Warum Menschen an Einhörner glauben – Forschungsartikel zu einer neureligiösen Bewegung

Haben auch Religionswissenschaftler Vorurteile? Aber sicher – das wurde mir wieder einmal schmerzhaft klar, als ich vor einigen Jahren auf ein Interview stieß, in dem sich eine junge Frau als “inkarniertes Einhorn” bekannte. Zwar hatte ich bereits über Engel- und UFO-Glauben geforscht (nicht zuletzt, um die Reichweite von Evolutionsforschung zu testen) – aber der ernsthafte Glauben an Einhörner, Elfen- und Feenwesen erschien mir zunächst spontan als doch einfach… lächerlich. Doch mit diesem emotionalen Vor-Urteil wollte ich mich nicht zufrieden geben. Denn im Gegensatz zu den Kolleginnen und Kollegen der Theologie(n) sind Religionswissenschaftler ausdrücklich dazu angehalten, verschiedene Glaubenstraditionen nicht vorzuwerten, sondern auch über die eigenen Schatten zu springen, um sie historisch und vergleichend zu erforschen und besser zu verstehen.

Steigt der Salafist ins türkische Taxi… Mein Lieblingswitz zu religiösem Fundamentalismus

Im Leben eines Wissenschaftlers geschehen die unwahrscheinlichsten Dinge – beispielsweise werden auch Schwaben für Experten in Sachen Humor gehalten! So soll ich nun also auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart am 04. Juni 2015 zum Thema “Lachen in Namen der Religionen. Humor in den abrahamitischen Religionen” sprechen. Und nachdem auch der Pegida-FDP-Dialog hier neulich für Freude gesorgt hatte, nutze ich doch einfach die Chance, einen neuen Humor-Schwerpunkt auf Natur des Glaubens zu eröffnen – in dem ich hin und wiederweiter

Wie die FDP Bayern #Pegida in einem Facebook-Dialog entlarvte

Das Leben kann gemein sein – oder auch einfach überraschend komisch, je nach Perspektive. Da schreibt man sich als Wissenschaftler die Finger über gefälschte Islamzahlen wund, rezensiert Doktorarbeiten über die Psychologie von Verschwörungstheorien, warnt in WDR-Talkshows vor rechtsextremen Trollen und veröffentlicht in libertären Magazinen Artikel über die Gefahren sich selbst verstärkender Medienblasen. Und dann kommt die FDP Bayern (!) (Twitter: @fdpbay) und enthüllt in einem einzigen Facebook-Dialog die ganze, ähm, Tiefe des Pegida-Wutbürgertums. Mein persönlicher Lieblingssatz: “Was, auch die Kirchen?weiter

Sebastian Bartoschek – Verschwörungstheorien – eine empirische Grundlagenarbeit (Rezension)

Als ich Ende letzten Jahres ein kleines Wattpad-Projekt zu Verschwörungstheorien startete, stellte ich etwas frustriert fest, dass es empirische – datengestützte – Arbeiten dazu fast nur im englischsprachigen Raum gab. Auf Deutsch gab und gibt es zwar jede Menge Texte und Gedanken sowie auch historische Untersuchungen, aber leider sehr wenige psychologische Studien zum Thema. Die Ehre seiner Zunft rettete da der Psychologe Sebastian Bartoschek mit seiner Doktorarbeit zum Thema “Bekanntheit und Zustimmung zu Verschwörungstheorien – eine empirische Grundlagenarbeit”. Also bestellteweiter

Amish und Quäker – Lehrreiche Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Während der langen Jahrhunderte der römisch-katholischen, später auch evangelischen Staatskirchlichkeit wurden in Europa religiöse Minderheiten meist verdrängt, manchmal gar vernichtet, so dass die Vielfalt auch des Christentums unterdrückt wurde und vielfach aus dem Blick geriet. Oft erlebe ich auch auf diesem Blog, dass Kommentierende aus Europa einfach von „der Kirche“ schreiben und gar nicht wahrnehmen, dass es neben der katholischen Kirche auch verschiedenste evangelische sowie anglikanische, orthodoxe und weitere Kirchen gibt. Gerade kleinere christliche Gemeinschaften werden auch schnell als „Sekte“ beschimpft – ein sprachlicher Trick, der zum Beispiel auch in der Türkei christliche und muslimische Gemeinschaften mit erheblichen Folgen ausgrenzt.

Licht und Schatten der digitalen Gesellschaft – WDR Westart-Debatte zur Netzpolitik

Vor Kurzem veröffentlichte der religionswissenschaftliche Blog der “Marginalien” eine kleine Blogumschau, für die ich gebeten wurde, den Inhalt meines Bloggens kurz zusammen zu fassen. Ich schrieb also: Wissenschaftsblogs wirken als sich verstärkendes Netzwerk – deswegen kann es gar nicht genug davon geben! Mein Blog „Natur des Glaubens“ hat den wissenschaftlichen Schwerpunkt auf der interdisziplinären Evolutionsforschung sowie der Medienreflektion. Normativ werbe ich für die Befassung mit Wissenschaften und trete für Dialogprozesse, Menschen- und Freiheitsrechte ein. Dabei ist NdG auch ein Stückweiter

Gefangen im Netz? WDR-Debatte und Krimidinner für Kinder

Am Sonntag, dem 26.04.2015, nehme ich ab 11 Uhr an einer WDR-WestArt-Debatte zum Thema “Gefangen im Netz? Wie frei ist der digitale Mensch?” teil. Dabei soll es einerseits über die Erfahrungen mit einem übergriffigen Geheimdienst gehen, die ich hier auf dem Blog einmal geschildert hatte. Aber auch das Thema Cybermobbing war auf Natur des Glaubens schon Thema – nicht zuletzt, weil ich mir auch als Vater Gedanken darüber mache. Schließlich zahlen schon jetzt immer mehr Menschen auch einen furchtbaren “Preis” für die schöne, neue Welt der neuen Medien. Dabei will ich klarstellen: Ich bin insgesamt begeistert von den Möglichkeiten neuer Technologien und halte gar nichts von der leider weit verbreiteten Technikfeindlichkeit. Allerdings sehe ich schon unsere Verantwortung als “Netizens”, auch die Schattenseiten aller auch guten Entwicklungen in den Blick zu nehmen und ihnen wo möglich zu begegnen. In welcher Welt werden sich unsere Kinder bewegen? Ein Bild auf Leinwand meines mittleren Sohnes. Foto: Michael Blume

Religion und Wissenschaft als Lebensformen – Anthropologische Einsichten in Vernunft und Unvernunft (Salazar und Bestard, Berghahn)

Jede(r) von uns hat unbewusst oder bewusst eine Meinung dazu, doch die philosophische wie auch empirisch-wissenschaftliche Forschung und Debatte zum Thema ist noch immer unterentwickelt: Gibt es nur eine höchste Form des Wissens (zum Beispiel empirische Erkenntnisse oder religiöse Offenbarungen) wie es erkenntnistheoretische Monisten behaupten? Oder stellen je empirische Wissenschaften, Kunst, Recht, Philosophie und Religion jeweils eigene Wissensformen dar, die sich gegenseitig beeinflussen, aber nicht ersetzen können, wie erkenntnistheoretische Pluralistinnen meinen? Nun, ich bin ganz klar auf Seiten der erkenntnistheoretischenweiter

Gefühlte Wahrheiten. Das Internet zwischen säkularen Heilsversprechen und Apokalypse. Zur Religions- und Medienforschung

Wer Religionen (besser) verstehen will, muss etwas von Medien verstehen: Man denke nur beispielhaft daran, wie die Verschriftung religiöser Überlieferungen zu “Heiligen Schriften” die “Weltreligionen” formte (vgl. auch die Linkesche These!) oder wie die Übersetzungen der Bibel die europäische Religions-, Sprach- und Geistesgeschichten umpflügten. Der Satz gilt aber auch umgekehrt: Wer die Auswirkungen neuer Medien verstehen will, sollte etwas von Religion(en) verstehen. So wurde auch das Internet von Anfang an als utopisch-säkulare Heilserzählung präsentiert und politische Cyber-Bewegungen wie “die Piraten”weiter

Saudi-Arabien und der Liberalismus von Raif Badawi

An derzeit keinem Staat der Welt bündeln sich Widersprüche auch “unserer” westlichen Politik so sehr wie an Saudi-Arabien: Einerseits beklagen wir – zu Recht! – die blutige Ausbreitung islamisch-fundamentalistischer Bewegungen, andererseits aber stützen und fördern wir das Regime in Saudi-Arabien, dass eine extremistische Auslegung des Islam als Staatsreligion führt und über seine Ölmilliarden in die gesamte Welt exportiert sowie gezielt liberale und demokratische Bewegungen in der islamischen Welt bekämpft. Anfang 2015 bündelte sich dieses “gemeinsame Versagen” bis in die Groteske: Nach den extremistischen Attentaten gegen die Redaktion von Charlie Hebdo in Paris heuchelten Vertreter Saudi-Arabiens Solidarität mit Frankreich, während gleichzeitig (!) der liberale Blogger Raif Badawi in Mekka öffentlich ausgepeitscht wurde, weil er das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit in Anspruch genommen hatte. Dagegen war US-Präsident Obama schon fast bewundernswert eindeutig: Für die Gedenkfeiern in Paris fand er leider “keine Zeit”, zur bald darauf folgenden Bestattung des saudischen Königs reiste er jedoch mit seinem halben Kabinett an. Nein, die Ölgelder vergiften nicht nur die islamische, sondern auch die westliche Welt… Seit jenem Januar habe ich bei öffentlichen Vorträgen wieder und wieder auf diesen Widerspruch hingewiesen und hoffe, dass Raif Badawi – Ehemann & Vater von drei Kindern – nicht nur als Menschenrechtsaktivist, sondern auch als Symbol für die derzeitige Heuchelei erkannt und befreit werden wird. Immerhin hat der Aufschrei von Abertausenden Aktivistinnen und Aktivisten auf allen Kontinenten schon einmal dafür gesorgt, dass bislang keine zweite Auspeitschung Badawis stattgefunden hat.