Polioinfektionen, so auch in Europa.

Leute. Es gibt außer im Falle von bestimmten Erkrankungen (Autoimmunerkrankungen) KEINEN Grund und keine Ausrede sich nicht impfen zu lassen. Wir haben das Privileg uns impfen lassen zu können. Wer sich nicht impfen lässt, gefährdet auch nicht nur sich, sondern auch andere – zum Beispiel Babys oder Kinder, die bestimmte Impfungen erst ab einem gewissen Alter erhalten können oder eben Personen mit Autoimmunerkrankungen.

Fragen oder Zweifel bitte als Kommentar hinterlassen. Beschimpfungen, unlogische, verschwörerische und esoterische Tiraden unerwünscht.

Reiches, westliches Land

Ja, in so einem lebe ich. Die Straßen sind sauber, die Müllabfuhr kommt regelmäßig, es gibt viele Schulen und Spitäler, man fühlt sich auf den Straßen auch nachts relativ sicher, es gibt rund um die Uhr Strom und sauberes Wasser, und in meinem Beruf verdient man pro Monat netto umgerechnet mehrere tausend Euro. Man geht ins Kino und auswärts essen und fährt in den Urlaub und lauter so Späße.

Ich sitze also in der proktologischen Sprechstunde, da geht es um Popo-Probleme. Die gibt es häufig, auch bei jungen Menschen, und dazu zählen Abszesse, Fisteln, Analvenenthrombosen, Hämorrhoiden, und so weiter und so fort.

Mir gegenüber sitzt Herr Tontechniker, jung, von Beruf selbstständiger Tontechniker und hat ein schmerzhaftes Popo-Problem, weswegen er jetzt schon zum vielten Male zu uns kommt. Ich erkläre ihm, dass nun leider eigentlich eine operative Versorgung des Problems anstehen würde, da es mit konservativer Therapie (also Tabletten, Salben, usw…) anscheinend nicht geht.

Nun ist es so, dass Herr Tontechniker zwar monatlich einige hundert Euro an Krankenversicherung zahlt, aber, wie es hier in diesem reichen Land so üblich ist, trotzdem noch zusätzlich ein Selbstbehalt zu blechen ist. Hinzu kommt, dass er selbsständig ist und kein bezahlter Krankenstand in Aussicht ist. Da er im Dezember bereits bei uns war und dort viel Geld (Selbstbehalt) an die Krankenversicherung, bzw. an das Spital überwiesen hat, und es jetzt halt leider nach dem Jahreswechsel ist, müsste er für eine Operation wieder einen Haufen Geld zur Verfügung stellen. Was er nicht kann und deswegen unverrichteter Dinge wieder nachhause geht. Mit einem schmerzhaftem Popo-Problem.