Evolution gehört in die Grundschule! Plädoyer für EvoKids und Big Family by Michael Schmidt-Salomon und Kolleginnen

Ende letzten Jahres traf ich Michael Schmidt-Salomon am Rande einer Tagung von Religionspädagoginnen und -pädagogen am PTZ Birkach – und binnen kürzester Zeit erinnerten wir uns an “gute, alte Zeiten”, in denen wir zum Beispiel in einer Talkshow diskutiert hatten. (Dem Vorsitzenden der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) auch widersprochen zu haben trug mir dabei eine ganze Reihe antitheistischer Hater ein – wofür MSS selbst aber nichts konnte.) Auch an den Solidaritäts-Post, als er und die GBS zeitweise scharf angegriffen wurden, erinnerte er sich gerne. Aber vor allem sprachen wir über laufende Projekte – über das Anliegen von EvoKids, die Evolutionslehre endlich auch an den Grundschulen zu vermitteln und über das Buch “Big Family”, das er gemeinsam mit Anne-Barbara Kindler dazu gestaltet hatte. Sofort fand es auch das Interesse anwesender Lehrerinnen – und das zu Recht!

Gottes Spuren im Gehirn? Aufzeichnung einer Online-Lehrveranstaltung der KPH Wien #OpenReli

Ob Blog(s), Publikationen-Homepage, Audioblog, Radio, Wissenschafts-TV, Facebook, Twitter oder sciebooks – mir macht es weiterhin die größte Freude, (evolutionäre) Religionswissenschaft auf den verschiedensten Kanälen zu präsentieren und zum konstruktiven Gespräch einzuladen. Sollte Wissenschaft denn nicht “öffentlicher Dienst” sein und wird sie nicht vorwiegend aus Steuer- und Stiftungsmitteln finanziert? Entsprechend hatte ich mich auch sehr über eine Einladung der Katholisch-Pädagogischen Hochschule Wien/Krems zu einem Online-Seminarabend im Rahmen von #OpenReli gefreut – einem neuartigen Lehrangebot. Dabei treffen sich Dozent(in), Moderator(in) und Studierende in einem Online-Seminarraum, wobei der Vortrag durch die Teilnehmenden per Chat-Funktion kommentiert und vor allem befragt werden kann. Ebenso konnte ich als Dozent auch mal Fragen – etwa zu Michelangelos “Gott erschafft Adam” oder zur evolutionären Funktion des Sterbens – in den Raum stellen. Die Vorbereitung und Zusammenarbeit mit Mag. Reinhard Weber machte große Freude – und am betreffenden Abend konnte ich mit meiner Familie noch gemütlich zu Abend essen und unseren Jüngsten mit Vorlesen ins Bett bringen, bevor ich entspannt “zum Seminar” aufbrach; großartig! Das I-Tüpelchen für mich war schließlich auch die Zusage der KPH Wien, dass eine Aufzeichung des Seminarvortrages auf YouTube und damit auch für “Natur des Glaubens” bereitgestellt werden könnte. SO stelle ich mir Zukunftsangebote in Lehre und Forschung vor!

Wissenschaft vs. Lückenfüller-Gott. Zum God of the Gaps-Rapvideo von Baba Brinkman

Immer wieder werde ich – sowohl von Religiösen wie Nichtreligiösen – gefragt, ob “Gläubige” eigentlich “Angst vor der Wissenschaft” haben müssten. Darauf antworte ich dann stets: Es kommt darauf an. Wer nicht zwischen den Formen und Funktionen von religiösen Mythen einerseits und wissenschaftlichen Theorien andererseits unterscheidet, für den sieht es nach einem Nullsummenspiel aus: Was eine Seite gewinnt, verliert die Andere. Gott schrumpft dann zu einem “Lückenfüller”, der sich nur noch in immer kleineren Nischen “verstecken” kann (ein Fehler des sog. “erkenntnistheoretischen Monismus”). Wer jedoch einsieht, dass wissenschaftliche Theorien haltbare Erklärungen und neue Technologien eröffnen, religiöse Mythen aber Sinn und Gemeinschaften – der kann beides als Win-Win-Spiel begrüßen, vertiefen, sogar als notwendig erkennen.

Rezension: Ich war ein Salafist von Dominic Musa Schmitz

Ein Nachteil freiheitlicher Gesellschaften ist es, dass auch immer wieder Sekten und extremistische Gruppen die Freiheiten und den Sozialstaat mißbrauchen. Doch ein Vorteil freiheitlicher Gesellschaften ist, dass sich schließlich auch die Zivilgesellschaft wehrt und dass sich Aussteiger äußern können. “Aussteigerliteratur” hat dabei unter Religionswissenschaftlern nicht den besten Ruf, beschreibt sie doch selbst einen (De-)Konversionsprozess und bedient allzuoft nur den Geschmack und die Ressentiments einer sensationslüsternen Mehrheit. Irreführungen wie der Taxil-Schwindel gegen die Freimaurer im 19. Jahrhundert wirken sich bis heute negativ aus – und befeuern Verschwörungsmythen sinnigerweise nicht zuletzt in islamistischen und rechtsextremen Kreisen. Sehen Sie mir daher bitte eine gewisse Vorsicht nach, als ich darüber nachdachte, “Ich war ein Salafist” von Dominic Musa Schmitz zu erwerben und zu rezensieren. Ich tat es schließlich nicht zuletzt wegen des Mutes des einst salafistischen YouTubers, der in seinem Kanal inzwischen gegen alle Bedrohungen und Beschimpfungen über die Gefahren des Fanatismus aufklärt.

Kanzelrede am Berliner Dom: Die Religion als Gefahr und Chance für die Eine Welt

Religionswissenschaftler werden auf Manches vorbereitet – aber nicht aufs Predigen. Und so sehr ich mich also über die Einladung freute, am Berliner Dom am 14.2.2016 die Kanzelrede zum Thema “Die Religion als Gefahr und Chance für die Eine Welt” zu halten, so vermag ich doch Lampenfieber nicht zu verschweigen… Nun begegne ich Aufregung aber am liebsten mit Arbeit – und auf Anfrage auch von Verwandten und Freunden, die heute nicht in Berlin sein können, habe ich daher den Text derweiter

Mal wieder antimuslimische und sexistische Angstpost. Würdet Ihr antworten – und wenn ja, wie?

Schon vor einigen Jahren hatte ich warnend über die Gefahr von Radikalisierung im Netz geschrieben (S. 12) – inzwischen ist das Phänomen für jede(n) sichtbar geworden. Und Religion ist natürlich immer ein Thema, bei dem auch die Emotionen hochgehen. Besonders übel scheinen es mir Religions- und Islamkritiker zu nehmen, dass ich aufzeigen konnte, dass der Religion-Demografie-Zusammenhang (Religiöse haben im Schnitt mehr Kinder) eben keinesfalls nur bei “den Muslimen” besteht, sondern quer durch alle Religionen. So sinken auch die Geburtenraten in islamischen Gesellschaften derzeit sehr schnell und zunehmend unter die sog. Bestandserhaltungsgrenze von mindestens 2,1 Kindern pro Frau.

Die Gefahr durch Religion(en) – Not in God’s Name von Rabbiner Baron Jonathan Sacks

Rabbiner Jonathan Sacks – bis 2013 Oberrabbiner in Großbritannien, von der Queen 2005 in den Ritter- und 2009 in den Baronstand erhoben – gilt als einer der bedeutendsten, lebenden Gelehrten des Vereinigten Königreichs. 2009 hatte ich einen seiner Vorträge bei “Theos” einmal ins Deutsche übersetzt (abrufbar hier). Umso überraschter war ich, bei einer Rezension seines neuen Buches “Not in God’s Name” in der New York Times durch David Brooks plötzlich auf meinen Namen und Arbeiten zur Religionsdemografie zu treffen. Also erstand ich mir dieses Werk, sobald wieder Zeit zum Lesen war: “Not in God’s Name. Confronting Religious Violence” von Jonathan Sacks.

Virales Video: Wie ein Amish-Pferdegespann einen Milchlaster aus dem Schnee zog

Als Teil des beschleunigten Klimawandels im Anthropozän werden auch die USA von zunehmend extremeren Wetterereignissen heimgesucht: Beispielsweise von verheerenden Dürre in Kalifornien und massivem Schneefall in nördlicheren Bundesstaaten. Angesichts des letzten Blizzards “Jonas”, der sogar Todesopfer forderte, erlebt derzeit ein Facebook-Video von Joel Appleman (Pennsylvania) aus dem Jahr 2011 neue Aufmerksamkeit: Die 41sekündige Aufnahme zeigt, wie ein Amish-Pferdegespann einen riesigen Milchtruck aus dem Schnee zurück auf die Straße wuchtet. (Liebhaber-Detail: In Sekunde 23 zeigt sich auch noch ein flüchtendes Nagetier.)weiter

Der Baba Sheikh – Religiöses Oberhaupt der Yeziden und Reformer

Nachdem ich auf untenstehendem Facebook-Bild markiert worden war, gingen bei mir verschiedene Fragen zum Baba Sheikh ein – und für Fragen rund um Religion(en) und Religiosität ist dieser Blog ja da! Auch veröffentliche ich diesen Post auch bewusst am deutschen Holocaust-Gedenktag, denn derzeit sind die Jesiden von einem (weiteren) Völkermord bedroht. Als Gastarbeiter aus der Türkei sowie als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, leben derzeit zwischen ein- und zweihunderttausend Jesidinnen und Jesiden in der Bundesrepublik, weltweit gibt es etwa eine Million. Bild mit dem Baba Sheikh, Stuttgart 2016. Foto: Abu Kashin

Ohne mythische Geschichten keine Religionen, kein Recht, keine Staaten, keine Wirtschaft usw – Yuval Noah Harari zu den zwei Realitäten des Menschseins

Dass die Existenz von Gottheiten nicht objektiv nachweisbar ist, nehmen viele als vermeintlichen “Beweis” dafür, dass es sie “nicht gibt”. Ich treffe aber immer wieder auf Verblüffung (und manchmal Ablehnung), wenn ich darauf hinweise, dass das Gleiche selbstverständlich auch für Menschenrechte oder überhaupt jede Rechtsordnung gilt: Weder “Presse-” noch “Meinungsfreiheit” haben eine physische Existenz, ebensowenig wie es “Daimler” oder “Schweden” an sich gibt – es handelt sich um Ideen (“legale Fiktionen”), die durch Erzählungen beglaubigt werden und das Verhalten von Millionen und Milliarden Menschen beeinflussen. Auch “die Vernunft”, “die Liebe” oder “der Sinn des Lebens” und die Grundannahmen aller Weltanschauungen (Kapitalismus, Kommunismus, Nationalismen usw.) existieren nicht im materiellen, sondern nur (oder besser: erst!) im ideellen Sinn – und sind doch vielen von uns sehr wichtig. Dem israelischen Historiker Yuval Noah Harari ist es gelungen, diese lange bekannten Beobachtungen in eine packende Erzählung der menschlichen Evolutionsgeschichte für einen zehntausendfach besuchten Online-Kurs und ein Buch zusammen zu fassen. Mit großem Genuss lese ich gerade seinen internationalen Bestseller “Sapiens: A Brief History of Mankind”, der unter dem Titel “Eine kurze Geschichte der Menschheit” auch auf Deutsch erschienen ist (den deutschen Titel habe ich gerade für meine Familie bestellt).