Author: menschenhandwerkerin.
Nackt
Ich bin gefragt worden, ob ich mich von meinen ArbeitskollegInnen operieren hab lassen. Nein.
Warum?
1. Eine Operation ist nie zu 100% komplikationsfrei. Auch wenn es nur ein Mini-Eingriff ist. Läuft irgendetwas nicht wie geplant, wäre zwischen der Arbeitskollegin (ja, ich hätte mich nur von einer Frau operieren lassen, siehe Grund 2) ewig eine komische Stimmung gewesen. Auch wenn sie keinen Fehler gemacht hätte.
2. Wäre es zwingend erforderlich gewesen, mich in “meinem” Haus opieren zu lassen, dann nur von einem reinen Frauenteam. Während einer OP liegt man abgedeckt, aber komplett nackt auf dem Tisch. Und das nicht nur vor der Chirurgin, sondern auch vor: der Assistentin, der OP-Schwester, der Zudienung, der Anästhesistin, der Anästhesie-Schwester, den Personen die einen umlagern… und dann braucht man vielleicht aus irgendeinem Grund einen Blasenkatheter. Also, vor 5-10 ArbeitskollegInnen nackt auf dem Tisch zu liegen? Nein danke. 😉
Danke für die Antwort! Noch eine Frage… Wie ist das eigentlich mit einem Toilettengang während einer OP? Ich mein, 10 Stunden kann doch kein Mensch anhalten. Und essen? 10 Stunden ohne Essen und trotzdem 100% Konzentration scheint mir doch irgendwie sehr suspekt.
Sagen wir mal so, eine Person mit Reizdarm und kleiner Blase sollte sich ein anderes Fach suchen.
Gehen tut alles. Vorher auf die Toilette, etwas trinken (nicht zu viel), viel essen, und dann hält man eine spannende, lange OP nicht nur durch, sondern hat auch noch Spaß daran. Die Arbeit ist so fesselnd, dass man das Tief erst bemerkt, wenn man aus dem Saal geht. Dann ist die Entscheidung manchmal schwierig, was man zuerst tut – Toilettengang, essen, oder Beine hochlegen. 😉
Hey liebe Menschenhandwerkerin :) Hoffe dir geht es besser und du bist wieder einigermaßen auf dem Damm. Ich hätte mal eine Frage bezüglich eines paralytischen Ileus. Bei uns auf Station (internistische Intensiv) streiten sich da die Geister. Also darf man einen Heb Senk Einlauf bei einem paralytischen Ileus durchführen und gibt's da vielleicht auch Kontrainsikationen? Was gebt ihr Medikamentös? Weisst du bei schweren Fällen was besseres als MCP und Neostigmin? Gerade bei Kreislaufinstabilen…
Hey!
Betreffend Einlauf: Kommt darauf an warum der paralytische Ileus besteht. Was ist die zugrunde liegende Erkrankung? Welche Kost ist bei der/dem PatientIn aktuell erlaubt?
Medikamentös: Ja, Neostigmin, MCP, und was manchmal erstaunlich gut wirkt und relativ unbekannt bzw. wenig verbreitet ist: Bepanthen i.v., und zwar mehrere Ampullen täglich. Wenn gar nichts mehr hilft dann Telebrix über die Magensonde. Außer es gibt irgendeine KI… Aber 20ml Telebrix 3xd über die Magensonde, danach je für ne halbe Stunde die Sonde abklemmen. Wirkt mega abführend und abgesehen davon kann man auch nach Gabe des KM ein Abdomen Röntgen machen und sieht wo es sich staut.
Die versprochene Zeichnung
Hier das Meisterwerk, welches die Hernienversorgung mittels IPOM demonstrieren soll. Eine meiner Lieblingsoperationen.
Also. Von außen nach innen: Dein Bauch ist außen mit Haut überzogen. der Knubbel ist der Bauchnabel. Darunter kommt Fett. Ja, auch wenn du schlank oder normalgewichtig bist. Anschließend gibt`s da die 2 geraden Bauchmuskeln, welche von einer sogenannten Muskelfaszie (Bindegewebe) umgeben sind. Darunter ist der Bauch von innen mit dem Peritoneum, dem Bauchfell ausgekleidet.
Bei einer Hernie (”Bruch”) ist aus irgendeinem Grund (angeboren, erworben, Schwangerschaft, Übergewicht, schweres Heben, usw…) quasi ein Loch in der Bauchwand. In der Zeichnung hab ich einen Nabelbruch dargestellt – der schwarze “Trichter”. Da ist also ne Lücke, und das ist nicht gut, weil bei hohem Druck im Bauch (zum Beispiel Husten) können sich die Darmschlingen (lila) durch die Lücke nach außen wölben und im schlimmsten Fall dort eingeklemmt werden.
Hier kommt nun das IPOM (intraperitoneales Onlay-Mesh) ins Spiel: durch wenige kleine Schnitte bringt man das Netz (hier grün gezeichnet) in den Bauchraum ein und näht oder tackert es innen an das Bauchfell. Die Lücke ist nun geschlossen, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Hey! Ich wollte dich mal Fragen, welche Operation deine Lieblingsoperation ist (ich weiß man kann das nicht so pauschalisieren, weil eine Operation nie gleich verläuft). Zugleich wollte ich dich fragen wie lang deine längste Operation ging
Hmmm. Da ich erst Anfängerin, also im zweiten Ausbildungsjahr bin, kann ich da noch nicht auf ein großes Repertoir zurückgreifen. 🙂
An Operationen, die ich selbst als Operateurin durchführe, gefallen mir am besten Hernienoperationen (Brüche im Bereich der Bauchwand, also in der Leistengegend, Nabelbrüche, Narbenbrüche, usw…), und davon am besten die laparoskopische IPOM-Operation. Dabei wird über 3 kleine Schnitte ein Netz von innen an die Bauchwand genäht. Skizze folgt später.
An großen Operationen mag ich am liebsten lange, große Darmoperationen, z. B. bei Dickdarmkrebs.
Die längste Operation bei der ich als Assistenzärztin dabei war dauerte ca. 10 Stunden. Der Patient hatte Speiseröhrenkrebs und wir entfernten die gesamte Speiseröhre über einen Zugang vom Bauch aus. Das war einer der beeindruckendsten Eingriffe ever. Wenn man mit den Händen vom Bauch aus beginnt, immer weiter nach oben in den Brustkorb gelangt, direkt neben der Aorta, neben der Hohlvene, dem Herz… und oben dann durch einen Schnitt beim Hals quasi wieder rauskommt. Einfach Hammer. Der Patient erholte sich sehr schnell von dem Eingriff und war wenige Tage nach dem Eingriff wieder auf der Normalstation und spazierte auf dem Gang herum. Sehr beeindruckend.
Medical aid for refugees
http://medicalaidforrefugees.at
“Wir suchen Ärzte und Ärztinnen die ehrenamtlich für notleidende Menschen
auf der Flucht durch oder nach Österreich tätig werden wollen.”
“Aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation, bei der die medizinische
Versorgung von Menschen auf der Flucht oftmals an ihre Grenzen stößt,
versucht die Initiative „Medical Aid for Refugees“ schnell und flexibel
bereits bestehende oder neue medizinische Strukturen zu unterstützen.
Wenn Lücken in der Gesundheitsversorgung auftreten, dient die Initiative
als Bindeglied um ehrenamtliches, medizinisches Personal mit den
Hilfsorganisationen zu vernetzen. Gleichzeitig unterstützen wir
ehrenamtliche Ärzte und Ärztinnen, damit sie ihre Kompetenzen zur
richtigen Zeit am richtigen Ort einsetzen können.“
Schnipp Schnapp
Also, das war es also, so fühlt es sich an aufgeschnitten zu werden. Autsch! Ab sofort noch mehr Empathie mit den Bauchwunden. Wenn schon so ein kleiner Schnitt so schmerzt, wie fühlt sich dann eine mediane Laparotomie über 20cm an? Naja, dafür gibt`s dann auch nen PDK. Trotzdem. Wie schön ist gesund sein!
Als Chirurgin selbst auf dem Tisch landen. Prädikat: extra…
Als Chirurgin selbst auf dem Tisch landen. Prädikat: extra komisch!
Offensichtlich überfordert
Samstag Abend. Das Diensthandy in meiner Manteltasche und ich laufe auf der Notaufnahme zwischen 4 PatientInnen hin und her, in einer Hand gerade den Ultraschallkopf. Es klingelt. Eine Schwester, auf deren Station zur Zeit exakt 2 (zwei) Patienten liegen.
Schwester: “Bei der Operationswunde von Herrn G. rollt sich das Pflaster an den Rändern etwas auf…”
Ich: “Ja?”
Schwester: “Soll ich es wechseln?”
Ich: “…….. Ja?”
Schwester: “Okay! Danke!”
Und legt auf.