Appendektomien

Können auch manchmal verdammt schwierig sein. Nicht immer liegt das Würmchen schön brav NICHT retrozökal, wenn dann noch eine Perforation, Eiter, Abszessbildung,… dazukommen bin ich noch ganz froh wenn eine OÄ neben mir steht. 😉 Nicht immer bin ich mir sicher ausschließlich die Appendix rauszufieseln… Wenn einfach alles eitrig und verbacken ist und ich (noch) nicht im Gefühl (ja, Gefühl, weil man einfach nicht deutlich sieht wo welche Struktur aufhört/beginnt) hab wo ich jetzt noch den Wurm raushole, oder ob ich nicht vielleicht doch schon im Dickdarm gelandet bin… Letztens schwitzte (und fluchte) auch der OA, der dann letztendlich übernommen hat. Sein Unmut hat mich beruhigt, da ich ein schlechtes Gewissen hatte, “dass ich so eine einfache OP noch immer nicht jedesmal komplett selbstständig durchführen kann”.

Zwar nur Atherome…

… am Rücken, aber: Erste Solo OP, sprich die Menschenhandwerkerin als einzige ChirugIn im Saal. Ganz ohne OA-Draufsicht. 😉

Cin cin!

PS. Sie sind zwar extrem eklig (der Geruch!!!), aber ich liebe es Atherome auszuschälen. Weil ich mir jedesmal vorstelle was es für eine Erleichterung sein muss, wenn man so golfballgroße, entzündete Talgansammlungen unter der Haut hat, die sich dann endlich entleeren können. Bzw. von mir mit dem scharfen Löffel ausgekratzt werden.

Vor ca. 1 Jahr

… habe ich die Abschlussarbeit fertig gestellt und war sooo stolz/froh dieses Studium abgeschlossen haben. Um kurz danach in den ersten Arbeitswochen das Gefühl zu haben kaum etwas (relevantes!) zu wissen.

Ein Jahr später… habe ich viel dazu gelernt. Einiges operiert. Viele PatientInnen gesehen, mit ihnen gesprochen, sie untersucht, aufgeschnitten, zugenäht, getröstet, mit ihnen gescherzt, meine Hände in vielen Bäuchen gehabt, meinen rechten Zeigefinger in vielen Popos (ob es wohl 100 waren?), gefühlte hunderttausende Einzelknopfnähte geknüpft, zig Wundhöhlen gespühlt, Blinddärme und Gallenblasen entfernt, bösartige Geschwüre biopsiert… Eingewachsene Zehennägel wieder uneingewachsen gemacht… Netze in Menschen eingenäht… Hunderte Herzen abgehört, noch mehr Lungenflügel auskultiert… in Augen geleuchtet, in Nasenlöcher gelinst… Drainagen durch Bauch- oder Thoraxwände gestoßen…

Ich liebe diesen Job. <3

R.: “Wieviele Stunden arbeitest du?”

Menschenhandwerkerin: “Zwischen 50 und 90 Stunden pro Woche.”

R.: “Du bist verrückt. Warum machst du das?”

Hallo ;) Darf ich dich was zur Famulatur fragen? Wie früh sollte man sich bewerben und hast du allgemein Tipps um diese gut zu überstehen? Vielen Dank im Voraus ;)

Bewerben: So früh wie möglich, wenn du in ein beliebtes Haus möchtest. Manche Spitäler sind 6-12 Monate im Voraus “ausgebucht”. So dir das Spital egal ist oder es sich um ein kleines Krankenhaus handelt, sind kurzfristige Bewerbungen auch möglich – teilweise Tage bis Wochen vorher.

Allgemeine Tipps… Höflichkeit, Interesse, Engagement und Wissen. Wissen absichtlich zuletzt genannt, da du ja Student(in) bist und erst lernst. Ein/e Alleswisser/in die/der sich daneben benimmt ist weniger gern gesehen als eine Person die noch nicht alles weiß, welche aber interessiert und aufmerksam bei der Sache ist.

Das ist zwar jetzt Werbung fürs eigene Fach, aber Chirurgie find ich für die erste Famulatur eine gute Wahl, von Anatomie hat man Ahnung und irgendwelche kardiologischen Innere-Stationen sind für den Anfang vielleicht etwas zu komplex. Sag ich jetzt mal so.

Falls du eine Chirurgiefamulatur wählst, hab ich einen guten Tipp für die ersten Ops:

1. Präoperativ ausreichend trinken, man weiß nie wann man das nächste Mal dazu kommt (siehe Punkt 3), sowie:

2. ausreichend frühstücken/essen, man steht teilweise gleich zu Beginn stundenlang am Tisch und hypoglykämische Stoffwechsellagen machen sich nicht gut (siehe Punkt 4), sowie:

3. auf die Toilette gehen (siehe Punkt 1),

4. und es immer (!) rechtzeitig (!) sagen wenn man ein schwummriges Gefühl verspürt, wenn einer/einem schwarz vor den Augen wird, ist es meistens schon zu spät und wer weiß ob es im Saal gerade freie Hände gibt, die einen auffangen können. In unserem Spital fiel eine junge Studentin zu Boden auf den Hinterkopf -> intrakranielle Blutung.

Viel Spaß!

Falsche Empfängerin?

SMS von einem Kollegen:

“Hey! Ich bin sorry, hab voll vergessen das Bett neu anzuziehen 😞 tut mir Leid! Schöne Festtage, mach’s gut!”

Eine Sekunde lang wundere ich mich – hat er sich vertippt und wollte die Nachricht seiner Freundin schicken? Was geht mich seine Bettwäsche an?

Bis mir einfällt dass er heute aus dem Nachtdienst ging und ich an der Reihe bin.

Jackpot

Zimmer 10 ist ein mühsames Zimmer. Zwei alte, liebenswerte Ladys, die mich dennoch in den Wahnsinn treiben. Ich habe nicht die Zeit, die man für die Visite in dem Zimmer bräuchte. Beide wollen/brauchen viel Aufmerksamkeit, Zuwendung und Zeit die ich nicht habe. Reden gerne viel und über alles und gehen nie auf die Fragen ein, die ich ihnen stelle. Ich bemühe mich dennoch, versuche auf sie einzugehen, gut zu versorgen und zu behandeln. Unter viel Gekreische und mit viel Widerstand schaffen wir (Pflege und ich) es endlich Frau B. auf den Toilettenstuhl zu heben. Nach viel Zuspruch traut sie sich ihr Geschäft zu verrichten, da sie es zuerst nicht versteht dass das kein normaler Stuhl ist. Sondern einer mit einer Schüssel darunter. Ich gehe aus dem Zimmer und werde Sekunden später von der Pflege gerufen.

“Da schaut unten was raus!”

“Wo? Vaginal oder anal?”

“Ich kann es nicht sehen.”

Ich knie mich hinter die Patientin, spreize ihre Pobacken auseinander und sehe dass sie einen Rektumprolaps hat. Mit der rechten Hand halte ich ihre Pobacken gespreizt, während ich mit den Fingern der linken Hand den vorgefallenen Enddarm sanft zurückschiebe.

Klacks, plumps, spritz… Langsam entleert sich der Inhalt der Brusttasche inklusive Personalausweis in die vollgestuhlte Toilettenschüssel.

Ähm… nein?

Als ich Herrn C. nachhause entlasse und ihm den Arztbericht, sowie das Rezept überreiche, erkläre ich ihm noch einmal jedes einzelne Medikament,  warum weshalb und überhaupt. Ganz langsam und meiner Meinung nach laienorientiert. Wichtig besonders bei Leuten bei denen man das Gefühl hat sie checken es nicht wirklich, auch wenn sie dauernd “ja” sagen… Aber an ihrem Blick sieht man das Gegenteil.

Herr C. = multimorbider Patient mit langer Krankheitsgeschichte, spritzt sich zuhause selbst so manche Medikamente und ist meiner Meinung nach grundsätzlich gut “geschult”. Nicht wie andere PatientInnen, die für einen Pflasterwechsel die mobile Krankenpflege brauchen.

Menschenhandwerkerin: “Bis das Marcoumar wieder so eingestellt ist wie vor der Operation, müssen Sie überlappend Heparin spritzen. Das kennen Sie ja schon.”

Herr C.: “Ja, aber muss ich mir diese Heparinspritzen von der Apotheke holen? Letzten Montag hat mir der Hausarzt Spritzen verschrieben von denen ich noch 9 zuhause habe, kann ich nicht die nehmen?”

Menschenhandwerkerin: “Was haben Sie vom Hausarzt verschrieben bekommen?”

Herr C.: “Spritzen… Irgendwas mit Hundert steht da oben. Kann ich die nicht nehmen?”

Menschenhandwerkerin: “Ich weiss nicht was Sie vom Hausarzt bekommen haben, holen Sie sich bitte lieber die Fertigspritzen aus der Apotheke mit diesem Rezept.”

Herr C.: “Aber ich hab noch so viele von denen zuhause, die möchte ich verbrauchen. Kann ich die nicht nehmen? Hundert steht da oben.”

Menschenhandwerkerin: “Wenn Sie den Namen nicht wissen, kann ich Ihnen leider nicht sagen ob Sie sie statt dem von mir verschriebenem Präparat verwenden können.”

Und so ging das minutenlang hin und her. Letztendlich konnte ich ihn dann davon überzeugen sich nicht irgendwas zu injizieren von dem er nicht einmal den Namen oder die Wirkung weiss… Hoffe ich zumindest. Bei manchen PatientInnen wäre es echt interessant zu wissen ob sie auch alles so einnehmen wie verordnet…

(Nein, der Hausarzt war nicht erreichbar, sonst hätte ich dort angerufen und nachgefragt.)